Hart's Bay: Wo unser Herz sich entscheidet. E. P. Davies

Hart's Bay: Wo unser Herz sich entscheidet - E. P. Davies


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war. Er wollte seinen Freunden nicht erklären müssen, dass er das bereits hinter sich hatte.

      Sie zwinkerte ihm zu und sagte: »Oh, ich glaube, die bestaussehenden Männer sind bereits vergeben.«

      »Oder hetero.« Aaron beugte sich nach vorn, als er sich beklagte.

      Cher schüttelte den Kopf. »Oder schwul, wollte ich sagen.«

      Ross riss seine Vorstellung eines Witzes. »Wenn das Gras auf der anderen Seite immer grüner ist, warum geben wir uns überhaupt Mühe, Zäune zu errichten?« Sie blinzelten ihn alle an und er seufzte. »Der Moment ist vorbei.«

      »Wie dem auch sei, danke«, sagte Jesse und er meinte nicht nur die Drinks. Danke, dass sie zu seinem neuen Mann geschwiegen hatte.

      Moment. Nein. Finn war nicht sein neuer Mann, egal, wie stark ihre Verbindung gewesen war. Himmel, Jesse. Mach den Deckel drauf, dachte er. Sonst stehst du in deinen Tagträumen demnächst vor dem Altar.

      »Auf Hart's Bay und unsere neue Zukunft.« Beau stieß mit ihnen an und sie tranken.

      Die Tür öffnete sich und der hereinstreichende Wind weckte Jesses Aufmerksamkeit. Dasselbe galt für den Mann, der hereinkam. Mist.

      »Zwei Abende hintereinander?« Cher begrüßte Finn, der in seinem engen T-Shirt sogar noch massiger aussah. Es umrahmte seinen Bizeps. Der verdammte Stoff betonte sogar jede kleine Mulde zwischen seinen Bauchmuskeln und vor allen Dingen das V zwischen seinen Hüften.

      Das war verflucht noch mal unfair.

      »Du weißt ja, wie das ist.« Finns Blick landete auf Jesse und für eine endlose Sekunde sah er nicht beiseite. Die Hitze, die zwischen ihnen knisterte, ließ Jesses Wangen brennen. »Ich kann mich einfach nicht fernhalten.« Sein Mundwinkel hob sich in einem verdorben köstlichen Halblächeln und seine Lider waren halb geschlossen, als hätte er eine Einladung ausgesprochen. Direkt in sein Bett.

      »Tja, ich werde mich nicht beschweren. Bier?«, bot Cher an.

      Ein Ellbogen traf Jesse in die Rippen, sodass er keuchte. Tränen traten in seine Augen. Er wirbelte herum und starrte Aaron böse an. »Was?«

      »Das ist der Typ von vorhin«, zischte Aaron, während die anderen die Köpfe zusammensteckten. Es sah aus, als wollten sie ihn dazuholen.

      Ärger stieg in Jesse auf. Natürlich standen sie auch auf ihn. Und Finn hatte deutlich gemacht, dass er nur an einer Nacht interessiert war. So scharf, wie jeder seiner Freunde war, war nicht daran zu denken, dass er sie abweisen würde. Es war nur eine Frage der Zeit, bis es dazu kam.

      »Ja. Dann einigt euch mal, wer ihn bekommt«, sagte Jesse kühl und hoffte, dass seine Röte im Eis seines Tonfalls unterging. »Offensichtlich ist es ja zu schwer, sich zwei Tage lang daran zu halten, keinen Männern nachzujagen.«

      Er schnappte sich sein Glas und ging zur Tür. Er hatte draußen vor der Bar ein paar Kunststoffgartenstühle und einen Terrassentisch entdeckt. Es war schließlich nicht so, als ob Portlands Gesetze zum Alkoholausschank hier gälten.

      Wie erwartet hielt ihn niemand auf – die anderen waren zu sehr damit beschäftigt, miteinander zu flüstern und vermutlich ihren Schlachtplan zu entwerfen.

      Draußen angekommen atmete Jesse tief ein und schloss die Augen, um die Brise zu genießen. So nah am Wasser konnte er immer noch das Meer riechen.

      Und er konnte darüber nachdenken, wie verdammt gut sich der Sex gestern angefühlt hatte, auch wenn er wirklich nicht vorgehabt hatte, sich so bald auf diese Weise auf die Stadt einzulassen.

      Doch er würde sich auf keinen Fall auf etwas einlassen, das über die nächsten zehn Minuten hinausging. Wenigstens nicht, bevor er ein solides Studio aufgebaut und genug Verkäufe vorzuweisen hatte, um seine Rechnungen zu bezahlen. Er wollte nicht berühmt werden – nur genug zum Leben haben.

