Hart's Bay: Wo unser Herz sich entscheidet. E. P. Davies

Hart's Bay: Wo unser Herz sich entscheidet - E. P. Davies


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zugeben, dass sie etwas miteinander gehabt hatten. Das war nur fair.

      Als Finn zu der kurzen Fahrt zu seinem Haus ansetzte, beobachtete er im Rückspiegel, wie die Köpfe der Männer sich bewegten und sie mit den Händen fuchtelten. Es sah nach einer Runde in der guten alten Gerüchteküche aus.

      Gott, er hoffte, dass Jesse ihnen nichts erzählt hatte. Aber im Laden hatte ihre Körpersprache darauf hingedeutet, dass sie Jesse ermuntern wollten, mit Finn zu reden. Es hatte sich nicht nach Gelächter darüber angehört, wie gut – oder schlecht – er gewesen war.

      Jesse lebte also hier. Am Vorabend war eine Handvoll Leute in der Bar gewesen und sie hatten gesehen, dass er Jesse mit nach Hause genommen hatte – oder vielmehr zu den Klippen, aber das musste niemand erfahren. Sobald Jesse die Nachbarn kennengelernt hatte, würde ihr One-Night-Stand nicht unbedingt ein Geheimnis sein.

      An der nächsten Ecke bog Finn ab und sie ebenfalls. Er fuhr die Straße entlang, die sich in sanften Kurven vom Marktplatz entfernte, und für sie galt dasselbe. Er bog in die Straße ein, in der er lebte, und sie auch.

      Der Kombi fuhr weiter – aber ehe er erleichtert durchatmen oder auch nur ein Seufzen ausstoßen konnte, bog der Wagen der Männer in die Einfahrt neben seiner ein.

      Nach seinem langen Arbeitstag gestern war ihm niemand in dem seit Langem leer stehenden Mietshaus aufgefallen. Er war direkt zur Bar aufgebrochen.

      Ach du Scheiße. Das Haus stand nicht länger leer.

      Langsam stieg Jesse aus dem Wagen. Er wich Finns Seitenblick aus. Stattdessen ging er zur Heckklappe des Autos und riss sie auf, als hätte sie ihn beleidigt.

      Dann spähte er zur Seite, traf Finns Blick – und lief dunkelrot an. Finn holte rasch seine Taschen und verzog keine Miene. Er gab sein Bestes, nicht über Jesses gekränktes Gesicht zu lachen.

      Diese Stadt war seit heute auf ganz neue Weise zu klein.

      Kapitel Drei

      Jesse

      Es war unglaublich, wie schnell ein Tag vergehen konnte. Saubermachen und Auspacken, die Hausarbeit zu verteilen und zu diskutieren, wie sie es mit dem Kochen halten wollten, ließ die Zeit verfliegen. Dann war ihnen aufgegangen, dass sie zwar ihre Mahlzeiten geplant hatten, aber noch nicht dazu gekommen waren, Zutaten einzukaufen.

      Eine Fahrt zum Supermarkt hatte nach einer guten Idee geklungen, aber das galt für die meisten Ideen, bevor man sie umsetzte.

      Jesse hatte halb erwartet, Finn irgendwann wieder über den Weg zu laufen – aber nicht sofort und zwischen Erbsendosen und Spargel. Es war ihm unglaublich schwergefallen, seine Freunde zu ignorieren. Sie hatten ihn gedrängt, mit dem heißen Typ zu reden, der ihn anstarrte. Nicht, wenn er Finn mit jeder Faser seines Körpers wiedersehen wollte – aber nicht unter neugierigen Blicken.

      Und dann war er auf die Einfahrt neben Finns eingebogen.

      Nun wollte er nur noch in die Bar und mehrere Pints Bier, in denen er seine Demütigung ertränken konnte. Natürlich musste seine wilde Affäre genau nebenan wohnen und natürlich hatten all seine Freunde die Blicke gesehen, die sie ausgetauscht hatten.

      Gott sei Dank war er heute der Fahrer gewesen. Er teilte sein heruntergekommenes altes Auto mit den anderen, damit sie zu fünft mit zwei Wagen auskamen.

