Hart's Bay: Wo unser Herz sich entscheidet. E. P. Davies
Jesse eine Ausrede, mit Finn zu verkehren – auf welche Weise auch immer es nötig sein sollte.
Keine Ausrede, versuchte er sich einzureden, als er vom Hafen zurück zum Supermarkt ging. Einen Grund.
Denn die Wortwahl machte ganz eindeutig einen Unterschied. Oder?
***
Wie sich herausstellte, gab es im Supermarkt nur eine Sorte vegetarische Burger und überhaupt keine vegetarischen Würstchen. Ross würde noch trübseliger als ohnehin sein, wenn er das herausfand.
Jesse hoffte, dass der Halloumi und der Tofu, den er gefunden hatte, einen Ausgleich bilden würden. Und natürlich hatte er richtiges Fleisch, Kohle und einen Grillanzünder eingepackt, bevor er zu Bier und Wein weitergezogen war. Sie hatten den Grill bereits am Abend ihres Einzugs im Garten entdeckt, aber bisher nicht benutzt.
Zeit, das zu ändern.
Als Jesse nach Hause fuhr, war seine Laune im Aufwind. Sicher, letztendlich war es erneut auf eine fruchtlose Suche hinausgelaufen, aber er würde den Rückstand aufholen – dessen war er sich sicher.
Und er würde Finn wiedersehen.
Er konnte nicht aufhören, an ihn zu denken. An den Geschmack seiner Lippen, die Hitze seines Körpers, wie sein Hintern sich unter Jesses Handflächen angespannt hatte, als er in ihn hineingestoßen hatte, wie er ihn hochgehoben und gegen den Felsen gepresst hatte, während seine Fingernägel sich in Jesses Haut gebohrt hatten…
Verflucht. Er wand sich hinter dem Lenkrad und drückte die Handfläche gegen die harte Linie seines Schwanzes, damit er sich an den Körper legte, während er den Motor ausschaltete. Allein der Gedanke an Finns heißen Atem an seinen Lippen, wie er ihn herausforderte, sich nach vorn zu beugen und ihn zu küssen…
Alles in ihm wollte Ja sagen. Ihr erstes Treffen war fantastisch gewesen – die Art Sex, an die sich Jesse nicht einmal mehr hatte entsinnen können. Sicher würde das zweite Mal sogar noch besser werden. Wie sehr konnte Finn ihn um den Verstand bringen, wenn er ihn ließ?
Wie sehr würde er dich ablenken?, erinnerte Jesse sich in einem nutzlosen Versuch, seine Geilheit zu zügeln. Er kletterte aus dem Auto und nahm die Taschen, gab sein Bestes, um seine gute Laune beizubehalten.
Falls Finn ihm in dieser Angelegenheit half, würde er ihm etwas schulden. Und oh Junge, das war ein aufregender Gedanke. Er ließ kleine Lustwellen über Jesses Rückgrat tanzen, die ihn wiederum an das Gefühl von Finns rauen Fingerspitzen erinnerten, die über seinen Rücken und seinen Hintern fuhren.
Finns Finger in seinem Arsch, seine Lippen heiß auf seinem Nacken. Sein Schwanz tief in ihm vergraben, während Jesse sich an den Felsen klammerte und wimmerte. Wie die Brise jedes Stöhnen und Ächzen davongetragen hatte. Die brennende Hitze, die mit jedem Rollen von Finns Hüften durch Jesses Körper geschossen war.
Verdammt, Jesse. Reiß dich zusammen.
Jesse schob sich mit der Schulter voran durch die Tür und ließ die Tüten auf dem Boden zurück. Dann kehrte er zum Wagen zurück, um Bier und Wein zu holen. Er brauchte dreißig Sekunden, um sein Gehirn auf etwas auszurichten, das ihm kein Zelt von der Größe einer Jurte in der Hose bescheren würde.
»Oh, hey! Schau mal, wer da ist.« Aaron riss die Tür zur Gänze auf, während Jesse den Karton in seinen Armen etwas absenkte, um auf Nummer sicher zu gehen. Nur für den Fall.
»Ich bringe Alkohol.«
Aaron grinste und hob die Tüten vom Fußboden. »Du bist mein bester Freund. Scheiß auf die anderen Jungs.«
»Hey!«, rief Ezra empört von nebenan. Einen Moment später gesellte er sich zu ihnen. »Woah, grillen wir?«
»Tun wir. Hol die Kohle aus dem Wagen.« Die Ablenkung durch seine Freunde vertrieb Jesses Gedanken daran… nun, es zu treiben.
»Super.«
Selbst Ross schien glücklich, auch wenn er die Augen verdrehte, als sie die Tüten auspackten und Jesse ihm seine Auswahl an Essen für den Abend erklärte.
