Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg
und die Nachrichten kamen. Nachrichten aus aller Welt, die an seinen Ohren vorüberrauschten, bis er dann emporgeschreckt wurde durch seinen eigenen Namen.
»Das Unglück ereignete sich auf der Autobahn. Erst jetzt konnte der Unglücksfahrer, der anscheinend die Gewalt über seinen schnellen Sportwagen verloren hatte, identifiziert werden. Es handelt sich um den Sohn des Großindustriellen Wellinger.«
Obgleich Karl Friedrich Wellinger die französische Sprache gut beherrschte, hatte er nicht alles verstanden. Er hatte ja auch nicht aufmerksam zugehört, weil er nicht ahnen konnte, was er da hören würde.
Jetzt sprang er auf. Ein paar Minuten lief er durch den Raum. Dann griff er zum Telefon und bat den Hoteldirektor zu sich.
Der kam sofort, und man sah es ihm an, daß er die Nachrichten ebenfalls gehört hatte.
Er drückte höflich, aber doch reserviert sein Bedauern aus, und er war sichtlich erstaunt, als sein prominenter Gast ruhig sagte, daß er doch bitte genaue Informationen über den Unfallvorgang in Erfahrung bringen möge.
»Ich werde mich bemühen«, sagte er.
»Man wird mich informieren wollen. Sagen Sie bitte, daß ich hier zu erreichen bin«, entgegnete Karl Friedrich Wellinger.
In der Oper hatte man keine Nachrichten gehört. Da stand Georgia im Mittelpunkt, und sie wurde von Fragen bestürmt, warum sie von der Bühne Abschied nehmen wolle.
»Ich werde heiraten und mich ins Privatleben zurückziehen«, erklärte sie lächelnd. Sie war die Ruhe selbst und erklärte sich auch zu einem Interview bereit.
Dann entdeckte sie Pierre Montand. Sie ging auf ihn zu. Ein nervöses Zucken lief über sein Gesicht. Er vemeigte sich tief.
»Ich habe sehr gehofft, Sie kurz sprechen zu dürfen«, sagte er leise.
»Warten Sie nachher bitte draußen auf mich«, bat Georgia. »Ich möchte Sie auch sprechen.«
Und sie war froh, als sie den Reportern endlich entkommen konnte. Jetzt genoß sie es nicht mehr, berühmt zu sein. Sie wollte ihre Ruhe haben. Es bereitete ihr Genugtuung, jetzt abtreten zu können. Als sie gesagt hatte, daß sie Karl Friedrich Wellinger heiraten würde, hatte sie sich an der Sprachlosigkeit der Frager weiden können. Pierre Montand hatte es nicht gehört, sonst hätte er wohl die Flucht ergriffen.
Er wartete draußen, bescheiden und zurückhaltend, und er war maßlos überrascht, als Georgia seinen Arm ergriff und ihn zum Taxi dirigierte.
»Ich möchte Sie bitten, mich ins Hotel zu begleiten, Pierre«, sagte sie freundlich. »Mein zukünftiger Mann möchte Sie kennenlernen.«
»Mich? Warum mich?« fragte er konsterniert.
»Mein zukünftiger Mann heißt Karl Friedrich Wellinger«, erwiderte sie mit einem feinen Lächeln.
»Mon dieu«, rief er aus. »Oh, ich möchte nicht…«
»Sie haben nichts zu befürchten, Pierre, gar nichts«, sagte Georgia sanft.
»Christoph hat mit mir gesprochen«. murmelte Pierre. »Es war unerfreulich. Die Ähnlichkeit mit mir hat ihn aggressiv gemacht.«
»Das kann ich mir denken«, sagte Georgia ernst. »Aber ich mußte es ihm sagen, Pierre. Aus ganz bestimmten Gründen mußte ich das leider tun.«
»Weil Sie seinen Vater heiraten wollen«, murmelte er.
»Das hat sich aus einem anderen Anlaß ergeben. Ich gestehe gern ein, daß aus einer scheußlichen Geschichte für mich das große Glück erwuchs. Ich bin dem Mann begegnet, mit dem ich gern noch möglichst lange mein Leben teilen möchte.«
»Dann freue ich mich für Sie, Georgia. und auch für ihn«, sagte Pierre leise. »So wird er für manches, was er ertragen mußte, reich entschädigt.«
Georgia sah ihn lange an. So ähnlich er Christoph auch war, er wirkte sympathischer. Vielleicht ändert sich Christoph doch noch, dachte sie, nicht ahnend, mit welcher Nachricht sie und Pierre empfangen werden würden.
Karl Friedrich Wellinger platzte damit nicht gleich heraus. Georgia sah ihm nur an, daß etwas ihn sehr beschäftigte.
