Feuerjäger: Sammelband. Susanne Pavlovic

Feuerjäger: Sammelband - Susanne Pavlovic


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ihm genug Luft, um zu sprechen.

      »Götter«, keuchte er. »Das hätte ins Auge gehen können. Das war wirklich knapp.«

      »Meine Worte.« Zartfühlend klopfte Lomir auf Pintels Rücken.

      »Geht es dir gut genug, um uns zu erklären, was genau passiert ist?«, fragte Nardon und kniete sich neben Pintel auf den kalten Steinboden.

      »Ja …«, sagte Pintel abgehackt, »sobald … Lomir … aufhört … mir … auf … den … Rücken … zu … schlagen …«

      »War nur gut gemeint«, sagte Lomir verstimmt und zog seine Hand zurück.

      »Also«, sagte Pintel, noch etwas heiser vom Husten. »Funktioniert hat es. Wenn auch nicht wie vorgesehen. Wusstet ihr, dass Fenrir ein Gestaltwandler ist?«

      Die Zwerge schüttelten die Köpfe.

      »Ich auch nicht«, sagte Pintel. »Hätte ich aber besser, denn dann hätte ich ihn gar nicht ausgesucht. Die Natur von Gestaltwandlern ist so wenig menschlich, wie es nur irgend geht bei einem zweibeinigen Wesen. Überwiegend zweibeinig, sollte ich eher sagen. Aber Karcharoth war da, und ich konnte ihn nicht schnell genug wieder wegschicken. Arme Krona«, er warf einen Blick in Richtung der bewusstlosen Kriegerin. »Und armer Pintel«, fügte er hinzu. »Sie wird mich in Stücke reißen.«

      »Dann war es Zufall, dass Karcharoth gerade sie, äh … übernommen hat?«, fragte Nardon interessiert.

      »Nein«, sagte Pintel. »Unbeabsichtigt, aber nicht zufällig. Ich hätte ihr den Stab abnehmen müssen, bevor wir mit der Beschwörung begannen. Karcharoth hat seine Präsenz gespürt, es war schließlich ein ihm sehr vertrauter Gegenstand. Krona war somit für ihn wesentlich einladender als Fenrir.«

      »Und weiter?«

      »Weiter war es nicht vorgesehen, dass er auf diese Weise präsent wird. Mordenkaines Handbuch der Nekromantie sagt, dass die Geister der Toten nur widerstrebend unter die Lebenden zurückkehren und die Kraft des Zauberers sich darauf richten muss, sie lange genug zu halten, um die geplanten Fragen zu stellen. Es sagt nicht, dass die Geister es sich zu einer Plauderei gemütlich machen, ganz davon zu schweigen, dass sie noch ein bisschen länger bleiben wollen! Meine Güte«, sagte er, und seine Augen wurden groß und rund, »wenn ich das als Aufsatz in Ars Arcana veröffentliche! Das könnte mich in der Wissenschaftsszene auf einen Schlag berühmt machen. Es könnte natürlich auch sein, dass sie mich für einen bekloppten Stümper halten und ich nie wieder etwas veröffentlichen darf. Hm …«

      »Über die wissenschaftliche Verwertbarkeit können wir später nachdenken«, sagte Nardon. »Wie ist es dir schließlich gelungen, ihn zu bannen, obwohl er so stark war?«

      »Ich hatte Hilfe. Ich konnte ihn weit genug verdrängen, dass Kronas Bewusstsein zurückkehrte. Sie hat ihn aus ihrem Körper vertrieben, und als er körperlos war und damit an Macht verloren hatte, konnte ich ihn endgültig bannen. Aber, ehrlich gesagt, es war knapper als es hätte sein sollen. Ich war nicht zu jedem Zeitpunkt Herr der Lage …«

      »Das würde ich nicht erwähnen in meinem Aufsatz, an deiner Stelle«, sagte Nardon.

      »Ich hoffe, mein Eingreifen hat nicht geschadet«, sagte Lomir. »Ich hatte den Eindruck, du warst etwas aus dem Konzept gebracht.«

      »Das war ich«, sagte Pintel. »Und nein, es hat nicht geschadet. Ganz im Gegenteil. Karcharoth hatte so viel Spielraum, dass er uns einfach gar nichts gesagt hätte, wenn er von unseren eigentlichen Absichten gewusst hätte. Diese Lüge war äußerst klug von dir. Und sehr überzeugend.«

      »Jahrelange Übung«, sagte Lomir mit bescheidenem Lächeln.

      »Sollten wir nicht Krona aufwecken?«, fragte Pintel und schielte hinüber zu der Kriegerin, die sich noch immer nicht rührte.