»Kleinstädte«, seufzte Ross. »Wehe, es ist einem nicht danach, ein Tier zu schlachten.«
»Ich nehme deinen Anteil. Mir ist dauernd nach Frischfleisch«, sagte Aaron gut gelaunt.
Jesse lachte und stieß Aaron mit dem Ellbogen an, während er den Wein auspackte. »Ich habe den billigen Kram bekommen. Roten, weißen und Rosé. Und Bier.«
Beau neigte den Kopf. »Bier? Wer trinkt hier denn Bier?«
Jesse wappnete sich. Jetzt geht's los, dachte er. Sie würden nie aufhören, ihn aufzuziehen, aber es kam auf das Ergebnis an. »Ich dachte, wir laden Finn ein.«
»Oooooh«, stießen die vier anderen beinahe gleichzeitig aus und hielten mit dem inne, was sie taten, um ihn anzuschauen.
»Schau an, wer sich schon mit dem Vornamen anspricht«, sagte Ross.
Beau schnaubte. »Und uns immer noch nicht erzählt, was draußen vor dem Cher's vorgegangen ist…«
Die Röte, die Jesse in die Wangen stieg, heizte ihm von Kopf bis Fuß ein und er verfluchte seine Nerven. Er neigte schon immer dazu, schnell rot zu werden, und war entsprechend leicht zu lesen. »Weil nichts vorgegangen ist, ihr Deppen. Er kennt die Stadt und ich habe immer noch niemanden gefunden, der mir verraten konnte, mit wem wir für einen Laden im Stadtkern reden müssen.«
»Warte, im Ernst?« Das lenkte zumindest Beau ab, auch wenn Aaron ihn immer noch auf unerträgliche Weise angrinste.
Jesse biss sich auf die Unterlippe und lehnte sich gegen den Tresen, die Daumen in die Hosentaschen versenkt. »Ja. Ich bin herumgelaufen und konnte nirgendwo ein Schild finden. Niemand weiß etwas oder zumindest behaupten sie das.«
»Vielleicht ist das eine Mafia-Geschichte. Irgendeine Geldwäscheverschwörung. Ungenutzte Immobilien aufkaufen und…« Aaron verengte die Augen und verzog das Gesicht, während alle anderen ihn musterten.
»Und?«, fragte Jesse grinsend. »Wie wäscht man damit Geld?«
»Ich weiß es nicht«, rief Aaron. »Wenn ich es wüsste, hätte ich eine ergiebige Mafiakarriere vorzuweisen, statt mit euch Losern rumzuhängen. Himmel.«
Jesse lachte schnaufend auf, während sie Weingläser und Geschirr an sich nahmen. »Geht raus und zündet den Grill an. Ich werde mal sehen, ob Finn von der Arbeit zurück ist.«
Verdammt, das verleitete die Jungs zu einer weiteren Runde von Oooohs und Hol ihn dir, Süße. Als er ging, hörte er, wie Aaron sich laut fragte: »Ist einer von euch Manns genug, um zu grillen? Wenn wir die Köpfe zusammenstecken, bekommen wir es vielleicht hin…«
Sie würden sich über ihn lustig machen, wann immer er es wagte, Finn auch nur anzusehen, aber das war es wert.
Während Jesse die Stufen zur Veranda hochstieg, nahm er sich einen Moment Zeit, das Haus zu bewundern. Es war gut in Schuss – sogar besser als das Mietshaus, das sie sich nebenan teilten. Die Veranda glänzte und wirkte neu, die Geländer waren in einem hellen Violett und Weiß gestrichen. Ein Kübel, der vor Pflanzen überquoll, stand auf den Stufen, daneben eine Metallskulptur und ein Stück Treibholz. Die Fensterläden waren frisch gestrichen und die Vorhänge im Innern waren hell und wirkten luftig.
Jesse stellte fest, dass er zunehmend neugierig auf Finn wurde. Wie war er wohl, wenn er ihm nicht hinterherstieg, ohne all die sexuelle Spannung und auch ohne seine Grübelei? Trank er gern ein Bier und sah sich ein Spiel an oder zog er Wein und eine Show vor? Ging er angeln oder weckte das zu viele Erinnerungen? Welcher Arbeit ging ein Mann wie er nach? Arbeitete er überhaupt?
Ihm schossen hundert Fragen zugleich durch den Kopf und Jesse ging auf, dass er heute Abend vielleicht sogar eine Chance hatte, ein paar von ihnen zu stellen. Beim Grillen und einem Bier, wie ein normaler Nachbar. Nicht wie jemand, der ihm verzweifelt an die Wäsche wollte.
Jesse leckte sich die Lippen und klingelte. Er lauschte, ob er Bewegung