Pilzvergnügt. Stefan Marxer
Pilze finde ich in unseren heimischen Wäldern? Wann kann ich sie wo finden? (Kapitel „Die bunten Waldbewohner im Portrait“, Seite 74)
WER SUCHET, DER FINDET: WOHLBEFINDEN IM WALD
Fit durch Pilzesammeln – wer hätte das gedacht! Ganz ohne Personal Trainer oder Fitnessstudio. Wer sich draußen bewegt, braucht kein teures Equipment. Fantastisch, nicht? Ab in den Wald mit dir!
Alles, was du für das Pilzesammeln brauchst, ist ein Taschenmesser, eine Stofftasche (oder einen Korb) und idealerweise ein gutes Paar Schuhe (Seite 58). Und schon kannst du dich auf den Weg machen. Was auf den ersten Blick vielleicht eher nach gemütlichem Spaziergang klingt, ist in der Realität ganz schön anstrengend. Aber: Es macht auch unglaublich viel Spaß. Ein kleines Beispiel: Für mich, der ich ansonsten eine starke Abneigung gegen jede Art von Ausdauersport hege, gibt es kein Halten mehr, sobald ich im Wald angekommen bin. Ich jage über Stock und Stein, jeden noch so steilen Berghang hinauf, oder hinab in Gräben, über umgestürzte Bäume. Alles, was sich mir im Wald in den Weg stellt, wird kurzerhand bezwungen, um meiner Nase und der besten Pilzspur zu folgen. So wird jede vermeintlich ruhige Suche schnell zum Erlebnis. Nicht nur, dass man als Detektiv des Waldes unterwegs ist und sich sein wertvolles und köstliches Essen selbst sammeln kann, es hält einen außerdem in Form. Also: Nichts wie los!
Pilze zu sammeln hält jung und weckt die Lebensgeister.
Es ist wissenschaftlich erwiesen: Schon fünf Minuten im Wald senken deinen Stresslevel und deinen Blutdruck. Eine Erholung für Körper und Seele. Das Wandern, Über-Bäche-Hüpfen und Auf-Hügel-
Klettern tut sein Übriges für Herz und Muskulatur.
Das kann jeder: Pilzesammeln für junge Hüpfer und alte Hasen
Es stimmt: Wer regelmäßig draußen unterwegs ist und sich an der frischen Luft bewegt, leistet die beste Vorsorge, um gesund und fit zu bleiben. Meine Eltern sind für mich das beste Beispiel: Die beiden, die aus ernährungswissenschaftlicher Sicht wahrscheinlich nicht gerade den gesündesten Lebensstil pflegen, halten sich mit täglichen Spaziergängen (mit ihrem Hund) und der Pilzsuche bei jeder Gelegenheit seit über 50 Jahren fit. Fakt ist: Wer regelmäßig auf Sammeltour geht, tut sich etwas Gutes.
Aber wer weiß, vielleicht liegt es auch an der Superkraft der Pilze. Wie? Richtig gehört: Pilze haben nämlich einiges auf den Lamellen: Sie stecken voller Eiweiß, Vitamine und Spurenelemente. Sie zählen inzwischen zu den geheimen Favoriten unter den Superfoods. Mehr dazu im Kapitel „Pilze – eine Bereicherung für den Speiseplan“ (Seite 150).
Dass das Pilzesuchen weniger „Seniorensport“ ist, wie es ja so gern betitelt wird, sondern vielmehr ein Ganzkörper-Workout, ist also nun geklärt. Und: Es gibt immerhin noch eine andere Altersgruppe, die sich fast am meisten dafür begeistern kann. Nämlich die quirligste überhaupt: Gerade Kinder mit ihrem unbändigen Bewegungsdrang lieben es, draußen herumzutollen.
Im Wald zur Natur zurückfinden: Spring hinein ins Sammelvergnügen!
