Feuerjäger: Sammelband. Susanne Pavlovic

Feuerjäger: Sammelband - Susanne Pavlovic


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das auch ein Federkleid sein konnte.

      Und es waren viele. Sie bildeten einen Halbkreis um Krona und drängten sie zurück in die Richtung, aus der sie gekommen war. Sie warf einen hastigen Blick über die Schulter. Da war Bewegung in den Schatten. Sie war eingekreist. Ihr Atem wurde zum hörbaren Keuchen, ihr Herz hämmerte schmerzhaft.

      Warum griffen sie nicht an? Es schien ein Spiel zu sein, wie eine Katze es spielt, die ihren Jungen das Jagen beibringt. Krona umklammerte die Fackel mit beiden Händen.

      Ich schwöre euch, eine solche Beute habt ihr noch nie erlebt.

      Ein kurzer Blick nach hinten zeigte ihr, dass sie den Gang, aus dem sie gekommen war, fast wieder erreicht hatte. Dort kauerte der mit dem Umhang, um sie in Empfang zu nehmen. Er richtete sich auf und öffnete das, was sie für einen Umhang gehalten hatte, zu einem Paar riesiger, ledriger Flügel.

      Und dann war Krieg.

      Hitze überflutete sie. Ihr Denken zog sich in einen kleinen, kühlen Raum tief in ihrem Inneren zurück, und ihr Körper tat seine Arbeit. Sie schnellte herum und rannte gegen das Flügelwesen im Gang an. Sie zog ihm die Fackel quer über das insektenhafte Gesicht, sprang nach, als es heulend zurückwich, und rammte ihm mit voller Gewalt die Faust dorthin, wo sie den Magen oder sonstige Weichteile vermutete. Die Wucht ihres Ansturmes schleuderte das Wesen gegen die Wand. Während es fauchend versuchte, sich aufzurichten, rückte ein zweites aus der Halle nach. Es ging auf allen Vieren und schnappte wild mit scherenartigen Beißwerkzeugen in die Luft. Krona stieß ihm die Fackel in die dunkle Höhle zwischen den Scheren, riss den Holzstumpf frei und ließ ihn von oben auf den flachen Schädel der Kreatur niedersausen. Funken sprühten, Qualm verschluckte das Licht. Krona wirbelte herum, sprang mit einem riesigen Satz über das Flügelwesen und rannte.

      Dunkelheit drang auf sie ein. Der Kampf hatte einen Großteil des restlichen Feuers gelöscht. Alles, was blieb, war eine zuckende, fingerlange Flamme. Über ihrem eigenen keuchenden Atem hörte sie das Knurren und Fauchen der Kreaturen hinter sich.

      Halle. Du musst wieder zur Halle. Bloß nicht zu tief in die Gänge geraten. Wieder zur Halle und die Treppe hinauf. Tageslicht finden, die anderen finden.

      Sie warf sich nach links und bog in den Seitengang ein, den sie auf dem Hinweg bemerkt hatte. Die Dunkelheit hinter ihr brodelte.

      Türen. Türen. Türen. Verdammte Scheiße. Linksbiegung. Dahinter müsste gleich die Halle ...

      Stop.

      Sie riss die Fackel hoch und parierte mit Mühe den Hieb einer riesigen, gepanzerten Klaue. Etwas wuchs aus dem Dunkel vor ihr. Schuppen flüsterten über den rauen Fels, während es größer und größer wurde und ausdruckslos aus riesigen Insektenaugen zu ihr hinuntersah. Dann öffnete es die Arme, sechs an der Zahl, mit Klauen bewehrt, jede bewegte sich, als hätte sie ein Eigenleben.

      Das Insektenwesen legte den Kopf schief und sah auf sein Opfer hinunter. Von der anderen Seite wälzte sich die Masse ihrer Verfolger, sich gegenseitig behindernd, um die Gangbiegung. Krona machte einen Satz, rammte eine der Türen mit der Schulter und riss am Riegel. Sie stürzte nach vorne, als die Tür unter ihrem Ansturm nachgab. Etwas brachte sie zu Fall, und sie schlug hart mit Kinn und Handflächen auf dem Boden auf. Ein Gewicht lag ihr auf den Beinen, durch ihre Stiefel spürte sie gewaltigen Druck. Sie zappelte und trat um sich, wurde ein Stück nach draußen geschleift, bekam ein Bein frei und trat nach etwas, das sich schwammig anfühlte und zischend Luft entweichen ließ. Sie trat wieder zu und wieder – von fern hörte sie jemanden schreien und erkannte erst nach Augenblicken ihre eigene Stimme. Auf allen Vieren rückte sie nach, fand einen sackartigen Körper, bekam das zweite Bein frei und rammte der Kreatur mit aller Gewalt ihre Stiefelabsätze in den Leib. Das Vieh gab ein dünnes, hohes Pfeifen von sich und wich zurück. Krona warf sich nach vorne, bekam die Tür zu fassen und schlug sie zu. Stolpernd kam sie auf die Füße und angelte nach dem Riegel. Das morsche Holz stöhnte, als die Kreaturen von außen dagegen rannten. Kronas Stiefel rutschten auf dem Steinboden, verzweifelt versuchte sie Halt zu finden, während die Tür sich langsam öffnete, der Spalt wurde breiter, dann erschien eine haarige Klaue, entfernt einer menschlichen Hand ähnelnd, die langen Krallen gruben sich ins Holz. Mit einem Aufschrei warf sich Krona gegen die Tür und schaffte es, den Spalt zu verringern. Die Klaue wurde eingeklemmt, der Besitzer kreischte schmerzerfüllt, dann wurde sie zurückgezogen und die Tür fiel ins Schloss. Geistesgegenwärtig warf Krona den Riegel in die Halterung und machte einen Schritt zurück, um sich umzusehen.

