Feuerjäger: Sammelband. Susanne Pavlovic

Feuerjäger: Sammelband - Susanne Pavlovic


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nickte. »Erklärt mir den Grund für Euer Ansinnen«, sagte er und spürte die Anstrengung, die von dem kleinen Mann im Beschwörungskreis ausging.

      »Das Artefakt ist mächtig«, sagte der Zwerg. »Wir dienen einer Gruppe, die Interesse an Macht hat. Wir haben Gyldinn gesehen und waren mehr als beeindruckt.«

      »Ihr habt sie gesehen?«, fragte Karcharoth. »Hochinteressant. Dass ich sie zuletzt sah, ist viele Jahre her. Ich bannte sie in ein Medaillon, das ich bis zu meinem Tod bei mir trug. Es wusste kaum jemand überhaupt von ihrer Existenz. Sie war eine der wenigen Verbündeten, die ich noch hatte, wenngleich nicht freiwillig.«

      Dünnes Lächeln.

      »Ich konnte letztlich keinen Nutzen mehr aus ihr ziehen. Ein Bann liegt über der Insel, der keine Beschwörungen aus den Anderen Ebenen zulässt. Nun, ich sollte wohl besser sagen, ein Bann lag über der Insel. Und Levin Gorthon, mein Lehrling? Ich nehme an, er ist tot?«

      »Woher wollt Ihr das wissen?«, fragte der kleine Mann im Bannkreis erstaunt.

      »Es ist eine logische Annahme«, sagte Karcharoth. »Ihr habt Gyldinn gesehen. Das heißt, er befolgte meine Anweisungen nicht, die ich ihm zu seinem Besten gab. Ich sagte ihm, er solle keinesfalls den Bann lösen, ehe er nicht Rang und Wissen eines Hochzauberers erreicht hätte, was bei seinem Mangel an Begabung mehr als unwahrscheinlich war. Er muss sie freigelassen haben, vermutlich in der irrigen Annahme, er könne sie kontrollieren. Nun, vielleicht hat er noch lange genug gelebt, um ihre furchterregende Schönheit zu bewundern.«

      »Warum habt Ihr sie ihm vererbt, wenn Ihr ihm nicht zugetraut habt, richtig mit ihr umzugehen?«, fragte der Zwerg.

      »Ich hatte keine große Auswahl«, sagte Karcharoth ohne die Spur eines Bedauerns. »Überdies hielt ich diese Wendung, die Gyldinns Schicksal nahm, nicht für die am wenigsten interessante. Ich nehme an, sie ist wütend. Sie hat eine sehr lange Zeit in einem sehr engen Gefängnis verbracht.«

      »Sie ist so wütend, dass sie andauernd Häuser niederbrennt und unschuldige Zwerge und Menschen tötet«, sagte der Zwerg, und Karcharoth nickte lächelnd.

      »Erzählt uns mehr über die Vorrichtung«, sagte der kleine Mann im Beschwörungszirkel.

      »Ich erschuf sie als Zulassungsarbeit für den Rat der Erzzauberer«, sagte Karcharoth. »Sie besteht aus fünf Schädeln und einem Markstein. Jeder der Schädel ist unterschiedlich gearbeitet und einem anderen der Vergessenen Götter geweiht. Nicht dass dies unbedingt notwendig gewesen wäre, aber ich hatte immer schon einen Sinn für Stil. Jede der Komponenten ist für sich genommen ein mächtiges Artefakt, und ihre gebündelte Macht öffnet ein Tor auf die Anderen Ebenen. Gyldinn stammt, das ist unschwer zu erraten, aus der Ebene des Feuers, die man dem Vergessenen Gott Skirnir zuschreibt.«

      »Mal angenommen, Gyldinn besäße einen oder zwei dieser Schädel«, sagte der kleine Mann im Beschwörungszirkel. »Könnte sie denn etwas damit anfangen?«

      »Eine hochinteressante Frage.«, Karcharoth musterte den kleinen Mann mit durchdringendem Blick. Er war gewohnt, sein Gegenüber mit diesem Blick einzuschüchtern, und auch der kleine Mann wich zurück, es war mehr ein mentales Zurückweichen als ein körperliches, und es gab Karcharoth das sichere Gefühl, Herr der Lage zu sein.

      »Jeder einzelne der Schädel würde ihre Macht steigern, denn sie ist ohne Zweifel in der Lage, sie sich nutzbar zu machen«, sagte er. »Doch selbst wenn sie alle Schädel und den Markstein besäße, könnte sie nicht nach Hause gelangen, denn sie würde eine weitere Person benötigen, die das entsprechende Ritual vollführt.«

      »Gibt es für sie denn keinen anderen Weg nach Hause?«, fragte der Zwerg.

      »Nein«, sagte Karcharoth. »Sie muss so zurück, wie sie beschworen wurde.«

      »Wisst Ihr etwas über den Verbleib der einzelnen Artefakte?«, fragte der kleine Mann im Beschwörungszirkel.