Gleichzeitig kann man feststellen, dass unser Nachwuchs den Bezug zur Natur verliert. Viele halten sich vorwiegend in der Wohnung auf und beschäftigen sich weniger mit Tieren und Pflanzen in der Natur als mit elektronischen Geräten – in denen ihnen vielleicht auch noch eine fremde Außenwelt vorgegaukelt wird. Das klingt wie eine alte Leier, lässt sich aber durchaus belegen: Technologisierung und Verstädterung haben dazu geführt, dass sich das Freizeitleben der Kinder in den letzten Jahrzehnten grundlegend geändert hat.
Logisch: Nicht alle Kinder leben auf dem Land oder haben uneingeschränkten Zugang zur Natur. Dennoch: Ein Wald, in dem man Pilze suchen kann, ist meist nur einen kurzen Ausflug entfernt – sei es am Stadtrand oder in einem großen Park. Und der lohnt sich auf jeden Fall! Die gemeinsame Pilzsuche bietet die Chance, eine unbeschwerte Zeit zu verbringen und schweißt zusammen. Nicht zu vergessen: Im Gegensatz zu Kinobesuch oder Freizeitpark kostet der Eintritt in den Wald nichts. Noch besser: Man gewinnt dabei sogar – nämlich Erholung und jede Menge schmackhafte Pilze!
Also: Egal, ob für einen kleinen Dreikäsehoch oder eine rüstige Pensionistin – die Suche nach Pilzen ist eine sehr verbindende Tätigkeit für die ganze Familie und bietet Erlebnisse, Abenteuer, Freude und neue Erfahrungen. Sie kann ein kleiner Schritt in die richtige Richtung sein, wieder eine natürlichere Beziehung zu seiner Umwelt aufzubauen. Alleine die Beschäftigung an der frischen Luft hilft, die kleinen Wunder um uns herum bewusst wahrzunehmen. Da! Plötzlich entdeckt man einen Vogel, den man noch nie gesehen hat, oder eine Pflanze, die sich auf wundersame Weise einen Weg Richtung Sonnenlicht gebahnt hat. Du lernst, was es heißt, in einem Gewitter klitschnass zu werden, frische Bergluft einzuatmen, dreckig zu werden, hinzufallen und wieder aufzustehen, völlig erschöpft nach stundenlanger Suche zuhause die Schätze zu bestaunen, sie zu putzen, sie in ein herrliches Gericht zu verwandeln – und am Abend in einen himmlischen Schlaf zu fallen. Und natürlich: stolz zu sein, sich seine eigene Nahrung aus der Natur geholt zu haben!
Musst du die lieben Kinder erst motivieren, nach draußen zu gehen? Oder bist du selbst noch an dein Sofa gefesselt? Überleg mal: Pilzesammeln ist doch nichts anderes als ein „Open World“-Videospiel. Wie bitte? Ist doch klar: Wer am Waldboden einen Pilz entdeckt, es schon von Weitem gelb, rot oder violett aus dem Laub herausleuchten sieht, der erfährt so ziemlich den gleichen Adrenalinschub wie jemand, der gerade einen seltenen Gegenstand in seinem
Computerspiel gefunden hat. Der Unterschied? Der eine sitzt auf der Couch, starrt auf einen Bildschirm und drückt auf Knöpfe, die andere marschiert über weichen Waldboden, inmitten von frischer
Luft, voller Energie.
Die Pilzsuche führt einen an so manch unwegsamen Ort – aber gerade an entlegenen Standorten warten die schönsten Funde!
Entspannung auf einem weichen Bett aus Moos: Das geht nur im Wald!
Sammeln befreit, macht unbeschwert und glücklich
Wir alle leben in einer zunehmend hektischen Welt. Alltag, Beruf und Social Media lassen uns kaum Zeit, zur Ruhe zu kommen und uns wirklich zu erholen. Diese Entwicklung hat sich in den letzten Jahrzehnten intensiviert. Nicht nur Kinder werden von Smartphone und Co. vereinnahmt, davon ist jeder betroffen. Höchste Zeit, sich wieder einmal zu erden.