Feuerjäger: Sammelband. Susanne Pavlovic

Feuerjäger: Sammelband - Susanne Pavlovic


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diese Gewässer verlassen, und Ihr solltet Euch beeilen, wenn Ihr nicht wollt, dass man Euch ohne ein Boot zu Wasser lässt.«

      Krona sah dem Kapitän ins Gesicht. Der wettergegerbte Seemann wirkte nicht, als würde er spaßen.

      »In Ordnung«, sagte sie niedergeschlagen. »Ich hole die anderen. In vierundzwanzig Stunden seid Ihr wieder hier, um uns abzuholen, klar?«

      »Klar, Hauptmann.« Der Kapitän sah an Krona vorbei. »Für Euer gutes Gold tun wir das.«

      Zehn Minuten später versammelten sich die Gefährten an der umtosten Reling. Krona hatte Pintel an der Schulter gepackt und hielt ihn fest, damit der kleine Zauberer nicht einfach von Bord geblasen wurde. Ein Beiboot war zu Wasser gelassen worden und tanzte wie ein Korken auf den Wellen.

      »In dieses Ding?«, fragte Nardon und starrte mit allen Anzeichen der Panik hinunter auf das Boot.

      »Ja«, sagte Krona entschieden.

      »Unmöglich«, sagte Nardon. »Wir werden ertrinken.«

      »Du hast es noch gut«, sagte Pintel. »Du bist ein Zwerg. Du wirst untergehen wie ein Stein, und dann kannst du auf dem Meeresgrund entlang gehen, bis die Insel kommt. Mich hingegen wird dieser Ozean auf die andere Seite der Weltkugel spülen.«

      »Schluss mit dem Gerede«, befahl Krona. »Niemand wird ertrinken. Das Ganze sieht schlimmer aus, als es ist.«

      Einer der Matrosen befestigte ein Seil an der Reling, trat dann einen Schritt zurück und machte eine auffordernde Handbewegung. Fenrir packte das Seil.

      »Wenn es schon nötig ist, gehe ich zuerst. Dann lasst ihr das Gepäck runter. Das Gewicht sollte das Boot stabilisieren.«

      »Götter«, sagte Nardon, der mittlerweile trotz des schneidenden Windes aschfahl war, als Fenrir mit schlagendem Mantel über die Reling verschwand. »Alle gütigen Götter!«

      »Bisschen beten kann nicht schaden«, sagte Lomir und drückte tröstend die Schultern seines Freundes. »Komm schon! Wir haben schon Schlimmeres überstanden.«

      »Was denn?«, fragte Nardon elend. »Mir fällt nichts ein.«

      »Mir schon. Weißt du noch, damals, unser Abenteuer mit dem eisernen Drachen? Ganz zu schweigen unsere Expedition zu deiner Lieblings-Grabstätte, du weißt schon, Shakh, der noch im Tode seinen Häschern entrann …«

      Während Lomir auf Nardon einsprach wie auf ein krankes Pferd, verlud Krona erst das Gepäck, dann Pintel und dann, nach kurzem Blickwechsel mit Lomir, sich selbst in das unruhig schlingernde Boot. Gischt und Regen vermischten sich hier unten zu einer fast undurchdringlichen Wasserwand. Wie ein seltsames Haus ragte der muschelüberkrustete Schiffsrumpf über ihr auf. Sie legte den Kopf in den Nacken und versuchte, oben etwas zu erkennen. Nardon schien noch letzten Widerstand zu leisten, denn es dauerte, bis endlich seine Gestalt durch die Regenschwaden erkennbar wurde. Er kletterte nicht selbst, sondern wurde von Lomir abgeseilt, und zitterte am ganzen Körper, als Krona ihn unten in Empfang nahm und in den Bug des Bootes setzte.

      Schließlich kam auch Lomir in Sicht. Kaum hatte er das Seil losgelassen, wurde es auch schon eingeholt, und von oben drang ein verwaschenes »Anker lichten!«, zu ihnen hinunter.

      »Bisschen ungemütlich hier«, sagte Lomir und setzte sich hinter Fenrir auf die Ruderbank. »Also, wohin geht’s?«

      Krona zeigte hinaus in das formlose Grau, die Richtungsangabe des Kapitäns so gut wie möglich nachvollziehend, bevor sie selbst nach den Rudern griff.

      »Rudert«, sagte sie. »Umso schneller haben wir Land unter den Füßen.«

      Drei Paar Ruder tauchten ins Wasser und begannen ihre Arbeit. Der Horizont, unwesentlich heller als das Meer, hob und senkte sich schwindelerregend, als sie auf die verschwommene Landmasse zu hielten.