      »Der Skirnir-Schädel befindet sich im Besitz der Familie Markholt aus Halmesholm«, erinnerte Karcharoth sich. »Nette, stumpfe Kaufleute, die keine Ahnung haben, welchen Schatz sie da aufbewahren. Den Dolgr-Schädel haben Zwerge in ihre Obhut genommen. Es gibt ein Kloster auf der Insel der Stürme, dort verstaubt er wahrscheinlich in einem Archiv. Diese Informationen konnte ich erlangen, bevor ich hierher verbannt wurde.«

      »Ich nehme an, dass auch Levin Gorthon über diese Informationen verfügte«, sagt der Zwerg.

      »Ich vertraute ihm mein Wissen an, bevor ich starb«, sagt Karcharoth. »Ich wollte sichergehen, dass mein Werk nicht in Vergessenheit gerät. Es erfüllt mich mit Genugtuung, zu sehen, dass dies mir gelungen ist.«

      »Gyldinn hat dieses Wissen offenbar erlangt, bevor sie ihn verbrannte«, sagte der Zwerg. »Genau diese beiden Schädel befinden sich in ihrem Besitz.«

      »Und wahrscheinlich noch ein dritter«, ergänzte Karcharoth. »Einen hat es nach Zentallo verschlagen, zu einem gewissen Varinn Thara, seines Zeichens Zauberer oder was er dafür hält. Ich benötigte mehr als dreißig Jahre, um diese Information zu erlangen, und ich gab auch sie an Levin Gorthon weiter. Der Rat traf bei meiner Verlegung in dieses traute Heim alle Vorkehrungen, um mich an der Fortführung meiner Forschung zu hindern. Zehn Jahre lang habe ich allein daran gearbeitet, ihr Überwachungssystem zu umgehen.«

      »Der Weissager«, warf der kleine Mann im Zirkel ein.

      »Richtig«, sagte Karcharoth. »Es gelang mir schließlich, jeden Tag für eine bestimmte Zeit falsche Bilder zu schicken. Während dieser Zeit konnte ich mich meiner Recherche widmen. Es war ein mühsames Arbeiten, mit diesen beschränkten Mitteln.«

      »Wie kam es eigentlich, dass die Einzelteile so verstreut wurden?«, fragte der Zwerg.

      Karcharoth atmete tief, dieser Körper fühlt sich mittlerweile fast vertraut an. Verachtung stieg in ihm auf und schmeckte noch so bitter wie früher.

      »Der Rat besteht aus einer Ansammlung von Bürokraten und Weichlingen, die sich fürchten, wenn sie arkaner Macht begegnen, die einem Hochzauberer angemessen ist«, sagte er. »Ich sagte bereits, die Vorrichtung war meine Zulassungsarbeit. Seit Jahrhunderten hatte niemand etwas vergleichbar Mächtiges erschaffen. Ich brach ein paar Regeln, und sie begannen, zu winseln und zu zittern.«

      »Die Erste Dimensionale Direktive«, sagte der kleine Mann im Zirkel.

      »Unter anderem«, bestätigte Karcharoth. »Eine von unzähligen Direktiven, mit denen die Zauberer unsinnigerweise ihr eigenes Potential beschneiden. Ich bekam meine Berufung zum Hochzauberer, allerdings beschlagnahmte der Rat mein Werk und verstreute die Einzelteile an geheime Orte, die er für sicher hielt.«

      »Warum haben sie es nicht zerstört, wenn es so gefährlich war?«, fragte der Zwerg.

      »Es ist unzerstörbar«, sagt Karcharoth stolz. »Das ist ein Teil seiner Macht. Es schützt sich selbst.«

      »Nochmals zu dem Markstein«, sagte der kleine Mann im Beschwörungszirkel. »Ich nehme an, er ist das wichtigste Stück der Vorrichtung. Wisst Ihr, wo wir ihn finden können?«

      »Um den Markstein macht Euch die wenigsten Sorgen«, erwiderte Karcharoth. »Er wird Euch finden.«

      »Das ist gut«, sagte der Zwerg. »Kryptisch, aber gut.«

      »Lasst es mich genauer formulieren«, fügte Karcharoth hinzu. »Er wird diejenige Person finden, die sich im Besitz der Schädel befindet.«

      »Das ist schlecht«, sagte der Zwerg, »denn augenblicklich ist das noch Gyldinn.«

      »Ihr solltet Euch mit ihr verbünden«, schlug Karcharoth vor, »wenn Ihr an wirklicher Macht interessiert seid.«

      »Wir ziehen das in Betracht«, stimmte der Zwerg zu. »Allerdings haben wir gerne eine gewisse Kontrolle über unsere Bündnispartner, und die fehlt uns noch. Aber noch einmal zurück zu dem Markstein. Wie Ihr bereits festgestellt habt, bin ich kein Zauberkundiger, daher habt Verständnis für meine vielleicht triviale Frage: Wie wird der Markstein jemanden finden? Es ist ein Gegenstand, wenn ich das richtig verstanden


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