Heiße Küsse & eine neue Kulisse. Kathrin Fuhrmann
schon dutzende dieser Blicke überstanden. Patrick war schließlich alles andere als ein stetig frohgelaunter Sonnenschein.
„Wir haben darüber gesprochen, dass du deinen Weg allein gehen möchtest, das habe ich nicht vergessen.“
„Du machst es gerade schlimmer, das ist dir hoffentlich bewusst!“, sagte er schroff, wobei er sich wieder dem Packen widmete.
„Ich bin anderer Meinung.“
Patrick stopfte die Schutzhülle in die Ritzen, ohne ihn weiter zu beachten. „Natürlich bist du anderer Meinung, und du weißt es natürlich besser als ich Dummkopf.“
Angus atmete tief ein. „Ich halte dich weder für einen Dummkopf noch für ein unmündiges Kind.“ Er musste sich hart zurücknehmen, um ruhig und aufgeschlossen zu bleiben und nicht ebenfalls zu einem Rundumschlag auszuholen. Warum musste der Geliebte sich auch aufführen … wie ein trotziges Kind?
Angus biss sich auf die Lippe. Besser, er hielt besonders diese Anklage zurück, sonst eskalierte die Situation unter Garantie.
„Ich versuche, mich deinen Vorstellungen entsprechend anzupassen, so schwer es mir auch fällt.“ Besser, beschied Angus, auch wenn sich Patricks angespannte Statur weiterhin mit seiner Wäsche beschäftigte und nicht mit ihm.
„Jetzt bin ich derjenige, der sich nicht kompromissbereit zeigt?“, knirschte der, wobei die Worte beinahe vom Zuschlagen des Hartschalenkoffers verdeckt wurden.
Ein weiteres Räuspern war angebracht. Angus kaufte sich damit Zeit und Gelassenheit. Dieses Thema sollte besser an einem anderen Tag noch einmal aufgegriffen werden. Einem, an dem sein Partner nicht bereits bis unter den Haaransatz dampfte.
„Könnten wir bei diesem einen Punkt bleiben und nicht alles durcheinanderwerfen?“
Patricks Blick durchbohrte Angus’ Herz.
„Ich liebe dich und ich akzeptiere, dass du deinen Stolz wahren möchtest, indem du …“
„Stolz?“, blaffte Patrick. „Es ist doch selbstverständlich, dass man aufgrund seiner Leistung einen Job erhält und nicht, weil man sich den passenden Liebhaber genommen hat!“
Seine Worte waren noch schneidender als seine Blicke. Angus atmete den Schmerz weg, in der Hoffnung, dass sie sich dadurch beide beruhigen konnten.
„Ich möchte mich nicht streiten, Patrick, sondern erklären, wie dieses Telefongespräch zustande kam.“ Angus wischte sich unauffällig die Hände ab.
„Das kann ich mir denken! Sicherlich hast du Kelly Pearson angerufen, die nun ein neues Projekt betreut und …“
„Eben nicht“, unterbrach Angus schnell. Er ging tiefer in den Raum hinein, um Patrick den Weg abzuschneiden. Der hatte seinen Koffer vom Bett gehievt und war bereit, das Zimmer zu verlassen. „Er hat mir eine Nachricht hinterlassen, da er weiß, dass ich auf Garbh schlecht zu erreichen bin. Das Projekt, an dem er arbeitet …“
„Ist mir scheißegal.“
Angus stieß den Atem aus. Er stand hier auf absolut verlorenem Posten und ganz gleich was er sagte, es drang nicht zu seinem Liebsten durch. Und dabei behauptete Patrick stets, er sei stur!
„Du solltest dein Abendessen nicht ausfallen lassen, um möglichst schnell von mir fortzukommen.“ Angus räumte den Weg und deutete zur Tür. „Du kannst die Limousine nehmen. Der nächstgelegene Flughafen ist Edinburgh. Brauchst du …“
Patricks giftiger Blick ließ ihn abbrechen und die Hände heben. „Ich halte jetzt einfach den Mund.“ Es war schwierig, jemanden nicht wie ein Kind zu behandeln, der sich wie eines aufführte.
Patrick stapfte durch den Wohnbereich, dann durch den Flur. Erst als sie im Erdgeschoss angekommen waren, wandte er sich an Angus.
„Ich bin zwar hungrig, bekomme jetzt aber nichts heruntergewürgt. Es ist besser, wenn ich gleich fahre.“
Angus nickte, auch wenn es ihm schwerfiel, diese Entscheidung zu akzeptieren. „Ich werde dich vermissen.“
Patrick nickte. Sein Blick huschte von einer Seite zur anderen und übersprang Angus dabei geflissentlich.
