Der Wächter der goldenen Schale. Alexander Lombardi

Der Wächter der goldenen Schale - Alexander Lombardi


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      »Das stimmt«, erklärte Jaron. »Und was Weixlhammer betrifft: Wenn er uns vor einigen Wochen nicht unterstützt hätte, hätten wir diese Dr. Dragumir mit ihren Machenschaften jedenfalls nicht drangekriegt.«

      Dr. Dragumir hatte Frankys Arm in der Klinik in Kempfenhausen behandelt; die Freunde waren dahintergekommen, dass sie Gelder im großen Stil unterschlagen hatte. Bei der spektakulären Aufdeckung des Skandals hatte der Antiquitätenhändler zum Schluss tatkräftig mitgeholfen.

      »Ich bin derselben Meinung wie Franky: Ich denke, wir sollten noch mal mit Weixlhammer reden«, fuhr Jaron fort. Das mutige Vorgehen des alten Mannes hatte ihm imponiert, auch wenn dieser, zugegeben, ziemlich verschroben war.

      »Ich bin für Opa Hans«, sagte Antonia bockig.

      »Leute, so kommen wir doch nicht weiter«, seufzte Emma. »Wie wäre es, wenn wir uns aufteilen und jedem der beiden nur zwei Fundstücke zeigen? Dann weiß keiner von ihnen, dass wir schon die komplette Brosche haben, und wir kriegen doppelte Hilfe.«

      »Gar keine blöde Idee«, stimmte Franky zu. »Obwohl Opa Hans die zusammengesetzte Brosche ja schon gesehen hat, als er mich damals im Krankenhaus besucht hat.«

      »Mag sein, aber vielleicht weiß er das nicht mehr«, sagte Antonia. »Ich finde den Vorschlag auch gut.«

      »Also, dann machen wir es so«, entschied Jaron. »Du und Franky, ihr sprecht mit Opa Hans, und, Emma, wir beide gehen zu Weixlhammer.«

      »In Ordnung. Aber bevor wir das tun, möchte ich die Brosche gerne noch genau dokumentieren«, erklärte Emma. »Um sicherzugehen, dass wir noch alle Hinweise haben, sollte sie abhandenkommen.«

      »Ganz die Wissenschaftlerin«, zog Jaron sie auf.

      Emma begeisterte sich für Naturwissenschaften und war unangefochten die Beste von ihnen, was Sachwissen, Experimente oder logisches Denken betraf.

      Ohne auf seinen gutmütigen Spott einzugehen, holte sie einen Maßstab von der kleinen Werkbank, auf der sie immer ihre Versuche aufbaute. Sie positionierte die einzelnen Steine so, dass sie vom Tageslicht gut ausgeleucht wurden, legte den Zollstock daneben und fotografierte alle vier Fundstücke erst getrennt und dann zusammengesteckt von allen Seiten. Hinterher verstaute sie alles wieder in ihrem Versteck.

      »So«, schloss sie befriedigt, »jetzt müssen wir die Originale gar nicht mehr mitnehmen, wenn wir zu Weixlhammer und Opa Hans gehen. Die Fotos genügen.« Sie tippte auf ihrem Smartphone und versendete die Bilder an ihre drei Freunde.

      »Clever«, kommentierte Jaron, während er die Fotos auf seinem Display betrachtete.

      »Tja.« In Emmas Stimme schwang ein kleiner Stolz, als sie ihre Brille zurechtrückte.

      »Okay«, sagte Antonia, »dann kann’s ja losgehen. Onkel Franky, sprechen wir morgen mit Opa Hans, wenn wir zu seiner Geburtstagsfeier gehen?«

      »Aber natürlich, Chefin«, sagte er strahlend, »der Meister ist bereit.«

      »Hast du eigentlich sein Geschenk besorgt, wie wir es abgesprochen hatten?«, fragte Emma.

      »Klar«, sagte Antonia und deutete auf ein kleines Päckchen, das auf Emmas Labortisch lag. »Ein Smartphone für Senioren, wie geplant. Mein Vater hat sich um die SIM-Karte gekümmert, und eingerichtet ist das Handy auch schon. Opa Hans kann also gleich lostelefonieren. Seine neue Nummer schicke ich euch noch.«

      »Super!«, lobte Emma, dann wandte sie sich an Jaron. »Und wir gehen zu Weixlhammer?«

      »Ja, machen wir«, bestätigte Jaron, »aber erst am Mittwoch. Ich hab morgen Training und hinterher reicht die Zeit nicht mehr.«

      Emma nickte.