      Sie hatte einen weiteren Lagerraum erwischt. Dicke, schwarz verfärbte Schiffstaue lagen an der Wand, Kisten waren aufgestapelt, und direkt neben der Tür befand sich ein Haufen zerfallener Stoffe – ob es Mäntel, Decken oder etwas anderes gewesen war, ließ sich nicht mehr erkennen. Mit rascher Bewegung warf Krona die fast erloschene Fackel darauf. Das nurmehr kerzengroße Flämmchen fand neue Nahrung, rot züngelte Feuer auf, es qualmte und stank, aber Krona konnte nun auch in den hinteren Teil des Raumes sehen.

      Götter.

      Eine schmale und sehr steile Treppe, kaum mehr als eine komfortable Leiter, führte an der Wand entlang hinauf zu einem Loch in der Decke. Mit wenigen Sprüngen war Krona an der Treppe, während hinter ihr die Tür unter dem Ansturm der Kreaturen nachgab. Sie sprang auf die unterste Stufe, die unter ihrem Gewicht sofort brach.

      Sie hustete. Der Qualm des brennenden Stoffhaufens drang schmerzhaft in ihre Lungen. Sie nahm sich einen Augenblick Zeit, um das Eisengestänge zu betrachten, das die hölzernen Stufen trug. Es war völlig verrostet. Hinter ihr wurde ein Balken aus der Tür gebrochen, der mit Wucht auf den Boden knallte. Sie hörte wildes Fauchen und Knurren.

      Kein guter Augenblick, wählerisch zu sein.

      Sie stellte den Fuß auf die zweite Stufe, brachte vorsichtig Gewicht darauf. Sie holte den zweiten Fuß nach, Hände ausgestreckt wie eine Tänzerin. Stufe drei. Stufe vier. Das Eisengerüst krachte bedenklich unter ihrem Gewicht, irgendetwas löste sich und fiel klirrend zu Boden. Stufe fünf. Stufe sechs. Der obere Teil der Tür brach zusammen, fauchende und zischende Kreaturen begannen, sich durch die splitternden Holzreste ins Innere zu arbeiten. Stufe sieben. Einer der Eisenträger riss ohne jede Vorwarnung. Krona kämpfte verzweifelt um ihr Gleichgewicht, als die ganze Treppe nachgab und seitlich absackte. Sie klammerte sich an die Reste des Geländers und brachte die nächsten, jetzt gefährlich abschüssigen Stufen rasch hinter sich. Holz krachte unter ihren Füßen. Hinter ihr sprang eine der Kreaturen auf die Treppe, sie hörte ihren rasselnden Atem. Die Eisenträger stöhnten laut und bogen sich durch, bevor ein weiterer brach. Ein neuerlicher Ruck ging durch die Treppe. Krona schrie, als der untere Teil der Konstruktion sich von der Wand löste und, begleitet vom Kreischen der überlasteten Eisenstreben, hin- und herzuschwingen begann wie der Schwanz eines riesigen Hundes. Für einen Augenblick verlor sie den Tritt unter den Füßen, strampelte wild und klammerte sich mit aller Kraft an die Reste des Geländers, dann gelang es ihr, einen Fuß auf eine Eisenstrebe zu setzen und sich hochzuziehen. Ein Blick nach unten. Das Monster hatte es ebenfalls geschafft, auf der Treppe zu bleiben. Mit vier gewaltigen Klauen hielt es sich fest, während sein langer, nackter Schwanz durch die Luft zischte wie eine Peitsche. Es kauerte sich auf die knotigen Hinterläufe und setzte zum Sprung an. Krona warf sich nach rechts. Die frei gewordene Konstruktion folgte ihrem Gewicht und schwang zurück gegen die Wand. Obwohl sie mit dem Aufprall gerechnet hatte, wurde sie beinahe von der Treppe geschleudert. Schmerzhaft schlugen ihre Fingerknöchel gegen die raue Wand. Blick nach unten. Die Kreatur hatte den Halt verloren und war zu Boden geschleudert worden, wo sie sich gerade wieder aufrichtete. Krona verlor keine Zeit und kletterte. Über eine Mannslänge trennte sie noch von dem rettenden Ausgang. Rauchschwaden sammelten sich unter der Decke, und darunter waren nichts als bizarre Schatten, die den Raum überfluteten. Blick nach oben. Schnell. Schnell.

      Das gequälte Stöhnen der Konstruktion und die Erschütterung, die durch die Eisenträger lief, verrieten ihr, dass ihre Verfolger wieder auf der Treppe waren, dann begann die Konstruktion erneut, hin und her zu schlagen. Krona, auf Höhe der oberen Wandbefestigung, verfolgte entsetzt, wie deren völlig verrostete, riesige Schraube Stück für Stück aus dem Bohrloch heraus rieselte.

      Verdammte ...

      Mehrere der Kreaturen


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