Heiße Küsse & eine neue Kulisse. Kathrin Fuhrmann

Heiße Küsse & eine neue Kulisse - Kathrin Fuhrmann


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seine Mimik. „Das ist genau der Punkt, Mutter, den du nicht verstehen willst. Ich befinde mich auf keinem Abweg! Ich bin schwul! Ich liebe Patrick, und ich gebe eher die Firma und dieses Drecksloch hier und jede verfluchte Person in meinem Stammbaum auf als ihn!“ Er ließ sie stehen, stürmte blind einfach davon, um sich in irgendeinem nie genutzten Raum zu verstecken. Er riss an der Klinke und schleuderte die Tür hinter sich zu. Der Knall sperrte ihn wirkungsvoller ein, als es jede Steinmauer konnte.

      Angus rieb sich unauffällig die Schläfe. Sein Schädel drohte zu platzen, schließlich hatte er die letzte Nacht trinkend zugebracht, um sich über die Aussicht hinwegzutrösten, Patrick für immer verloren zu haben. Es hatte nicht einmal geholfen und ihn lediglich in Schwierigkeiten gebracht, war seine Fahne doch jedem direkt aufgefallen. Schön, womöglich war es nicht seinem Mundgeruch geschuldet, sondern seinen blutunterlaufenden Augen und seiner zerknitterten Kleidung, aber er hatte eben seinen Rausch ausschlafen müssen und war demnach zu spät zur Besprechung erschienen, die ungewöhnlicherweise auf Highcomb stattfand und nicht in den eigentlichen Firmensitzen.

      Ailis maß ihn mit unzufriedenen Blicken, Cornish mit höhnischen und der extra angereiste Vorstand, bestehend aus den drei CEOs der drei Branchen seiner Unternehmenskette, mit deutlicher Irritation.

      „Wir müssen das Label abstoßen“, beschied seine Mutter fest, was direkt Widerwillen in ihm auslöste, auch wenn er der Ausführung des vorläufigen Geschäftsberichtes nicht gefolgt war.

      „Werden wir nicht“, widersprach er, wobei seine krächzende Stimme sicherlich nicht zu verstehen war.

      Ethan McTiernan räusperte sich, wobei er Ailis einen Blick zuwarf, der um Unterstützung bat. „Mr McLean, wie ich bereits ausführlich darlegte …“

      „Sind Sie ein stümperhafter Geschäftsführer ohne Sinn oder Verständnis für das Produkt. Ja, soweit konnte ich mühelos folgen!“ Sein Bellen kratzte in seinem Hals und ließ ihn weiter husten. Aus dem Nichts tauchte ein Glas Wasser neben ihm auf, aus dem er schnell einige Schlucke nahm, um den Reiz zu lindern. „Tabadh leibh.“

      „Angus, du bist voreingenommen“, mahnte seine Mutter streng. „Uns ist bewusst, wie sehr dir die Sparte am Herzen liegt, aber es ist offensichtlich, dass du dich damit übernommen hast.“ Ailis seufzte gestellt und faltete die langen, schmalen Finger vor sich auf dem Tisch. „Noch lässt sich das Kerngeschäft abstoßen und die Einbußen überschaubar halten.“

      Angus bedachte sie mit einem Blick, der töten sollte. „Mir ist bewusst, wie gern du mir mein Spielzeug wegnimmst, Mutter, aber eine Firma hat keinen eigenen Willen und verschwindet von selbst!“ Wie Patrick, weil er einfach alles in den falschen Hals bekam. Angus räusperte sich, wobei er die Lider senkte und sich mit beiden Händen fest über das Gesicht rieb. „Geben Sie mir die verdammten Berichte, ich werde sie prüfen.“ Und dann entscheiden, wie mit seinem Modelabel zu verfahren wäre. Eine zweite Schicht Eis legte sich um sein Herz. Sollte er tatsächlich alles verlieren, was ihm wichtig war?

      McTiernan zögerte, was Angus aufblicken ließ. Dadurch bekam er die stumme Kommunikation mit Ailis mit. Es war sicherlich nicht das erste Mal, dass sie sich ansahen und mehr zu sagen schienen, als in ihren Worten Platz fand, aber nun erst sickerte eine mögliche Bedeutung zu ihm durch.

      Er versteifte sich und ballte die Fäuste. Ein Komplott? Ailis hatte nie ein gutes Haar an McFarran gelassen, weder an dem Designer an sich noch an dessen Modelinie. Hatte sie womöglich ihre Finger im Spiel? Er beschloss, es nicht bloß bei der Prüfung der Unterlagen zu belassen, sondern sich intensiver mit den realen Hintergründen zu beschäftigen.

      „Mr McTiernan, die Unterlagen.“

      Der Geschäftsführer rieb die Hände aneinander. „Ich schicke sie Ihnen.“

      „Ich möchte sie sofort haben.“ Angus befeuchtete sich die Kehle, indem er das Glas leerte. „Und wir unterbrechen hier, bis ich einen Überblick habe.“ Um den zu erwartenden Widerspruch abzuwürgen, stand er auf. „Geben Sie mir die Unterlagen.“

      McTiernan schob ihm seinen Ordner zu, der niemals alle Daten beinhalten konnte, aber trotzdem ein guter Ausgangspunkt war, um sich einzuarbeiten.

