Yoga leben. Christina Lobe
deine Perspektive verändert oder eine Erkenntnis für dich gebracht haben. Daraus kannst du Themen oder auch Qualitäten, wie zum Beispiel Mut und Neugierde, ableiten und mit einem Ereignis verbinden.
Finde dazu einige Sätze, die knapp und bündig dein Thema während des Unterrichts auf den Punkt bringen und eine Bedeutung und Aussagekraft besitzen. Eigene Erfahrungen als Basis eines Themas zu verwenden macht deinen Unterricht zu einer bewegenden Erfahrung für die Schülerinnen.
Shakti und ihre fünf (Super-)Kräfte
Shiva und Shakti beschreiben in der Welt der non-dualen Tantra-Philosophie das göttliche Prinzip und sind untrennbar miteinander verbunden. Shakti bedeutet wörtlich „Kraft“, „Energie“ und steht im Hinduismus für die weibliche Urkraft des Universums. Während Shiva die transzendente und immerwährende Qualität des Göttlichen, des höchsten Bewusstseins ist, ist Shakti die Kraft, die aus dem höchsten Bewusstsein entsteht und in Shivas Raum, dem Raum des Absoluten, gehalten wird. Dort manifestiert sie, kreiert und gestaltet sie. Alles, was existiert, existiert durch Shakti. Shakti hat quasi zwei Gesichter: Das eine zeigt ihre Vollkommenheit und Ganzheit, und das andere offenbart sich in den unzähligen, verschiedenen Realitäten, die sie hervorbringt. Doch auch in der Limitierung ihrer selbst verliert Shakti nichts von ihrer Ganzheit und Fülle. Sie ist die angeborene Kraft der Realität. Shakti ist die kosmische Kreativität, und alles, was wir als Realität wahrnehmen, ist der Tanz von Shakti. Sie handelt durch unsere Gedanken und Emotionen. In unserer Essenz sind wir Shakti. Ihre Kraft führt uns in Richtung Erkenntnis und Bewusstsein. Ausgerichtet in der Energie von Shakti können wir überhaupt erst Bewusstsein erlangen. Shakti ist die formlose Quelle von allem, was zu Form wird. Die Tantra-Philosophie beschreibt fünf wesentliche göttliche Hauptkräfte der Shakti, die wir auch in unserem Leben und Lehren erfahren.
Chit Shakti – die Kraft des Bewusstseins
Ananda Shakti – die Kraft der Freude und Glückseligkeit
Iccha Shakti – die Kraft des Wünschens und des Willens
Jnana Shakti – die Kraft des Wissens und der Weisheit
Kriya Shakti – die Kraft des Handelns und Tuns
Wenn wir ihre Kräfte durch uns wirken lassen, uns von Shakti führen lassen und sie in uns leben lassen, sind wir immer verbunden mit der Fülle und Freude des göttlichen Bewusstseins, mit dem göttlichen Willen, dem Wissen/der Weisheit und der Kraft zu handeln.
Lerne durch deine Praxis, Shakti kommen und durch dich wirken zu lassen. So bist du nicht nur immer angebunden an die Quelle unendlicher Stärke, sondern kannst auch Kundalini2 Shakti für deine Schülerinnen erfahrbar machen.
Mantra der Mahashakti: Hrim Shrim Klim Parameshwari Svaha
Hrim: Bija3-Mantra/Keimsilbe für Mahashakti als die Kraft der Manifestation
Shrim: Samen-Mantra/Keimsilbe für die Energie des Glückverheißenden
Klim: Samen-Mantra/Keimsilbe für die Energie der Anziehung und Verlockung
Param: das Höchste
Eshwari: das göttliche weibliche Prinzip
Svaha: ich grüße, ich rufe an (Segensruf am Ende des Mantras)
Mantra als Gebet für Mahashakti:
Ya Devi Sarva Bhuteshu
Shakti Rupena Samasthita
Namastasyai Namastasyai Namastasyai Namo Namah
Ya Devi Sarva Bhutesthu
Chetana Rupena Samstita
Namastasyai Namastasyai Namastasyai Namo Namah
Oh Göttin, die in allem lebt in der Form von Kraft,
ich grüße dich, ich grüße dich, ich grüße dich.