      »Sollten wir?«, fragte Nardon. »Ist gerade so friedlich hier.«

      »Natürlich sollten wir«, sagte Lomir empört. »Ohnmacht ist nicht gesund, so als Zustand.«

      »Ist ja gut«, sagte Nardon müde. »War nur ein Scherz.«

      Der Zwergenschnaps tat seine Wirkung. Krona stöhnte, schüttelte ein paar Mal den Kopf wie ein nasser Hund und kam dann schwankend auf die Füße. Lomir klaubte den Eichenstab vom Boden und hielt ihn ihr auffordernd hin, doch sie schlug ihn beiseite.

      »Wo ist der Zauberer?«, fragte sie und sah wild um sich.

      »Er ist weg«, versicherte Lomir. »Zurück bei den Toten, wo er hingehört.«

      »Ich meine Pintel«, fauchte Krona.

      »Ich bin hier«, kam ein dünnes Stimmchen hinter Nardon hervor. »Und es war keine Absicht, ich schwöre dir, ich hätte das niemals zugelassen, es war ein Unfall, ich wollte das wirklich nicht! Du kannst Fenrir schlagen, der trägt die eigentliche Schuld! Und er ist viel größer als ich, es wird dir viel mehr Spaß machen und – hups!«

      Mit entschuldigendem Lächeln und gerade noch rechtzeitig machte Nardon einen Schritt zur Seite. Krona packte Pintel am Kragen, hob ihn von den Füßen und drückte ihn gegen die Wand, wo sie ihn festhielt, während er verzweifelt nach Luft schnappte.

      »Pintel«, fauchte sie. »Du … du … elender Stümper!«

      Pintel quiekte und strampelte mit den Füßen.

      »Krona«, sagte Lomir warnend.

      Achtlos ließ Krona den kleinen Zauberer fallen, der hustend und keuchend in die Knie ging, und wandte sich dem Zwerg zu.

      »Schnaps«, knurrte sie und streckte die Hand aus.

      »Äh«, sagte Lomir verwirrt und hielt ihr die Flasche hin. »Gerne. Bedien dich.«

      Sie riss ihm die Flasche aus der Hand und stürmte ohne ein weiteres Wort hinaus.

      »Prima«, sagte Lomir. »Wo bin ich hier nur wieder reingeraten.«

      »Ein Irrenhaus?«, schlug Nardon vor, und Lomir nickte seufzend.

      »Vielleicht habe ich gerade deshalb das Bedürfnis, etwas Vernünftiges zu tun«, sagte Nardon. »Ich werde mich darüber machen und mir alle Informationen notieren, die unser toter Gast so bereitwillig von sich gegeben hat. Sonst kursieren drei oder vier Versionen davon, wenn es an die Auswertung geht.«

      »Gute Idee«, sagte Lomir. »In der Zwischenzeit mache ich einen kleinen Rundgang und beaufsichtige unsere Irren. Pintel, du solltest dich ausruhen. Du musst noch diesen Wahrsager bedienen, bevor wir aufbrechen.«

      »Weissager«, sagte Pintel mit quietschiger Stimme. »Aber sonst hast du recht.«

      »Dann los«, sagte Lomir. »Sollte einer unserer Irren in der Zwischenzeit hier auftauchen und euch belästigen, ruft mich. Ich kann leider nicht überall gleichzeitig sein.«

      Pintel nahm sich wenig Zeit für seine Erholung. Kaum eine halbe Stunde später sprang er von seinem Lager auf und verkündete, er sei ausgeruht genug und bereit.

      »Was machen Krona und Fenrir?«, erkundigte er sich bei Lomir, der seinen Rundgang beendet hatte. Lomir zuckte mit entnervtem Gesicht die Schultern.

      »Krona ist zwei Räume weiter und führt einen Feldzug gegen meinen Schnaps«, sagte er. »Ihr solltet nicht damit rechnen, dass heute noch etwas Vernünftiges von ihr kommt. Fenrir habe ich nicht gefunden. Ich habe aber auch nicht in jeden dunklen Winkel geschaut. Wer weiß, ob er mich nicht angefallen hätte oder so.«

      »Es ist immer noch Fenrir«, sagte Pintel. »Er fällt keinen an.«

      »Sicher?«

      »Er wird schon wieder auftauchen«, sagte Nardon, der seine Niederschrift beendet hatte und sein abgegriffenes Notizbuch liebevoll in geöltes Tuch wickelte. »Und wenn nicht, können wir ihn in einigen Stunden immer noch, äh … jagen gehen.«

      »Das glaubt uns keiner«, sagte Lomir kopfschüttelnd. »Diese Geschichte ist so irre, die glaubt uns keiner.«

      »Hattest


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