"Wer seiner Seele Flügel gibt …". Renate Holm
keine besonders lange musikalische Vorbildung, sie hat gründliche Gesangsstudien betrieben und in der Oper hart an sich gearbeitet.
Ich habe ihre ganze Volksopernperiode erlebt. Meine stärkste Erinnerung an sie ist wahrscheinlich Il Campiello von Ermanno Wolf-Ferrari. Das war eine ganz entzückende Rolle: Sie spielte die junge Venezianerin, die reich heiraten will und die arme Umgebung des Campiello nicht ausstehen kann. Und als es dann wirklich dazu kommt, und sie findet diesen reichen Mann, bricht ihr das Herz, und sie weint, weil sie den Campiello nicht verlassen will. Auch ich weinte. Sie spielte und sang diese Venezianerin mit ungeheuer viel Herz und viel Ausdruck.
Als sie dann an die Wiener Staatsoper kam, war ich für sie immer auch ein bisschen geistiger Betreuer und Ratgeber. Ich erinnere mich noch, wie sie einmal zu mir kam und sagte: »Du, ich soll an der Staatsoper ein Blumenmädchen im Parsifal singen. Ist das eine schöne Rolle?
Sie kam an die Wiener Staatsoper zum ersten Mal, ich glaube, mit dem Gretchen im Wildschütz und – sie war damals schon ausgezeichnet – wurde eine der Lieblingssängerinnen von Karajan. Er hat sie sehr viel beschäftigt, und sie war eine der besten Musettes, die wir jemals gehabt haben.
Eines habe ich immer bedauert. Ich habe nie verstanden, dass das Fernsehen, wo sie ja einige schöne Sachen gespielt hat, ihr nie die große Chance gegeben hat, zum Beispiel eine Serie zu machen. Vielleicht haben die gedacht, die Renate mit ihrer Liebe für die Tiere sitzt sicher am liebsten in ihrer Mühle … Ich glaube, sie hat dort unzählige Esel, und da der Esel auch mein Lieblingstier ist, waren allein schon die Esel immer eine große seelische Bindung zwischen uns …
Renate Holm hat an vielen internationalen Opernhäusern hervorragende Erfolge gehabt. Sie war noch in einer der letzten neuen Rollen, die sie gespielt hat, ganz fabelhaft, als Lehrerin in Hilfe, Hilfe, die Globolinks. Auch der Komponist Gian-Carlo Menotti war begeistert. Noch voriges Jahr in Spoletto, wo ich ihn besuchte, erzählte er, wie ausgezeichnet die Holm (»Olm« – das H konnte er nicht aussprechen – es klang immer wie »Olm«) in den Globolinks in Wien gewesen war.
Wir alle freuen uns sehr, dass Renate Holm – sie ist noch ausgezeichnet bei Stimme – immer wieder Konzerte gibt, von denen ich viele in den letzten Monaten gehört habe. So hatte ich auch die Freude, mit ihr gemeinsam an einem Robert-Stolz-Abend zu arbeiten und bei der Präsentation des Buches von Alfred Grünwald. Ich habe sie für ein prominentes Comeback in meiner Robert-Stolz-Revue an der neuen Volksoper (1992) eingeladen. Hoffentlich nimmt sie an.
Daneben hat sie inzwischen eine zweite Karriere begonnen. Und es freute mich, dass sie damals zu mir kam und mich fragte, ob sie das machen soll. Ich habe ihr zugeredet, und sie hat sich als komödiantische Schauspielerin im Theater am Kurfürstendamm in Berlin erwiesen. Glänzend war sie dann auch in einer sehr ernsten Rolle als Schauspielerin am Volkstheater in Wien. Jetzt hat sie eine sehr interessante, ganz merkwürdige und ausgefallene Rolle in der deutschsprachigen Erstaufführung des Musicals Follies von Stephen Sondheim im Berliner Theater des Westens übernommen.
Ich habe Renate Holm immer für eine ganz große Künstlerin gehalten und darüber hinaus für eine bezaubernde Frau. Ich fand ihren Stil immer höchst persönlich und originell. »Wie die Holm« – das gibt es nicht. Es gibt eben »die Holm«. Die bezauberndste wienerische Berlinerin aller Zeiten. Ich wünsche ihr noch eine sehr große Zukunft und bin überzeugt, dass sie uns allen noch sehr viel zu geben hat.
Marcel Prawy Wien, im September 1991
Nichts Besseres konnte mir in meinem Leben passieren, als nach Wien berufen zu werden, künstlerisch, aber auch menschlich, denn hier habe ich gelernt, wie man das Berliner Temperament mit dem Wiener Charme äußerst erfolgreich verbinden kann.
»Zuhören ist mein seelischer Hauptberuf.«
MARCEL PRAWY
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