Footprint. Bert Beyers

Footprint - Bert Beyers


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Variiert die Produktivität von Ökosystemen, hat das große Auswirkungen auf das Tier hoch oben in der Nahrungskette. In der Tundra ist das Niveau der Photosynthese aufgrund der Kälte und der fehlenden Sonne relativ niedrig. Zudem müssen Tiere überwintern und sich ein Nahrungsmitteldepot anlegen. In der Folge können sich weniger Lebewesen von diesem Gebiet ernähren. Die Artenvielfalt ist zugleich geringer und die Nahrungskette relativ einfach strukturiert. Ein gegenteiliges Beispiel sind Wälder in gemäßigten und mehr noch in tropischen Klimazonen. Sie weisen eine deutlich höhere Produktion von Biomasse auf. Ihre Ökosysteme sind reicher und vielgestaltiger.

      Nicht unbedeutende Teile der Erdoberfläche sind als Naturschutzgebiete ausgewiesen (insgesamt rund 18 Mio. km2), de facto steht ein Großteil dieser Landschaft aber trotzdem unter menschlichem Einfluss. Nationalparks wie der Yosemite Park in Kalifornien werden alljährlich von einem Millionenpublikum, ausgerüstet mit Geländewagen und riesigen Wohnmobilen, bevölkert. Im Ergebnis gibt es keinen Punkt mehr auf der Erde, an dem die Menschen nicht ihre Spuren hinterlassen haben. Und selbst in den entlegensten Teilen der Antarktis sind die Abfallstoffe von Industriestaaten nachweisbar.

      Der Mensch macht sich die Erde untertan, wie es in der Bibel heißt. Von einer seltenen, in ihrer Frühzeit oft selber vom Aussterben bedrohten Art, hat sich die Menschheit zum absoluten Herrscher über den Rest der Natur aufgeschwungen und praktisch die gesamte Biosphäre des Planeten domestiziert. Die meisten Flüsse sind reguliert und kanalisiert, oft mit katastrophalen Auswirkungen. Dem Nil in Ägypten wird so viel Wasser entnommen, dass er über weite Teile des Jahres gar nicht mehr das Meer erreicht. Aus demselben Grund ist der Rio Grande, bis er in Mexiko angelangt ist, schon stark genutzt und mit Salz beladen, wodurch die Wasserqualität nicht mal mehr der Landwirtschaft genügt. Schließlich versickert der Fluss einfach in der Landschaft, um einige hundert Kilometer später durch einen Nebenfluss wieder zu neuem, freilich bescheidenem Leben erweckt zu werden.

      Der Gelbe Fluss in China ist im Laufe seiner Geschichte bereits oft umgeleitet und eingedeicht worden, jetzt aber geht es wohl ernsthaft an die Substanz. Seine Fließgeschwindigkeit und die Menge an Wasser sind so weit reduziert, dass die mitgeführten Schlammmassen sich überall im Flusssystem ablagern und der Gelbe Fluss Jahr für Jahr aus seinem Bett herauswächst. Die Trockenlegung weiter Teile des Aralsees schließlich war kein Betriebs­unfall sowjetischer Wasserbauingenieure, man wollte einfach den Grund des Sees nutzen, um Baumwolle zu pflanzen.22

      Die romantische Vorstellung, dass alles Ursprüngliche irgendwie gut, das Künstliche dagegen schlecht sei, macht heute keinen Sinn mehr. Die letzten naturbelassenen Ökosysteme sind so vollständig von kultivierten Landschaften umgeben, dass es die Wildnis im eigentlichen Sinne nicht mehr gibt.23

      Mittlerweile bewegt der Mensch mehr Masse (Erdreich, Biomasse, Mineralien) als die natürlichen Kräfte von Wind und Wasser zusammen. Der stoffliche Austausch zwischen Mensch und Natur (Metabolismus) ist nicht nur quantitativ angeschwollen. Die Geschichte ist vielmehr durch die Abfolge durchaus verschiedener metabolischer Systeme charakterisiert. Als Jäger und Sammler nutzten die Menschen etwa eine Tonne Natur pro Kopf und Jahr für ihre Ernährung, einfache Behausungen und Waffen. In Agrargesellschaften waren es bereits etwa drei bis fünf Tonnen. Begrenzt wurde die Entwicklung durch einen Mangel an Energie, wie wir noch sehen werden. In Industriegesellschaften schließlich liegt der Naturverbrauch pro Kopf und Jahr um die 50 Tonnen, und dazu kommen dann noch Wasser und Luft.24 Der Footprint wirft ein bezeichnendes Licht auf diese Entwicklung – bis in die Gegenwart hinein.

      In Agrargesellschaften bildete die Landwirtschaft die alles beherrschende Rohstoffbasis der Ökonomie. Sie lieferte nicht nur die Nahrung, sondern auch Fasern wie Wolle, Hanf, Flachs, dazu Öle und Farben, außerdem Felle, Leder und Knochen. Die Landwirtschaft war zudem die wichtigste Quelle der Energie, nämlich in Form von Biomasse, vor allem Holz. Dies war wiederum die Voraussetzung, um mineralische Rohstoffe wie Salz, Keramik, Metalle oder Ziegel zu gewinnen.25

      Holz zu produzieren machte weit weniger Arbeit als der Getreideanbau. Deshalb dachten die Menschen oft, Holz sei ein freies Gut, das nur geerntet, jedoch nicht gepflanzt werden müsste. Aber spätestens, wenn das Holz wieder einmal knapp wurde – in vorindustriellen Zeiten, vor der Entdeckung massiver Fossilenergievorräte, ein häufiges Phänomen –, war klar: Holzfällen „zerstört“ im gleichen Sinne den Wald, wie die Getreideernte ein Weizenfeld „zerstört“. Biomasse zu produzieren braucht Fläche. Und die ist endlich. Unterschiedliche Arten der Nutzung befinden sich daher meist in Konkurrenz zueinander: entweder – oder.

      Für den Bau eines durchschnittlichen Schiffes benötigte man im 18. Jahrhundert das Holz von 20 Hektar Hochwald, also rund 2 000 Bäume, wovon jeder etwa zwei Tonnen wog. Und dann brauchte es 50 bis 80 Jahre, um diesen Bestand wieder aufzuforsten. Ein Schiff beanspruchte damit 20 Hektar für 50 bis 80 Jahre. Es ist daher kein Wunder, dass in England, dem Mutterland der Industrialisierung, zu dieser Zeit weite Teile des Waldbestandes allein für den Schiffbau abgeholzt wurden. Ältere und größere Bäume wurden selten. Das Holz für Schiffsmasten kam zunehmend aus Skandinavien und Russland, während Material für die Planken weiterhin im Inland geschlagen werden konnte.

      Agrargesellschaften waren komplett auf Sonnenenergie angewiesen. Erst später, in agrarindustriellen Systemen, kamen Kunstdünger oder Diesel für den Traktor aus fossilen Quellen hinzu. Solange dies aber nicht geschah, war die Abhängigkeit von der Fläche und vom Sonnenlicht komplett. Wenn Holz knapp wurde, musste man es importieren, nämlich von anderen Flächen. Oder man forstete den Wald wieder auf, dann konnte man dort aber kein Getreide mehr anbauen. Wenn fließendes Wasser genutzt werden sollte, musste man häufig Staudämme anlegen, Wiesen und Felder, die vordem für die Nahrungsmittelproduktion benötigt wurden, standen unter Wasser.

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