Feuerjäger: Sammelband. Susanne Pavlovic

Feuerjäger: Sammelband - Susanne Pavlovic


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es töricht ist, sich in Sicherheit zu wiegen.«

      »Ich bitte Euch, uns zu berichten, was Ihr über das Artefakt wisst«, sagte Nardon.

      »Warum sollte ich das tun?«, fragte Gendig und blinzelte.

      »Äh«, sagte Nardon verwirrt. »Wie bitte? Ich verstehe nicht …«

      »Wie soll ich wissen, dass Ihr vertrauenswürdig seid? Ich trage eine Verantwortung. Seid Ihr vom Arkanen Rat beauftragt?«

      »Nein«, sagte Nardon. »Müssen wir das sein? Mein Auftraggeber ist Blakkur von Erin, der ehrwürdige Abt des Klosters des Gròr auf der Insel der Stürme. Auch dort hat die fragliche Person erheblichen Schaden angerichtet und ein ähnliches Artefakt entwendet.«

      »Ich kenne diesen Abt nicht«, sagte Gendig. »Ich weiß nicht einmal, ob er existiert.«

      Der junge Zwerg hob in hilfloser Geste die Hände und ließ sie wieder fallen. »Was kann ich tun, um Euch von unserer Vertrauenswürdigkeit zu überzeugen? Lasst uns nicht einfach so wieder abreisen. Bitte.«

      Eine weitere Gestalt näherte sich, eine menschliche Frau, sie war dunkel gekleidet und trug ein Schwert an der Seite, auf dem ihre Hand ruhte.

      »Gibt es ein Problem?«, erkundigte sie sich. Gendig fand, es klang ein wenig drohend.

      »Keines, auf das wir deine Methoden anwenden wollen«, sagte Nardon entschieden. »Halte dich zurück, bitte.«

      »Ich habe mich auch vorhin zurückgehalten«, sagte die Kriegerin gereizt.

      »Wir diskutieren das später«, sagte der Zwerg.

      »Was erwartest du?«, fauchte die Kriegerin. »Ich reite mir doch keine Schwielen an den Hintern, nur um mir dann von irgend so einer Trulla anzuhören, dass ich den Weg umsonst gemacht habe, weil der Ehrwürdige Runenmeister keinen Besuch empfängt!«

      »Wir sprachen mit Eurer Tochter«, erklärte Pintel und lächelte entschuldigend. »Sie meinte, es sei zu viel der Aufregung für Euch, uns zu empfangen. Ich bin sicher, sie hat es gut gemeint, nur konnten wir ihr die Dringlichkeit unserer Mission nicht verständlich machen. Nun, es kann sein, dass sie etwas schlecht auf uns zu sprechen ist, denn nach einer Weile hat die Dame hier -«, er deutete auf die Kriegerin – »sagen wir, sie hat ein wenig die Beherrschung verloren …«

      Die Kriegerin schnaubte und wandte sich ab.

      »Aber es kam niemand zu Schaden«, versicherte Pintel eilig. »Es flogen nur einige unschöne Ausdrücke hin und her. Zum Glück kam Euer Schwiegersohn dazu und hat uns Euren Aufenthaltsort verraten, wodurch uns allen Schlimmeres erspart blieb.«

      »So, so«, sagte Gendig amüsiert. »Sie meint es oftmals zu gut, meine Tochter. Ich weiß.«

      »Und jetzt?« Pintel hoppelte unruhig von einem Fuß auf den anderen. »Was machen wir? Könnt Ihr nicht in unsere Köpfe hinein schauen oder etwas in der Art?«

      »Ich könnte wohl«, sagte Gendig mit milder Überraschung. »Ich verfüge über solche Zauber, auch wenn ich sie sehr lange nicht mehr angewendet habe. Sie erfreuen sich aber geringer Beliebtheit bei denen, auf die sie angewendet werden.«

      »Wieso?«, fragte Pintel. »Kriegt man Kopfweh davon?«

      »Das nicht«, sagte Gendig. »Aber es gibt in den Köpfen viel, das nicht für die Öffentlichkeit bestimmt ist, auch wenn es ganz harmlos ist, und ich sehe alles.«

      »Das macht nichts«, sagte Pintel. »Bitte sehr. Mein Kopf steht Euch zur Verfügung.«

      »Bist du sicher?« Die Kriegerin warf dem alten Zwerg einen misstrauischen Blick zu. »Wer weiß, was er da drin durcheinanderbringt.«

      »Die Chance, dass er ein wenig Ordnung schafft, ist größer«, sagte Nardon mit leichtem Lächeln.

      »Also gut«, sagte Gendig. »Ich nehme das Angebot an. Jolnir, pass gut auf.«

      Der junge Zwerg, der die Geschehnisse aufmerksam verfolgt hatte, nickte.