Oh Göttin, die in allem lebt in der Form von Bewusstsein,
ich grüße dich, ich grüße dich, ich grüße dich.
2Kundalini bezeichnet eine in tantrischen Schriften beschriebene ätherische Kraft im Menschen. Im Tantrismus spricht man von einer schlafenden, zusammengerollten Schlange, die in jedem Menschen am unteren Ende der Wirbelsäule liegt.
3Bija = Samen; die Übersetzung zu diesem und allen weiteren Sanskritwörtern findest du auch hinten im Glossar.
Übung
DEN GEIST ALS SHAKTI, DIE ENERGIE DER SCHÖPFUNG, SEHEN
Sitze in einer bequemen Haltung und schließe die Augen. Erlaube deiner Aufmerksamkeit, sich auf den Atem zu konzentrieren. Sage dir währenddessen: „Mein Atem ist eine Manifestation von Shakti, der göttlichen Energie der Schöpfung.“ Jedes Mal, wenn eine Gedanke aufsteigt, sage dir: „Ich ehre diesen Gedanken als einen Aspekt der Göttin. Ich ehre diesen Gedanken als Shakti, als göttliche, bewusste Energie.“
Diese Übung kreiert einen Moment für dich, um dich zu sammeln und die Aufmerksamkeit nach innen zu richten. Nach einem langen Tag oder wenn du dich nicht inspiriert und verbunden fühlst, wird diese Übung dir helfen, dir deiner Intention und eines möglichen (Herz-)Themas bewusst zu werden.
Ein Herzthema für den Unterricht zu erarbeiten ist ein Prozess, der etwas Zeit erfordert. Nachdem du ein Thema für dich gefunden hast, mit dem du in der nächsten Yogastunde arbeiten möchtest, kannst du das Template (die Vorlage) auf Seite 52 ff nutzen, um:
1.zu überprüfen, ob das Thema als ein passendes Thema für ein Yogaklasse funktioniert,
2.deine Gedanken und Ideen zu präzisieren und mit passenden Worten zum Ausdruck zu bringen.
Wir wollen hier noch einmal die Schlüsselfragen stellen: Wenn du dein Leben betrachtest, was berührt dich? Was verändert dich? Was hinterlässt Eindruck?
Vielleicht kommt für dich hier als Antwort nicht ein bestimmtes Asana wie der nach unten schauende Hund oder die stehende Vorbeuge. Entsteht während der Übung jedoch ein intensives inneres Gefühl, das über Muskelkontraktion oder Dehnung hinausgeht, hinterlässt sie womöglich einen bleibenden Eindruck. Ein einzelnes Asana wird noch nichts in deinen Schülerinnen verändern, eine ganz Yogastunde aber vielleicht schon bzw. eine Klasse, die Qualitäten und Erfahrungen auch im Inneren ermöglicht und deine Schülerinnen im Inneren berühren konnte. Daher sollten wir als Lehrerinnen bereit sein, uns mit uns selbst, dem Leben und dem Yoga auseinanderzusetzen. Wir lernen mehr und mehr, die Dinge und Alltagssituationen aus der Perspektive des Yoga zu betrachten. Diese Auseinandersetzung bringt Stabilität und Klarheit ins eigene Leben. Es ist wichtig, dass wir als Yogalehrerinnen stabil sind, dass unser Gefäß klar und stark und unser Herz weich und offen ist.
Die Auseinandersetzung mit Herzthemen macht das eigene Leben reicher und stellt einen lebendigen Dialog mit dir und dem Leben her. Als Lehrerin verkörperst du dein Thema selbst, vor allem durch deine eigene Präsenz. Dabei ist der wohl wichtigste Schlüssel, dass du authentisch bist und das Thema selber erfahren und durchdrungen hast.
Daher können wir nicht oft genug üben, Themen aus der eigenen Erfahrung und Beobachtung zu entwickeln.
Hierzu haben wir einige Übungen notiert, die dir dabei helfen, Themen zu finden und diese