GRAHAMS WIDERSTAND (Survivor 3). A.R. Shaw

GRAHAMS WIDERSTAND (Survivor 3) - A.R. Shaw


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sie an dieser schicksalhaften Nacht vor vier Tagen gefunden hatte. Sie wollte nicht, dass so etwas jemals wieder passierte. Sie hatte den Mann zwar letzten Endes getötet, aber um Haaresbreite wäre sie es gewesen, die beinahe ihr Leben verloren hätte.

      Ihr Glück war es gewesen, dass sie seine Waffe hatte an sich reißen, ihn erschießen und fortrennen können. Sein Blut war über und über auf ihrem Körper gewesen. Nie wieder würde sie einem Mann Vertrauen schenken können. Ihr war durchaus bewusst, dass Dutch ein so guter Kerl war, wie es in dieser Welt überhaupt möglich war, aber sie würde dennoch nie wieder einem Mann ihren wahren Namen nennen. Irgendein Name würde vorerst ausreichen müssen. Ein starker Name … nicht so ein Sissy-Mädchenname.

      »Liza«, sagte sie deshalb zu ihm.

      Ihre grünen Augen starrten ihn finster an, daher wusste er sofort, woran er war. »Du lügst, aber das reicht fürs Erste trotzdem. Lass uns jetzt erst mal ein Lager aufschlagen«, sagte er und ließ sie schockiert stehen, während er nach den Pferden sah.

      Schüsse in der Ferne

      An diesem Abend überprüfte Rick noch einmal die Aufzeichnungen der Überwachungskameras und rief Macy in Grahams Camp an. »Wir haben leise Schüsse gehört. Was ist los, Mädchen? Habt ihr Besuch bekommen von ein paar Zotteln mit Reißzähnen? Over.«

      »Das waren nicht wir, Rick. Over«, antwortete Macy mit einem Anflug von Angst in ihrer Stimme.

      Dalton stand neben Rick und hörte das Gespräch mit an, während er sein Holster um die Hüfte schnallte. Rick beobachtete Dalton dabei, wie dieser sein Magazin überprüfte und sicherstellte, dass seine Waffe auch wirklich geladen war, bevor er sie in das Holster steckte.

      »Die Schüsse waren ziemlich weit weg, Dalton. Glaubst du wirklich, dass du jetzt da rausgehen musst?«

      »Sie waren nah genug. Wir müssen auf jeden Fall überprüfen, was da los ist. Ich nehme Steven mit. Sag Graham aber Bescheid, dass er sich für den Notfall bereithalten soll.«

      Rick drückte den Knopf am Mikrofon. »Graham soll sich bereithalten. Over.«

      »Zu spät, unser Team ist bereits unterwegs. Over«, erwiderte Macy.

      »Ihr solltet euch vorher mit uns abstimmen, bevor ihr irgendetwas unternehmt. Over«, rief Rick wütend.

      »Sagt wer? Du bist hier nicht der Boss. Außerdem wollte ich dich gerade kontaktieren, du hast mich nur knapp schneller angepiept. Over.«

      Rick schüttelte den Kopf. »Es heißt nicht anpiepen, Macy, es heißt anfunken. Over.«

      »Oh, bitte vergib mir, dass ich das Funkprotokoll nicht hundertprozentig eingehalten habe«, sagte Macy sarkastisch.

      »Wenn ich dich erwische, Mädchen …«

      »Dazu müsstest du mich erst einmal fangen, außerdem hast du gerade das over vergessen. Over.«

      »Out!«, schrie Rick.

      »Diese verdammte Göre!«, fluchte er und sah zu Dalton hinüber, der nur kicherte.

      »Sie hat dich gerade echt vorgeführt, Rick. Da hast du ja anscheinend endlich deine Meisterin getroffen. Gewöhn dich besser schon mal dran.« Dalton schloss den Reißverschluss seiner Jacke, zog seine Strickmütze im Camouflage-Look über den Kopf und prüfte dann das Funkgerät, das Rick ihm gegeben hatte.

      »Drück einfach nur dreimal den Sprechknopf für Alles in Ordnung

      »Verstanden.«

      Gerade als Dalton sich zur Tür umdrehte, kam Steven in voller Ausrüstung zu ihnen. »Bereit?«, fragte Steven.