      »Er steht auf dich.« Ezra nahm ihm eine Tüte aus den Händen. »Geh und rede mit ihm.«

      Jesse schüttelte den Kopf und nahm sich eine andere Tasche aus dem Kofferraum. »Nope.«

      »Komm schon.« Aaron zwinkerte. »Irgendwann musst du über Dominic hinwegkommen. Wie ginge das besser, als den heißen Nachbarn zu ficken? Das ist was anderes, als miteinander zu gehen.«

      »Bedräng ihn nicht«, warf Beau ein. »Es war eine stressige Woche.«

      »Umso besser, den Stress loszuwerden«, widersprach Aaron. Er warf einen verstohlenen Blick über die Schulter, dann lehnte er sich an den Wagen und legte einige Umdrehungen auf sein Sex-Appeal drauf. »Oh mein Gott, er ist süß. Wenn du ihn nicht nimmst, nehme ich ihn.«

      Eifersucht brannte in Jesses Brust und er warf Aaron einen bösen Blick zu. »Nein. Waren wir uns nicht einig, als wir hergezogen sind? Keine Jungs, die uns das Herz brechen?«

      Aaron sackte seufzend in sich zusammen, nahm sich stattdessen eine Tüte und drückte Ross eine weitere in die Hand. »Na guuut«, stöhnte er. »Du bist langweilig.«

      »Ich bin überhaupt nicht langweilig«, murmelte Jesse. Er musste sich ein Grinsen verbeißen. Ausgerechnet Finn wusste das genau.

      Gott, der Sex am Strand war verdammt noch mal großartig gewesen. Und mehr als wert, im Cher's End Table, der dunklen kleinen Bar gegenüber dem Supermarkt, vorbeizuschauen. Der Kassierer im Laden hatte ihn vorgewarnt, dass die Besitzerin Cheryl nur dann öffnete, wenn ihr danach zumute war.

      In einer Kleinstadt zu leben, würde auf eine gewaltige Umstellung hinauslaufen.

      Jesse beschwerte sich nicht, dass er nach kaum einer halben Stunde, in der er an der Bar gesessen und die Leute beobachtet hatte, auf diesen gut aussehenden Fremden getroffen war. Die Einheimischen schienen sich alle untereinander zu kennen. Jesse hatte nicht sagen können, ob es daran lag, dass die Stadt so klein war, oder ob sie einfach die örtlichen Trunkenbolde waren.

      Vielleicht konnte man hier einfach nichts anderes erwarten – außer einander. Zu Besuch herzukommen, um ein Haus zur Miete auszusuchen, war eine Sache gewesen. Wirklich herzuziehen eine ganz andere.

      Besonders jetzt, da er wusste, dass er neben seinem One-Night-Stand vom vergangenen Abend wohnte.

      Jesse errötete und ging hinein, um die Lebensmittel in den Kühlschrank zu räumen.

      Es war nicht so, dass der Sex schlecht gewesen wäre. Gott, nein. Das komplette Gegenteil. Er war so froh, dass Finn direkt auf ihn zugekommen war, um ihn anzusprechen, und dass seine Freunde sich dagegen entschieden hatten, ihn auf einen Drink zu begleiten. Jesse war anfangs ein wenig nervös gewesen, allein auszugehen; unübersehbar schwul und ohne Reue.

      Aber dies war ihre Zukunft, sein neues Leben. Er war entschlossen, die Zeit zu nutzen; besonders ohne eine Beziehung, die ihn ablenkte.

      Aber Sex? Der war drin.

      »Oh mein Gott, Jesse steht tierisch auf ihn.« Dankenswerterweise hatte Aaron gewartet, bis die Tür zu war, bevor er seine Ankündigung heraustrompetete.

      »Leck mich.« Jesse zeigte ihm den Mittelfinger. »Ich hab's dir gesagt: keine Jungs.«

      »Ich sag ja nicht, dass du ihn mit nach Hause nehmen sollst.« Aaron ließ seine Tüte neben Jesse auf den Tresen fallen. Dann sackte er gegen den Schrank, spreizte die Beine und ließ den Kopf nach hinten fallen, während er stöhnte: »Jedenfalls nicht für mehr als eine Nacht.«

      »Buh. Hoch mit dir, du Schlampe.« Jesse zielte mit einer Tüte gefrorenen Erbsen auf Aarons Schritt.

      Aaron fing sie und richtete sich schmollend wieder auf. »Na gut. Beschwer dich ruhig, dass ich versucht habe, dir Sex zu verschaffen.«

      »Es wäre wirklich gut für dich, um über das Arschloch hinwegzukommen.« Mit diesen Worten verkündete Ezra seine Ankunft.

      »Der erste Zentimeter ist immer am engsten.« Aaron hüstelte in seine Faust, aber es war unzweifelhaft seine Stimme gewesen. Es sah ganz danach aus, als wollten Ezra und Beau sich ihrer Küchendebatte anschließen. Zum Glück stand wenigstens Beau auf seiner Seite.

      »Ich bin über ihn hinweg. Ehrlich.« Sicher, Jesse knirschte mit den Zähnen, als er es sagte, aber er war entschlossen und es war ihm ernst. Wenn es jetzt noch nicht so weit war, dann bald.

      Ross, Aaron, Ezra und Beau musterte ihn allesamt mit Mienen, die ihm verrieten, dass sie ihm nicht glaubten.

      »Was?« Jesse widerstand dem Drang, sie anzufauchen. Das würde ihre Vermutung nur bestätigen und er wollte sich nicht in ihren


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