„Ich nehme an, du hast dir ein Taxi gerufen?“
Endlich erhaschte Angus die volle Aufmerksamkeit des Geliebten. „Ich bin in der Lage, mir selbstständig …“
Der Rest ging in Angus’ Seufzen unter.
Patrick presste die Lippen aufeinander. Sein schönes Gesicht wirkte dabei wie aus Stein gemeißelt.
„Ich nehme an, ich frage besser nicht, wohin es dich verschlagen wird, sonst hältst du mir meine Eifersucht wieder vor.“ Angus zuckte die Achseln. „Darf ich dich anrufen oder ist es dann wieder meine Kontrollsucht, die durchschlägt?“
„Ich übertreibe nicht!“, knirschte Patrick siedend. „Hör auf, mich hinzustellen, als …“
„Angus!“ Die klirrende Stimme seiner Mutter ließ ihn zusammenzucken und Patrick gleich mit. Allerdings straffte der sich gleich wieder und nickte Ailis zu.
„Mrs McLean, ich fürchte; ich muss mich verabschieden.“
Wie erwartet ignorierte sie ihn. „Warum lässt du uns warten, um öffentlich deine dreckige Wäsche zu waschen?“
Angus atmete tief ein. Dies war ein rabenschwarzer Tag, und er wusste einfach nicht, wie er ihn noch herumreißen sollte. „Ich verabschiede lediglich meinen Lebenspartner, der unglücklicherweise frühzeitig fortgerufen wurde.“
„Ja. Leider.“ Patrick klang absolut unglaubwürdig und wurde immer noch ignoriert.
„Man kann dich den ganzen Flur entlang hören. Ich werde mich nun zu Tisch begeben, begleite mich.“ Es klang so, wie es gemeint war: als Befehl.
Es klingelte, was lediglich Patrick aus dem Moment riss und in Bewegung setzte.
Ailis verdrehte die Augen, als er die Tür öffnete. „Du bist wie dein Vater, Angus, er konnte seine Finger auch nicht von billigen Flittchen lassen.“ Sie schüttelte mit deutlichem Abscheu in der starren Miene den Kopf, wobei ihr Blick über Patrick glitt, als sei er lediglich die Hinterlassenschaft eines räudigen Köters.
Angus musste die Zähne fest aufeinanderbeißen, um sich im Zaum zu halten. Zu gerne hätte er sie niedergebrüllt, denn ihre Worte waren selbst in der riesigen Eingangshalle bis in den letzten Winkel zu hören gewesen. Patrick sah ihn an, das konnte er spüren, nur wusste Angus nicht, wie er für den Geliebten passend reagieren sollte. Dieser bösen Beleidigung musste er doch vehement begegnen. Er musste seine Mutter doch in die Schranken weisen, dann jedoch war es Patricks Argumentation zufolge nicht an ihm, dessen Ansehen zu verteidigen.
„Glaube mir, das Beste, was dir passieren kann, ist, dass er dorthin verschwindet, wo er hergekommen ist. Diese Menschen …“
Angus drehte sich, um den Blick des Geliebten aufzufangen. „Wirst du irgendetwas sagen?“
„Auf Wiedersehen, Mrs McLean. Angus, entschuldige mich bitte bei deiner Großmutter und deinem Cousin.“
Angus entwich der Atem. Alles an Patrick sprach von seinem Ärger, auch wenn er völlig gleichgültig klang. Ein kalter Schauer wusch über seinen Rücken und ein Eisenring legte sich fest um seine Brust. Der Name kam nur als ein tonloses Wispern über seine Lippen, als Patrick sich abwandte und durch die Haustür trat, die er dann hinter sich zuzog. Angus explodierte.
„Daingead, Mutter! Ist dir in den Sinn gekommen, dass ich diesen Mann lieben könnte? Dass er kein Zeitvertreib für mich ist, sondern die Person, die ich in guten sowie schlechten Tagen an meiner Seite sehen möchte, ganz gleich was uns trennt oder verbindet?“ Er schnaufte, die Hände geballt und an der Seite haltend, um sie nicht um den schlanken Hals der Mutter zu legen und womöglich mit aller Kraft zuzudrücken.
Ailis lachte auf. Es war ein glockenheller Laut, der zu überrascht klang, um gestellt zu sein. Sie legte ihm