Damals war Heimat. Marie-Theres Arnbom
amüsant ist das kommerzielle Milieu der Operettenfabrikation geschildert«, konstatiert Stefan Grossmann als Rezensent der Arbeiter-Zeitung am 3. Oktober 1909. Die Musik stammt übrigens von Robert Stolz, der zu diesem Zeitpunkt noch am Anfang seiner Karriere steht. Das Stück gibt Einblick in den Alltag der Operettenmacher, stellt Verleger und Kritiker bloß, zeigt, welche verschlungenen Wege gegangen werden müssen, um Erfolg zu haben. Der Librettist wird dazu angehalten, die Diva nicht zu verlassen, denn »eine Operettensängerin ist keine Privatangelegenheit!« Der Hofkapellmeister Wiegand fordert neue Stücke: »Das Publikum ist so novitätenhungrig!« Erfolgreiche Musik wird zu Beginn des 20. Jahrhunderts für den Augenblick geschrieben: »Der eine arbeitet für seine Zeit und wird dafür von ihr mit Ehren überhäuft; der andere schreibt für die Zukunft und der muß ringen und warten und warten, bis die Zukunft kommt! Bis die Zukunft Gegenwart wird!«23 Ein interessanter Einblick in die Rezeptionsgeschichte also.
Doch nicht immer sind die Kritiken gut, über die Aufführung der Faschingsposse Tarock im Raimund-Theater berichtet die Arbeiter-Zeitung am 9. Februar 1901: »Herr Girardi ist wirklich bewunderungswerth. Schlechte Couplets zu pointieren, daß sie fast witzig aussehen, ist seine besondere Kunst.« Ein großes Theater, ein großer Star: Léons Werke werden nicht in Kellertheatern, sondern an den renommierten Häusern gespielt. Auch die Vaudeville-Operette Das gewisse Etwas im Carl-Theater findet keine Gnade vor dem Kritiker der Arbeiter-Zeitung: Sie sei »völlig geistlos und läppisch und von einer unsagbaren Langweiligkeit«, lautet das vernichtende Urteil, um dann noch pikante Details zu verraten: »Ein paar ekelhafte und dumme Zoten über künstliche Busen bildeten den Aufputz.«24 Wir befinden uns im Jahre 1902.
Die lustige Witwe, der größte Erfolg
Am 30. Dezember 1905 folgt im Theater an der Wien Léons größter Triumph: Die lustige Witwe, verfasst gemeinsam mit Leo Stein, in Musik gesetzt von Franz Lehár. Sujet und Musik treffen den Nerv der Zeit – ein wenig Balkanexotik gemischt mit Pariser Frivolität im Rhythmus von Walzer und Csárdás. Ein Meisterwerk ist geboren, das nicht nur Wien, sondern bald die ganze Welt erobert. Am 6. Jänner 1931 fühlt sich Léon bemüßigt, im Neuen Wiener Journal zu betonen, selbstverständlich wäre er selbst für den großen Erfolg verantwortlich gewesen. Denn nur er kannte die »wahre Wahrheit über ›Die Lustige Witwe‹: Ich – als einer Autoren – darf mir wohl erlauben, einiges dazu zu sagen, und zwar lediglich im Interesse des Historischen einer so hochbedeutenden Schöpfung Lehárs, die dem ganzen Genre der Operette eine total neue Wendung und originelle Gestaltung gab, woran – auch dies wird mir zu sagen gestattet sein – auch das Buch sein redlich Teil hatte.«
Die Stars: Sigmund Natzler und Mitzi Günther
Der Schlager der Lustigen Witwe für verschiedene Besetzungen anlässlich der 300. Aufführung, 14. Jänner 1907
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