»Ich bringe dir Pierre Montand, Frieder«, sagte sie verhalten.
»Danke, daß Sie gekommen sind«, sagte Karl Friedrich und maß Pierre Montand mit einem langen Blick. »Ich habe gerade die Radionachricht bestätigt bekommen, daß Christoph bei einem Autounfall, den er selbst verursacht hat, ums Leben gekommen ist.«
Lähmendes Schweigen herrschte darauf. Georgia griff unwillkürlich nach Karl Friedrichs Hand, und er umschloß ihre mit festem Druck.
»Die Lösung unserer Probleme«, sagte er rauh. »Der Rest ist Schweigen.« Er sah Pierre jetzt an. »Oder denken Sie anders, Monsleur Montand?«
»Was soll ich sagen«, murmelte Pierre. »Mich für Vergangenes entschuldigen…«
»Bitte nicht«, fiel ihm Karl Friedrich ins Wort. »Sie tragen wohl schwerer daran als ich. Mag es auch hart klingen, es bereitet mir Genugtuung, daß ich nicht sein Vater bin. Ohne dies zu wissen, war mein Bemühen vergeblich, ihm ein Vater zu sein. Er war ganz der Sohn seiner Mutter, so ähnlich er Ihnen auch äußerlich wurde. Wirklich erstaunlich, diese Ähnlichkeit. Überzeugender kann sonst nichts sein.« Er machte eine kleine Pause, und Pierre zeigte schon, daß er gehen wollte. Doch Karl Friedrich Wellinger hielt ihn zurück.
»Immerhin haben Sie einen Anspruch auf seinen Nachlaß. Allzuviel wird vom Vermögen seiner Mutter nicht mehr übrig sein, aber ich werde dafür sorgen, daß Sie es bekommen.«
»Bitte nicht«, wehrte Pierre verlegen ab.
»Ich will es nicht haben, schon gar nicht brauchen wir es«, sagte Wellinger »sie haben Familie, wie ich hörte.«
»Ich möchte sagen, daß ich hier mit Christoph gesprochen habe, und was er sagte, hat keine gute Erinnerung in mir hinterlassen. Wir kommen zurecht, und ich möchte nichts nehmen, was ihm gehörte oder Vera. Damals, das war für mich kein Abenteuer, aber ich war auch jung und unüberlegt, und sie hat mich ausgelacht, als ich sie bat, mich zu heiraten. Das muß ich jetzt sagen. Nein, ich nehme nichts, Monsieur Wellinger. Ich bin dankbar, daß ich in Ihren Augen nicht Haß und Verachtung lese.«
»Mein Gott. Ich hätte mit Freuden die Hälfte meines Vermögens gegeben, wenn ich die Wahrheit gewußt hätte. Sie haben Kinder, Pierre.«
Überrascht blickte der andere auf, weil er mit seinem Vornamen angesprochen wurde.
»Ja, drei liebe Kinder. Und ich führe eine glückliche Ehe. Ich bin dankbar, daß unser Familienleben nicht gestört wird. Ja, dafür bin ich letztendlich dankbar, so schrecklich auch das andere ist.«
»Er war ein Mensch, dem nichts heilig war«, sagte Karl Friedrich Wellinger hart. »Er wollte zerstören, und nur ein gütiges Geschick bewahrte andere davor, nicht auch sterben zu müssen, bei dieser Todesfahrt. Mir wurde berichtet, daß er raste, als sei er von Sinnen. Vielleicht war er das auch. Ich will Ihnen wirklich nichts aufdrängen, was Sie nicht haben wollen, Pierre, aber wenn Sie doch einmal Hilfe brauchen, kommen Sie zu uns.«
»Ja, bitte, Pierre«, sagte Georgia.
»Ich danke Ihnen, Ihnen beiden«, sagte Pierre bebend. »Ich wünsche Ihnen alles Glück der Welt.« Dann küßte er Georgia die Hand und verneigte sich tief vor Karl Friedrich, der sich mit einem festen Händedruck von ihm verabschiedete.
»Armer Mann«, sagte er leise, als Pierre gegangen war, »und doch kann er von Glück sagen, daß er nicht sein Leben mit Vera und Christoph teilen mußte.«
»Vielleicht bin ich schuld, daß Christoph von Sinnen war«, sagte Georgia gedankenvoll.
»Du? Er ist an allem schuld. Er hat sich alles selbst zuzuschreiben. Dieses wilde Leben, diese Verantwortungslosigkeit. Denk jetzt lieber an lsabel. Solches kann er nun keinem unschuldigen Mädchen mehr antun, die auf seine schönen Worte hereinfielen. Möge Gott mir verzeihen, aber