Heiße Küsse & eine neue Kulisse. Kathrin Fuhrmann
exorbitant! Darauf sollten wir unser Augenmerk richten, nicht auf …“
„Ab diesem Tag werden Geschäftsberichte nur noch mir ausgehändigt“, überging Angus die Lamenti der Mutter. „Interna werden nicht nach außen getragen und damit das eine klar ist, meine Mutter gilt als Außen! Auch Cornish oder irgendjemand sonst mit dem Namen McLean hat keine Befugnis, auch nur eine simple Information zu bekommen.“
Gesichter entgleisten reihenweise.
„Schön. Kommen wir zu den ersten Schritten der Supervision. Ich werde eine unabhängige Kommission zusammenstellen, die zeitnah beginnen wird, unsere Abläufe zu durchleuchten. Ich erwarte absolute Kooperation! Mr McTiernan, von Ihnen erwarte ich eine lückenlose Aufarbeitung der geschäftlichen Missstände von New Horizon Enterprises bis zum fünfzehnten des nächsten Monats.“
„Angus, auf ein Wort!“, befahl seine Mutter, wobei sie sich effektvoll erhob. Cornish kam an ihrer Seite ebenfalls auf die Füße.
Angus begegnete ihrem Blick mit Gelassenheit. Zumindest dafür waren die Rückschläge der letzten Jahre gut gewesen, er hatte sich endlich abgenabelt. Er verfolgte, wie Ailis hinaussegelte, wartete, bis die Tür zuknallte, und wandte sich dann an die CEOs. „Bisher bekam ich abgespeckte Versionen der Geschäftsberichte, das hat ab sofort ein Ende. Ich möchte eine vertrauensvolle Kooperation aufbauen, dazu sind personelle Veränderungen unabänderlich. Ich muss Sie bitten, Ihren Aufenthalt noch ein paar Tage zu verlängern, ich möchte Gespräche mit jedem von Ihnen führen. Zunächst machen wir eine Stunde Pause.“
Langsam stand Angus auf, schob die Papiere zusammen und klemmte sie sich befreit unter den Arm. Wenn er mit Patrick ebenso leicht alles wieder ins Lot brachte, wären die nötigen Veränderungen zwar schwierig, aber auch zu überstehen!
„Hallo Patrick, entschuldige, ich komme mir schon selbst vor, wie ein Stalker, aber … nein, ich habe keine Entschuldigung dafür.“ Er räusperte sich. „Ich habe nachgedacht und festgestellt, dass ich womöglich zwanghaft versuche, dich festzuhalten. Ich nehme an, dass dich gerade dieses Klammern von mir wegstößt. Ich weiß nicht genau, wie ich dagegen angehen soll, aber ich suche nach Möglichkeiten, das wollte ich dir sagen. Ich bemühe mich, mich zu ändern. Ich werde eine Weile auf Highcomb sein, also erreichst du mich mühelos über das Mobiltelefon. Ich hoffe, es geht dir gut. Ich liebe dich, bis dann.“
Angus legte auf. Sein Daumen zitterte, aber er schob es gleich beiseite. Er musste etwas ändern, sonst hatte er keine Chance, also atmete er tief durch und steckte das Telefon ein.
Er hatte eine alte Freundin zu sich gebeten, von der er hoffte, dass sie ihm weiterhalf. Fiona war ihm bereits gemeldet worden, also musste er sich nur auf den Weg machen. Obwohl es sicher nicht nötig war, warf er noch einen schnellen Blick in den Spiegel, um seine Erscheinung zu prüfen. Anders als auf Garbh musste er sich hier um sein Aussehen kümmern, was einer der Gründe gewesen war, Highcomb nach dem desaströsen Ende seiner Ehe den Rücken zu kehren. Er zupfte sich die roten Strähnen zurecht, die ihm in die Stirn hingen, und straffte die Schultern. Sogleich fielen sie wieder, als drückte eine unsichtbare Last auf ihn herab. Das war der schwierige Part, er musste den Schein waren, er durfte niemandem seine Verletzbarkeit offenbaren, dem er nicht im tiefsten Herzen vertraute, aber so eine Person gab es auf Highcomb nicht. Hier lauerte nur Verrat und Betrug.