      Die beiden Männer eilten nun aus dem Lager in die Dunkelheit hinaus, um die Schüsse in ihrer Nähe auszukundschaften. Diese kleinen Missionen bereiteten Rick immer am meisten Sorgen, denn bei all den gefährlichen Aufgaben, die sie in der Vergangenheit schon hatten bewältigen müssen, waren es gerade die kleinen, unerwarteten Ereignisse, die deinem Kumpel schneller als du schauen konntest, das Licht ausblasen konnten. Aufträge wie dieser – unerwartet und schnell – machten Frauen zu Witwen und Kinder zu Waisen. Sie kannten die allgegenwärtige Gefahr mehr als jeder andere, aber die Realität war nun einmal, dass man das Risiko niemals ganz ausschalten konnte. Rick machte sich bewusst, dass Dalton bereits Witwer war und seine Jungen deshalb ohne Mutter aufwachsen mussten. Steven blieb einfach Steven in Ricks Kopf … er war eher wie ein Bruder oder Onkel der Familie. Steven war ein fester Bestandteil seiner Gruppe, und Rick konnte sich ein Leben ohne ihn einfach nicht vorstellen.

      Rick überprüfte ein weiteres Mal die Monitore und scannte die lokalen Frequenzbänder nach Funksignalen. Es dauerte nicht lange, bis Daltons Signal dreimal hintereinander hereinkam, indem er die PUSH-TO-TALK, also die PPT-Taste seines Funkgeräts drückte, um Rick wissen zu lassen, dass alles in Ordnung war. Rick hoffte, dass sich das Signal alle paar Minuten wiederholen würde, bis sie wieder zurückkehrten. Auf diese Weise konnte Dalton Informationen an Rick senden, ohne laut sprechen zu müssen und damit ihre Position zu verraten.

      Rick lehnte sich in seinem Stuhl zurück und lauschte dem rhythmischen statischen Knistern, das aus dem Empfänger kam, während der automatische Scan weiterlief. Er trommelte nervös mit den Fingern auf seinem Kopf herum und dachte darüber nach, wie weit sie schon gekommen waren und welche Gefahren sie in Zukunft wohl noch erwarten würden.

      Bisher hatte er sich als Mentor um Macy gekümmert, damit sie etwas über Technik im Allgemeinen lernte. Sie war durchaus interessiert und begabt, obwohl sie ab und zu etwas spitzzüngig war. Der Verlust von Ennis war momentan vermutlich das Schwierigste für sie, aber irgendwann würde sie über seinen Tod hinwegkommen. Sie war ein Mädchen, das sowohl eine gewisse Härte als auch ein gutes Herz besaß, und er konnte erkennen, dass sie alles daransetzte, sich dies zu bewahren. Schmerzen zu erleiden, weil man sich zu sehr um andere kümmerte und sorgte, war etwas, was sie gerade zu kontrollieren versuchte. Zuerst war er, auf eine väterliche Art und Weise, ein wenig besorgt gewesen, dass McCann versuchen könnte, zu früh eine Beziehung mit dem Mädchen einzugehen. Aber nachdem Ennis gestorben war, hatte sie ihn einfach kurzerhand abgewiesen. Er wusste, dass der junge Mann sie mochte, aber er würde Geduld haben müssen, bis Macy wieder zu irgendeiner Art von Beziehung bereit war. Sie war überhaupt nicht wie ihre Schwester, Marcy. Obwohl die beiden Zwillinge waren, hätten ihre Persönlichkeiten nicht unterschiedlicher sein können.

      In ihrer überschaubaren postpandemischen Gesellschaft schien die Frage, ob man die Jüngeren zu Paaren zusammenbringen sollte, den älteren Erwachsenen in letzter Zeit immer öfter durch den Kopf zu gehen. Seine Frau zum Beispiel überlegte offen, wer wohl der beste Partner für ihre Tochter Bethany wäre. Diese war noch viel zu jung – sie war noch mindestens neun Jahre davon entfernt, ernsthaft an Jungs interessiert zu sein. In der alten Welt hätte Rick in einer Million Jahren nicht darüber nachgedacht, wer einmal seine Tochter heiraten würde. Die Jungs hätten garantiert Schlange bei ihr gestanden, aber jetzt, in diesem neuen Leben, bei diesem extremen Mangel an jungen Männern, war es irgendwie zu einer Art Zeitvertreib geworden, sich zu überlegen, wer wohl zu wem am besten passte. Doch keiner von ihnen ist gut genug für Bethany. Ricks Gedanken wurden abrupt unterbrochen, als der Scanner plötzlich eine Station auffing, die schwache, aber regelmäßige Signale sendete.

      »Was zum Teufel ist das?« Er sprang von seinem Stuhl auf und drehte hastig am Potentiometer, um das Signal besser hereinbekommen zu können. Gleichzeitig griff er nach Stift und Block, um das zu notieren, was er sofort als Morsezeichen identifiziert hatte. Seine Hände fingen an zu zittern und ein ansteigendes Gefühl des Schreckens erfüllte ihn, je mehr er von der Nachricht verstand.

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      CLG RICK EMRG KILL SIG HEADHUNTERS AT UR 6 151 KLICKS DE DUTCH II KILL SIG CUL 88 88

      »Was zur Hölle …«, stieß Rick hervor, nachdem er das Signal mühsam entschlüsselt hatte. Als sich die


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