Feuerjäger: Sammelband. Susanne Pavlovic

Feuerjäger: Sammelband - Susanne Pavlovic


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Flecken schwammen vor ihren Augen, einer kam direkt auf sie zu, verdeckte das Licht und die Gesichter der anderen, und diesmal ließ sie sich bereitwillig von der Dunkelheit verschlingen.

      Wo bin ich ...

      Was ist eigentlich passiert?

      Warum tut mein Bein so weh?

      Ach ja.

      Hab ich geschlafen, oder was? Wie viel Zeit ist vergangen?

      Ein entferntes, dunkles Rauschen, gleichmäßig an- und abschwellend. Das Meer. Ach ja.

      Frische Luft, bisschen kalt. Ein leichter Luftzug.

      Wie wär’s, Soldatin? Mach mal die Augen auf.

      Sie blinzelte.

      »Sie ist wach!«, trompetete Pintel neben ihr, und sie zuckte erschrocken zusammen.

      Tageslicht. Eine Art Sofa oder Bett, auf das man sie gelegt hatte.

      Wie bitte? Ein Sofa?

      Sie betastete ihren alten, vertrauten Militärschlafsack, mit dem man sie zugedeckt hatte. Ihr linkes Bein fühlte sich nackt an, sie spürte den rauen Filz auf der Haut. Sie hob den Schlafsack vorsichtig an und sah darunter. Man hatte ihr beide Stiefel ausgezogen und das linke Hosenbein bis zur Hüfte aufgeschnitten. Ihren Oberschenkel umspannte ein fester, weißer Verband, dem ein frischer, etwas scharfer Kräuterduft entströmte.

      Sie stützte sich auf einen Ellenbogen und sah sich um. Ihr Mantel und Waffenrock lagen sauber gefaltet am Kopfende ihrer Lagerstatt. Sie befand sich in einem hohen, schmalen Gemach. Tageslicht fiel durch einen Schlitz in der dicken Außenwand. Reste einer Fensterbespannung flatterten dort im Wind wie kleine Fähnchen. Unter dem Fenster standen zwei Sessel, deren aufwendige Machart trotz ihres völlig zerstörten Zustandes noch erkennbar war. Ein niedriges Tischchen vervollständigte die Sitzgelegenheit. Kronas Blick ging weiter. Ein Schrank, von der salzigen Luft zerfressen und schwarz gefärbt, eine Kommode, ein Tisch mit Stühlen. Ein verschlissener Teppich auf dem steinernen Boden, dessen ehemaliges Muster sich nur noch erahnen ließ, Teppiche an den Wänden, die sich in ähnlichem Zustand befanden. Neben ihr saß Pintel und strahlte sie an. An ihm vorbei sah sie auf dem Tisch ihre Waffen liegen. Sie streckte die Hand aus und zeigte, versuchte zu sprechen, aber es kam nur ein heiseres Husten. Pintel sprang auf und brachte ihr das Schwert, sie nahm es wie die Hände einer geliebten Person, wo warst du? Ich hätte dich so gebraucht.

      Dann waren die anderen da und versammelten sich um ihr Lager.

      »He«, sagte sie heiser und brachte ein schwaches Lächeln zustande.

      »Na, junge Frau«, sagte Lomir fröhlich. »Ausgeschlafen?«

      Sie nickte und hustete erneut bei dem Versuch, etwas zu sagen.

      »Trink einen Schluck«, sagte Pintel und reichte den Wasserschlauch, den Nardon ihm gab, an Krona weiter. »Dann geht’s besser. Du hast ein bisschen viel Rauch geschluckt da unten.«

      Erst als der erste Tropfen ihre Lippen berührte, bemerkte Krona, wie ausgetrocknet sie sich fühlte. Gierig leerte sie den Schlauch und holte dann tief Luft.

      »Danke«, sagte sie, immer noch heiser.

      »Es ist früher Morgen«, sagte Lomir. »Du hast die Nacht durchgeschlafen, während wir hier ein paar Entdeckungen gemacht haben.«

      »Aha«, machte Krona verständnislos.

      »Jetzt lasst sie erst mal richtig zu sich kommen.« Fenrir schob Lomir beiseite und trat an Kronas Lager, um einen Blick auf ihren Verband zu werfen. »Später ist immer noch Zeit zu berichten.«

      Er setzte sich auf den Rand des Sofas, wo Pintel ihm widerstrebend Platz machte.

      »Du hast Glück gehabt«, sagte er lächelnd.