      „Angus, die Herrschaften sind aus London und Edinburgh angereist, um …“ Natürlich riss Ailis das Wort an sich. Er umrundete dennoch den Tisch und blieb neben der Mutter stehen, die zumindest die Güte hatte, zu ihm aufzublicken. Sie hob ihre schmalen, geschwungenen Brauen. „… schnelle Anweisungen zu bekommen und nicht, um vertröstet zu werden.“

      „Das mag so sein, aber ich werde keine Entscheidung treffen, ohne sie zu überdenken.“ Er legte so viel Entschlusskraft in seine Stimme, wie es ihm im Anbetracht seiner Verfassung möglich war. „Habe ich mich klar ausgedrückt, Ailis?“

      Sie lächelte nachsichtig. „Ach mein Lieber“, flötete sie, wobei sie auf die Füße kam und die Hand nach ihm ausstreckte. Ihre Fingerspitzen strichen über seine Wange in Andeutung einer zärtlichen Geste, jedoch fühlte es sich ganz und gar nicht danach an. Für ihn war es eine Brandmarkung, denn es diente lediglich dem Zweck, allen im Raum zu zeigen, welche Stellung er einnahm. Angus fing ihre Finger auf und schob sie leicht von sich.

      „Die Sitzung wird unterbrochen.“ Angus ließ sie stehen.

      „Meine Herren, entschuldigen Sie meinen Sohn, er hat eine schwere Trennung hinter sich.“ Sie klang deutlich zu fröhlich. „Ich sorge dafür, dass die richtige Entscheidung getroffen wird.“

      Obwohl Angus einen Vorsprung hatte, holte Ailis ihn mühelos ein.

      „Angus!“, herrschte sie ihn an. „Du bist eine Schande!“

      „Es ist eine Schande, wie ich hier behandelt werde, Mutter!“ Er konfrontierte sie mitten im Gang. „Ich bin kein Kind mehr, sondern der Herr im Haus! Daingead! Ich lasse mich von dir nicht mehr bevormunden. Ich treffe die Entscheidungen. Geschäftlich, privat, ganz gleich worum es sich handelt, es steht mir zu. Sollte ich deinen Rat wollen, frage ich, ansonsten halte dich raus. Ich werde mich nun mit New Horizon Enterprises und der Frage beschäftigen, warum das Unternehmen nicht meinen Prognosen entspricht.“

      Ailis hatte bei seinem Ausbruch lediglich die Augen verengt, nun legte sie zudem den Kopf schräg und faltete die Hände vor dem Bauch. „Du möchtest wichtige Entscheidungen treffen? Wie? Du bist nicht in der Lage, irgendeinen Aspekt deines Lebens mit dem nötigen Abstand zu betrachten. New Horizon Enterprises ist dafür der beste Beweis. Du hast eine Passion zu einem Geschäft gemacht und erwartest, dass es Profit abwirft!“ Sie schüttelte sacht den Kopf. „Das ist ein Kardinalfehler, mein Lieber!“

      War das tatsächlich eine Lektion, die er zu lernen hatte? Dass man Herz und Geschäft trennen musste?

      Kapitel 5

      Patrick ließ sich auf den Sitz fallen und zog die Kappe tiefer in die Stirn, bevor er die Sonnenbrille abnahm. Die Reise war bis jetzt die reinste Hölle gewesen. Nein, bestimmt war es einfacher dort zu landen als in New York. Er hatte drei Stunden gebraucht, um nach Edinburgh zu kommen. Dort hatte er bei seinem Glück knapp einen Flug verpasst. Einen weiteren hatte es nicht mehr gegeben, weshalb er in Edinburgh hatte übernachten müssen.

      Auch wenn er jetzt endlich in einem Flugzeug Richtung Heimat saß, stand ihm noch einiges bevor. Fünfunddreißig Stunden waren für den Flug angesetzt. Auf die Zwischenlandung in Istanbul freute er sich nicht. Warum war Angus nur im Nirgendwo aufgewachsen?

      Es dauerte nicht lange, bis die Stewardess neben ihm stehen blieb und auf ihn herunterlächelte. Am Ausdruck in ihren Augen konnte er erkennen, dass sie genau wusste, wenn sie vor sich hatte.

      „Ich wünsche Ihnen einen guten Flug. Sollten Sie irgendetwas benötigen, wenden Sie sich gerne an mich. Ich stehe ganz zu Ihrer Verfügung.

      Er nickte. „Vielen Dank. Ich bin hier ganz zufrieden.“ Als die Stewardess sich um den nächsten Fluggast kümmerte, atmete er erleichtert auf.

      „Wusste ich es doch!“, jubelte die Frau auf dem Sitz neben ihm. „Schon als Sie eingestiegen sind, kamen Sie mir sofort bekannt vor. Sie


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