      »Hier draußen ist es kühler.«

      Die Stimme ließ ihn zusammenfahren. Er drehte sich um und entdeckte Finn neben der Tür, in der Hand ein Pint Bier.

      »Du folgst mir wohl gern«, sagte Jesse, aber ungeachtet seines ablehnenden Tons konnte er nicht anders, als zu lächeln. Wem wäre das angesichts dieser Augen schon gelungen?

      »Ich glaube, letzte Nacht bist du mir gefolgt«, konterte Finn und deutete mit seinem Glas auf Jesse. »Aber ich geb's zu: Ich war neugierig, was dich wieder hergeführt hat. Normalerweise verschwinden Touristen am nächsten Tag wieder. Und dann habe ich gesehen, wo du wohnst.«

      »Eine Hiobsbotschaft. Oder doch nicht?« Jesse biss sich auf die Unterlippe und sah zu Finn. Er gab sein Bestes, nicht zu flirten. Es reichte nicht. »Ich hatte schon schlimmere Nachbarn.«

      »Ein weiteres Argument dafür, dass du mir gefolgt bist.« Finn zwinkerte und schlenderte näher. Und selbst wenn Jesse wusste, dass er sich fernhalten sollte, konnte er nichts dafür, dass der Stress aus seinem Körper sickerte. Ja, sein Körper war, was Finn anging, zu einer anderen Entscheidung gekommen als sein Gehirn. Daher nickte er, als Finn auf die heruntergekommene Bank mitten auf dem leeren Platz deutete.

      »Kommt man da sicher durch?« Er blieb an der Ecke stehen und beäugte den Wildwuchs des ungepflegten Rasens.

      Finn schaute empört. »Natürlich ist es hier sicher. Nur… ein bisschen vom Glück verlassen.«

      »Das habe ich gehört. Deshalb bin ich hergezogen.«

      »Das ist nicht die Antwort, die ich normalerweise zu hören bekomme«, sagte Finn. Seine Lippe hob sich erneut zu diesem verflixt attraktiven Halblächeln. »Was hat es damit auf sich?«

      »Wohnraum ist billig, Werkstätten und Studios auch.«

      »Studio? Bist du ein Künstler oder Maler? Ohh.« Finn lehnte sich zu ihm, seine Augen glänzten vielsagend. Unmöglich, dass etwas anderes als der Versuch zu flirten dahintersteckte. »Kann ich dich beauftragen, mich zu malen? Wie einen deiner heißen Jungs?«

      »Nein, dafür brauchst du Ezra. Den Rothaarigen, der bei mir war. Er ist der Maler. Ich töpfere nur.« Jesse widerstand der messerscharfen Eifersucht in seinem Bauch.

      »Aber ich will nicht ihn.« Die Betonung auf ihn war nur schwach, aber eindeutig vorhanden. Finn wollte, dass er es hörte.

      Jesse leckte sich die Lippen und trank ein paar Schlucke des Mojitos. »Wie ist das bei dir? Warum bist du hier, wenn du doch meinst, dass die Stadt auseinanderfällt?«

      »Ich hänge hier irgendwie fest. Das älteste Kind. Hab das Gefühl, dass ich es der Stadt schulde hierzubleiben.«

      »Warum das?«

      Finn zögerte, dann starrte er eine Weile auf die heruntergekommenen Gebäude um den Platz. »Erzähl ich dir ein anderes Mal.«

      Ein paar Minuten lang saßen sie in behaglichem Schweigen zusammen. Jesse wäre davon ausgegangen, dass es sich unangenehm anfühlen würde, tat es aber nicht. Genau genommen fühlte es sich sogar gut an, sich nicht unterhalten und eine Verbindung herzustellen zu müssen wie bei den Speeddatings in der großen Stadt.

      Wenn alles gut ging, hatte er ein ganzes Leben lang Zeit, jeden hier kennenzulernen. Oder wenigstens ein paar Jahrzehnte. Es war schwer, so weit vorauszudenken. Ein paar Jahre?

      Schließlich unterbrach Finns Stimme Jesses Gedanken. »Also, wann wirst du deinen Freunden sagen, dass wir gevögelt haben?«

      Das war eine gute Frage. Eine wirklich gute Frage. Und Jesse hatte verflixt noch mal keine Ahnung, wie die Antwort lautete. Nicht mehr lange und man würde sie zusammen sehen und sowieso Mutmaßungen anstellten.

      Was zum Teufel sollten sie jetzt machen?

      Kapitel Vier

      Finn

      »Pfffthhh.«

      Er stieß die Luft prustend und mit einem übermäßigen Schulterzucken aus, während er die Hände gestikulierend in die Luft hob. Er hätte


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