      »Glück nennst du das?!«, schnaubte Krona. »Ich hab die einzigen paar bissigen Dinger in diesem gesamten Gemäuer aufgestöbert, alleine, ohne mein Schwert, und du redest von Glück?!«

      »Du hättest tot sein können, wenn die Zwerge dich nicht rechtzeitig gefunden hätten.«

      »Glück im Unglück nenne ich das, nicht anders«, knurrte Krona.

      »Von mir aus«, sagte Fenrir. »Deine Wunde ist tief, aber nicht kritisch, und es ist nichts gebrochen. Ich habe sie gereinigt. Es wird heilen.«

      Krona betrachtete den Verband.

      »Sieht gekonnt aus. Danke schön.«

      »Keine Ursache.« Fenrirs Lächeln verbreiterte sich und erzeugte eine angenehme Wärme in Kronas Innerem. »Auf diese Weise kam ich einmal mehr in den Genuss, deine Beine zu betrachten, Hauptmann.«

      Krona grinste schwach.

      »Ich muss mich nicht beißen lassen, damit du das tun kannst, weißt du?«

      »Belassen wir es bei gelegentlichem Verbandswechsel.« Freundschaftlich tätschelte Fenrir Kronas Oberarm und erhob sich. »Sie ist wach«, sagte er zu den anderen. »Zumindest wach genug, um eindeutige Angebote zu machen. Dann sollte es auch für einen Bericht reichen.«

      »Ich will!« Pintel hopste neben Krona auf die Liege. »Lass mich dein persönlicher Berichterstatter sein«, bat er mit strahlenden Augen. »Frag mich alles, was du wissen willst.«

      »Gut.« Krona ließ sich auf ihren gefalteten Mantel zurücksinken, den man ihr als Kissen unter den Kopf geschoben hatte. »Fangen wir vorne an. Wie, zum Teufel, konnte das passieren – was auch immer da passiert ist?«

      »Es war eine Teleportfalle«, erklärte Pintel. »Ein mächtiger Schutzzauber. Überschreitet jemand einen Punkt oder eine Linie ohne ein Lösungswort oder Ähnliches, wird er an einen anderen Ort transportiert. In deinem Fall, in den Keller.«

      »In eine Gefängniszelle«, ergänzte Krona.

      »Oh«, sagte Pintel. »Wie bist du aus der raus gekommen?«

      »Die Tür war verrottet. Wie habt ihr mich übrigens gefunden?«

      »Auf gut Glück«, erklärte Pintel. »Fenrir und ich waren drüben im Südturm und haben die dortigen Gefängnisse überprüft. Lomir und Nardon haben sich hier die restlichen Stockwerke angesehen.«

      »Wir rochen den Qualm, als wir im Erdgeschoss waren«, ergänzte Lomir. »Er zog durch die Bodenluke zu uns herauf. Und wir haben dich schreien hören.«

      »Ihr spinnt ja«, schnaubte Krona. »Was sag ich immer? Wir sollen uns nicht trennen, sag ich immer!«

      »Du warst aber nicht da, und wir hatten es eilig«, erklärte Pintel. »Wir wussten ja nicht, in welchen Schwierigkeiten du gerade steckst, aber nachdem deine Waffen bei uns geblieben waren, wussten wir, dass du dir nicht gut selbst helfen kannst.«

      »Ist ja gut. Tut es trotzdem nicht wieder! Egal, ob ich dabei bin und es sage oder nicht!«

      »Jawohl, Hauptmann«, sagte Pintel geduldig. Lomir setzte zu einer Erwiderung an, winkte dann aber nur ab.

      »Wir haben hier endlich Karcharoths Quartier gefunden«, fuhr Nardon mit der Erklärung fort. »Sein Wohnbereich erstreckt sich über das ganze Stockwerk. Wir haben auch Arbeitsräume gefunden und alles durchsucht.«

      »Jedes Buch durchgeblättert«, ergänzte Lomir frustriert. »Jede Schublade auf einen doppelten Boden abgeklopft. Auf jeder einzelnen verdammten Steinplatte rumgedrückt. Nichts.«

      »Wir haben die ganze Nacht gesucht«, sagte Pintel. »Es scheint, als hätte jemand vor uns alle Hinweise entfernt. Es gibt Unterlagen zu jedem Detail von Karcharoths Arbeit, es gibt sogar noch Listen der Dinge, die er vom Festland angefordert hat. Nur nichts über die Schädel.«

      »Vielleicht hat er sich hier nicht mehr damit beschäftigt? Ich nehme an, es ist stressig genug, Monster zu erschaffen«, warf Krona bissig ein.

      »Ach ja, übrigens«, sagte Pintel. »Das Kreidegekrakel in dem Nebenraum, erinnerst du dich? Es gehörte zu einem Bannkreis. Dort waren diese Kreaturen offenbar


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