      »Seid Ihr bereit?«, fragte Gendig Pintel. Der nickte eifrig.

      »Kommt näher«, forderte Gendig ihn auf. »Noch näher. Noch ein Stück, Junge, was glaubt Ihr, wie lang mein Arm ist?«

      »Entschuldigung«, sagte Pintel. »Ich wusste nicht, dass Ihr mich berühren müsst.«

      »Ich muss nicht, aber es erleichtert die Sache.«

      »Soll ich noch etwas tun?«

      »Still halten. Und konzentriert Euch.«

      »Kein Problem. Ich bin ein Meister der Konzentration. Ich kann mich unter den unmöglichsten Umständen konzentrieren. Das ist wichtig, finde ich, zum Beispiel wenn man einen Verteidigungszauber werfen will, während ein schreckliches, stinkendes Monster auf einen zu rennt, oder wenn man dabei ist zu ertrinken, oder abzustürzen, oder …

      »Still halten beinhaltet still sein!«

      Pintels Mund schnappte zu.

      Gendig legte Pintel die Hand auf die Stirn, schloss die Augen und begann mit leiser Stimme einen Singsang. Es war lange her, und doch lagen die Worte in seinem Geist bereit, als hätten sie nur darauf gewartet, nach vorne zu kommen. Er formte seine Gedanken zu einem hellen Strahl, den er durch seine Hand in den Kopf seines Gegenübers schickte.

      Er tauchte in den Kopf des anderen wie in einen Teich voller aufgeregter Fische, die in alle Richtungen zuckten. Er atmete tief und kontrolliert, ließ Ruhe fließen, die vom Chaos auf der anderen Seite geschluckt wurde. Mühsam bahnte er sich seinen Weg durch das Gewimmel – Ist er jetzt schon drin? Jetzt nur nichts Unanständiges denken. Wir sollten unsere Vorräte auffrischen, bevor wir abreisen. Apfelkuchen! Das wäre toll! Hoffentlich mache ich einen guten Eindruck. Habe schon wieder zu viel geredet. Hoffe, er ist nicht böse. Götter, er ist sicher der älteste Zwerg, den ich je gesehen habe! Vielleicht sogar das älteste Lebewesen überhaupt … abgesehen von der Valdar vielleicht … Werde Krona bitten, mein Pferd festzuhalten, wenn ich später aufsteige, damit es mich nicht wieder in den Hintern zwickt. Vielleicht kann sie es heimlich tun. Ist ja durchaus etwas peinlich … - bis er endlich zum Kern vordrang, in dem Ruhe herrschte.

      Erschöpfung überkam ihn. Die Anstrengung war ungewohnt. Ein stechender Schmerz breitete sich hinter seiner Stirn aus. Er blieb gerade so lang als nötig und zog sich dann mit erleichtertem Aufseufzen zurück.

      Er nahm die Hand von der Stirn des anderen.

      »Fertig?«, fragte der kleine Zauberer enttäuscht. »Ich habe gar nichts bemerkt.«

      »Geht es dir gut?«, fragte die Kriegerin und sah kritisch zwischen Gendig und Pintel hin und her.

      »Prima«, sagte Pintel. »Ich fühle mich … entspannt, irgendwie. Ganz ruhig.«

      »Das ist ja ganz was Neues«, sagte die Kriegerin. »Genießen wir es, solange es anhält.«

      »Ich werde Euch mitteilen, was ich weiß«, sagte Gendig, der sich im Sitzen schwer auf seinen Stock stützte und die letzten Echos aus seinem Geist vertrieb. »Es mag Euch weiterhelfen, auch wenn es nicht viel ist.«

      »Ich bin froh, dass Ihr diese Entscheidung getroffen habt.« Nardon zückte ein abgegriffenes Notizbuch und einen Kohlestift. »Bitte, berichtet.«

      »Es ist einige Jahre her«, sagte Gendig. »Ich hatte mir bereits einen guten Ruf als Erbauer von Sicherungsanlagen erworben, als Mikan Markholt sich an mich wandte mit der Bitte, ihm bei der Errichtung einer Prüfung für kommende Generationen zu helfen. Er war ein vorausschauender Mann und wusste, dass die Lebenserwartung eines Menschen kurz ist im Vergleich zu der Zeitspanne, während der das Artefakt sicher aufbewahrt werden musste. Ich kam seinem Wunsch nach, allerdings nicht, ohne mich zuvor beim Arkanen Rat über das Artefakt zu informieren. Sie wollten nicht recht mit der Sprache heraus, doch schließlich erfuhr ich, dass es sich um einen Teil eines Toröffners handelte.«

      »So viel wissen wir«, warf Nardon ein. »Das ist auch, was Mandor Markholt wusste.«

      »Mikans


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