      »Pintel!«, schrie Krona nach vorne. »Halte Ausschau nach einem schmalen Felsgrat, und sorge dafür, dass wir ihn steuerbord behalten!«

      »Alles klar, Käpt’n!«, schrie Pintel zurück. »Was ist steuerbord?«

      »Rechts!«

      »Ach so!«

      Der Wind riss an ihren Umhängen und peitschte ihnen klebrige Gischt ins Gesicht. Obwohl sie ruderten, hatte Krona das Gefühl, überhaupt nicht vom Fleck zu kommen, bis sich ihr, die mit dem Rücken zur Fahrtrichtung saß, ein dunkles, gezacktes Etwas zur Rechten in den Blickwinkel schob. Sie drehte sich auf ihrer Bank und erschrak.

      »Pintel!«, schrie sie. »Rechts, verdammt! Das andere Rechts!«

      Sie hörte seine Stimme, verstand aber über dem Getöse seine Worte nicht, dann packte eine riesige Welle das Boot, hob es über den Felsgrat hinaus und trug es voran. Drei paar Ruder wirbelten hilflos durch die Luft, dann ging es abwärts, dass ihre Mägen sich hoben. Schließlich wurde es ruhig, und sie wurden rasch vorangetragen.

      »Ahem«, sagte Pintel von vorne, »wir sollten bremsen oder so. Da ist so eine Art Strand, und er kommt sehr schnell näher. Das heißt, aller Wahrscheinlichkeit sind wir es, die näher kommen, und ich glaube nicht, dass man von einem Strand verlangen kann, zu bremsen, also …«

      »Zurück rudern!«, schrie Krona und tat Selbiges. Leider blieb sie die Einzige. Lomirs und Fenrirs Ruderpaare hoben und senkten sich wie die Beine eines Käfers, der auf dem Rücken liegt, und dann krachte und knirschte es. Der gewaltige Ruck schleuderte sie alle von ihren Bänken. Krona landete unglücklich auf dem Rücken. Für Augenblicke verschlug es ihr den Atem, und sie schnappte nach Luft, dann hob sie den Kopf und zählte ihre Gefährten in dem wild schaukelnden Boot. Keiner war über Bord gegangen. Nardon konnte sie von ihrer Position aus nicht sehen, aber sie hörte, wie er mit zitternder Stimme eine zwergische Litanei murmelte.

      »Das ist ja noch mal gut gegangen«, sagte sie erleichtert und zog sich auf ihre Bank hoch.

      »Na ja«, sagte Lomir, »bis auf das Wasser, das hier ins Boot läuft.«

      Nardons Litanei hob sich um eine Tonlage und gewann an Verzweiflung.

      »Macht nichts«, sagte Pintel großzügig. »Wir sind fast da.«

      Krona sah über die Schulter. Nur ein Steinwurf trennte sie von einem schmalen, steinigen Küstenstreifen, hinter dem sich dunkler Fels empor türmte. Sie legte den Kopf in den Nacken und meinte, durch die Regenschleier zwei Turmzinnen zu erkennen.

      Das Boot trieb nun führerlos, legte sich quer und wurde von einer wohlmeinenden Welle an den Strand gespült, wo es sich ächzend zur Seite neigte und liegen blieb.

      Schwindelig erhoben sich die Gefährten und kletterten unbeholfen aus dem Boot. Nardon murmelte etwas, entfernte sich eilig und verschwand hinter einem nahe gelegenen Felsvorsprung. Krona blieb im knietiefen Wasser stehen und inspizierte den Schaden am Boot. Im Inneren war nicht viel zu erkennen.

      »Und?«, fragte Lomir.

      »Keine Ahnung«, gab Krona zu. »Ich sehe nur einen schmalen Spalt zwischen diesen beiden Planken. Wahrscheinlich muss man das Ding auf den Strand ziehen und umdrehen.«

      »Weißt du, wie man ein Boot repariert?«

      »Nein, du?«

      »Nein.«

      »Sonst jemand?«

      »Nein«, sagte Fenrir, der gerade die letzten Ausrüstungsgegenstände aus dem Boot holte.

      »Nicht direkt«, sagte Pintel. »Es gibt einen kleinen Reparaturzauber, den ich vielleicht anwenden könnte. Bisher hab ich aber nur kleinere Dinge damit geflickt. Rucksäcke, zerbrochene Teller und Ähnliches. Bei etwas wie einem Boot käme es auf einen Versuch an.«

      »Ehrlich gesagt, ich glaube gar nicht mal, dass dieses Boot unser Hauptproblem ist«, sagte Krona niedergeschlagen und watete hinauf zum Strand. »Es dürfte keinen Unterschied machen, ob es ganz oder kaputt ist.«

      »Du glaubst, wir sehen dieses Schiff nie wieder«, ergänzte Fenrir.

      »Genau«,


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