      Die vier Freunde verließen den Zirkuswagen. Antonia und Franky gingen voraus.

      »Weißt du, was wir noch vergessen haben?«, sagte Emma zu Jaron. »Wir wollten doch den Sekretär suchen, zu dem der silberne Schlüssel gehört. Der, den wir in der Gruft gefunden haben.«

      »Stimmt, im Schloss Unterallmannshausen. Hat ja beim letzten Mal nicht so gut geklappt«, meinte Jaron. Bei ihrem ersten Versuch, auf den Speicher des Schlosses zu gelangen, waren die vier Freunde nämlich entdeckt und rausgeworfen worden.

      »Na ja, aber mir ist da eine Idee gekommen.« Emmas Stimme klang ein wenig geheimnisvoll, während sie Jaron anblickte.

      »Eine Idee? Und welche?«, fragte Jaron verdutzt.

      »Ähm – Isabelle?«, druckste Emma herum.

      »Isabelle?«

      »Ja, die steht doch voll auf dich.«

      »Ach was«, winkte Jaron ab, konnte aber vor sich selbst nicht verleugnen, dass er es auch schon bemerkt hatte: Isabelle von Beilstein, die Tochter des stinkreichen Besitzers des Schlosshotels Unterallmannshausen – und bei Weitem das eitelste und eingebildetste Mädchen in der Klasse –, hatte ein Auge auf ihn geworfen.

      »Ach komm, das ist ja wohl offensichtlich«, beharrte Emma. »Jedenfalls, könntest du sie nicht bitten, dir mal eine Schlossführung zu geben?«

      »Vergiss es.« Jaron schüttelte den Kopf.

      »Warum denn nicht?«

      »Weil sie eingebildet ist. Wenn ich sie das frage, meint sie, dass ich auf sie stehe.«

      »Ist doch egal. Du musst sie ja nicht heiraten.« Emma ließ nicht locker. »Das ist unsere beste Möglichkeit.«

      Jaron war hin- und hergerissen. Er sah ein, dass die Idee gut war, aber mit Isabelle abhängen – nein, darauf konnte er wirklich verzichten. Ihm war die Gartenparty im Herbst noch in allzu schlechter Erinnerung.

      »Jetzt stell dich nicht so an. Du sagst einfach, dass du auf den Speicher willst, und guckst dich nach dem Sekretär um. Wenn der da ist, probierst du den Schlüssel aus. Vielleicht verschafft uns das den entscheidenden Hinweis.« Sie sah ihn auffordernd an.

      »Das wird niemals funktionieren«, versuchte Jaron, sich herauszuwinden.

      »Das kannst du nicht wissen, solange du es nicht probierst. Komm schon, das ist die einzige Chance, die wir haben.«

      Jaron wusste, dass sie recht hatte. Schließlich seufzte er und gab nach: »Na, gut, ich versuche es.«

      »Du bist klasse!«, meinte Emma und umarmte ihn, was Jaron überraschte.

      Nachdem sie davongeradelt war, holte Jaron sein Handy aus der Hosentasche und rief Isabelle an. Er brachte es lieber gleich hinter sich.

      Isabelle ging sofort ran. »Hi, Jaron!«, flötete sie begeistert.

      »Hi Isabelle«, sagte er. »Du, ich wollte dich fragen, ob dein Angebot noch gilt und du mir das Schloss zeigen kannst.«

      »Klar, gerne!«

      Jaron hörte, wie begeistert sie klang, und verzog sein Gesicht. Sie verabredeten sich für den Mittwochnachmittag.

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      Kapitel 2:

      Streit

      Am Starnberger See, Frühjahr 2019

      Geschickt drückte Jaron seinen Gegner auf die Matte und hielt ihn fest, bis er die Niederlage eingestand.

      »Sehr gut!«, lobte der Kung-Fu-Coach, der den Zweikampf beobachtet hatte. »Jaron, du machst große Fortschritte.«

      Jaron richtete sich auf und zog seinen Kampfanzug zurecht.

      Sein Gegner stand auf, sie verbeugten sich und beendeten so den Kampf.

      »Gut, die Stunde ist zu Ende, bitte alle zum Schluss versammeln!«,


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