Angus streckte sich erneut, bevor er losstampfte. Er wollte es als eine Aufgabe betrachten, die der Prinz erfüllen musste, um seine Prinzessin zu sehen, obwohl Patrick von der Allegorie sicherlich nicht begeistert wäre. Er grinste, weil ihm das hübsche Gesicht seines Liebsten direkt vor Augen stand. Patrick würde ihn grummelnd zurechtweisen, dass er keine Prinzessin sei, sondern ein Mann. Ein richtiger Mann …
Der Weg zum Salon verging in süßer Reminiszenz und so grinste Angus noch immer glücklich, als er in den Raum trat. Fiona stand an der Fensterfront und drehte sich zu ihm um. Sie war, wie er, Anfang vierzig und hatte sich erstaunlich gut gehalten. Ihr Haar schimmerte in einem tiefen Braunton und fiel ihr offen über den Rücken. Lediglich einige Spangen hielten die Flut zurück, damit man ihr edles Gesicht bewundern konnte. Sie trug kein Make-up, was sie auch nicht nötig hatte. Ein Hauch Röte lag auf ihren Wangen und spiegelte sich auf ihren Lippen.
„Angus!“ Sie flog förmlich durch den Raum und nahm ihn liebevoll in den Arm. „Mein Lieber!“ Sie drückte ihn enthusiastisch, wodurch er mehr von ihrem Körper spürte, als ihm lieb war, aber anders kannte er Fiona nun mal nicht. Sie trug das Herz auf der Zunge und ihre Zuneigung offen zur Schau. „Mein lieber, lieber …“
„Hallo, Fiona.“ Er erwiderte die Umarmung herzlich. „Schön, dass du Zeit für mich gefunden hast.“
„Immer!“, schwor sie. Fiona drückte sich leicht von ihm fort, als sei er es, der die Umarmung aufrechterhielt und nicht sie. „Du siehst abgespannt aus, alles in Ordnung bei dir?“
Angus erlaubte sich, die Maske fallen zu lassen, und ein bitteres Lächeln flackerte auf. „Nein, aber wann war das auch je der Fall?“
„Nie!“, bestätigte sie mit Pathos. „Du machst dir das Leben einfach gerne schwer!“
Das sah er zwar anders, aber ausdiskutieren wollte er das zu diesem Zeitpunkt auch nicht.
„Wann treffe ich endlich dein Herzblatt? Ich muss gestehen, dass ich es kaum erwarten kann, vor dem sagenhaften …“ Sie brach ab. Ein Runzeln formte sich auf ihrer Stirn, das von einem Aha abgelöst wurde. Das fröhliche Lächeln war zurück. „Du hast mir anscheinend einiges zu erzählen!“
„Ich hoffe, es ist dir recht, dass ich meinen Frust bei dir ablade.“
„Sonst hast du ja niemanden.“ Sie nickte, wobei sie ihn losließ und einen Schritt zurücktrat. Sie waren gleichgroß, wodurch sie sich geradewegs in die Augen schauen konnten. „Es ist merkwürdig, wieder hier zu sein.“
Angus bestätigte es. „Es hat sich nichts geändert, und doch alles.“
Sie nickte bedächtig. „Ich nehme an, wir werden einen Ausflug machen?“
Sie kannte ihn zu gut. Angus grinste müde. „Wenn es dir recht ist.“
„Segeln?“
Er zuckte die Achseln. „Der einzige Ort …“ An dem er sich sicher fühlte. Fiona nickte bereits, schließlich wusste sie von all seinen Dämonen.
„Nun, worauf warten wir?“ Sie hängte sich bei ihm ein und zog ihn bereits Richtung Tür.
„Ich habe mir den Nachmittag freigenommen, obwohl das Haus vor Vorstandsmitgliedern nahezu platzt.“
Fiona sah zu ihm, eine tiefe Furche auf ihrer Stirn bezeugte ihre Irritation. „Nanu?“
„Es ist an der Zeit, dass sich einiges ändert.“
Fiona nickte wieder. „Du brauchst meinen Rat, hm?“
„Ja.“ So, wie sie es ihm schon vor Jahren prophezeit hatte. „Ich stehe am Scheideweg und muss mich wohl entscheiden.“
„Einsamer Eremit oder Leiter eines internationalen Imperiums …“, soufflierte sie mit einem hypnotischen Singsang in der Stimme.
„Wenn es nur das wäre, Fiona. Ohne die Firma könnte ich hervorragend leben.“ Und sicher käme es Patrick auch gelegen, wenn er kein Vermögen besäße und gar nicht in die Verlegenheit käme, dem Liebsten ein Geschenk zu machen.
„Ja, du machst dich gut als Eremit.“ Sie lachte melodisch auf. „Und es ist auch eine verführerische Vorstellung alles und jedem entsagen zu können.“
„Ja.“
„Aber sie ist nicht gut durchdacht.“
„Nein“, gab Angus zu. „Die Einsamkeit nimmt irgendwann überhand.“
„Und Sehnsüchte formen sich …“
„Anscheinend brauche ich dir nichts mehr zu erzählen.“ Angus schob die Tür auf und ließ ihr galant den Vortritt.
„Nanu!“ Ailis