Unerfüllte Träume einer jungen Liebe. Marie-Claire de Bergér

Unerfüllte Träume einer jungen Liebe - Marie-Claire de Bergér


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in einem Buch“, erklärte Marie-Theres.

      „Weißt Diether, dös macht sie öfters, indem sie ihrem Gegenüber so lange ins Gesicht schaut und seine Miene studiert, bis sie weiß, was er denkt“, sprach Uschi.

      „Was soll ich dazu sagen, dieses Ferienhaus gefällt mir sehr gut. Der Onkel Max meines Freundes Peter besitzt ebenfalls ein Chalet im alpenländischen Stil wie dieses. Allerdings im Kanton Wallis auf der Bettmeralp hoch über dem Rhônetal. Eine Frage hätte ich an Sie, Marie-Theres, was sind Sie von Beruf?“, fragte er.

      „Mein kürzlich verstorbener Großvater war Militärattaché in der Deutschen Botschaft in Bern. Ich habe dort eine Stellung als Chefin der Generale Justice Directrice de Unicef.“

      „Oh je, da kann ich nicht mithalten, ich stamme nur aus einer Lehrerfamilie. Wie kommen Sie zu Ulli?“

      „Meine Familie stammt aus Trostberg an der Alz. Mein Vater hatte viel im Ausland zu arbeiten, und zwar wegen seines diplomatischen Berufes. Er war Botschaftsrat in der Deutschen Botschaft in Bern. Er war daher viel mit meiner Mutter auf Reisen. Darum blieb ich in meinem Heimatort. Ursulas Mutter, Pia-Maria Giebelmeyer geborene von Hartenstein, ist meine beste Freundin. Da meine Eltern viel und oft im Ausland zu tun hatten, durfte ich bei Familie von Hartenstein meine Jugend bis zum Abitur verbringen. Dann kamen wir, Pia und ich, auf eine Höhere Töchterschule in Interlaken. Studiert habe ich an der Dolmetscher Akademie in München, dort absolvierte ich mein Examen für Dolmetscher, um später das Schweizer Büro in der Botschaft zu leiten“, berichtete Mariele.

      Doch da wurde sie von Madame Sutter unterbrochen: „Frau Baronin, ich bin fertig mit allem und frage Sie: Werde ich noch hier im Hause gebraucht? Wenn nicht, würde ich gerne in die Dienstwohnung gehen.“

      „Nein Frau Sutter, wir brauchen Sie nicht mehr, heute ist alles recht gewesen, dann bis morgen früh um 8 Uhr, gell. Auf Wiederluege, Frau Sutter“, verabschiedete sie die Hausdame.

      „Halt! Tante Donatha, kennst mi nimmer?“, rief Uschi.

      Frau Sutter schaute ganz erstaunt auf das junge Mädchen. „Uschi, bist du das wirklich? Ich habe dich das letzte Mal in Wuppertal bei meiner Schwägerin gesehen, das war 1955 und Klaus war auch dabei, mein Gott Maidli, ich hab dich bald nimmer kennt! Auf Wiederluege allerseits!“

      „Salü, Tante Donatha!“ Uschi musste schallend lachen, als sie Diethers verdutztes Gesicht sah. Wie Frau Sutter Mariele angeredet hatte. „Oh mein Gott, Diether, was machst du für ein zerknirschtes Gesicht? Wegen der Anrede oder des Titels vielleicht, oder weil ich Frau Sutter mit Tante Donatha angeredet habe? Sie ist wirklich eine Tante von mir“, machte Uschi den Vorstoß, damit Diether nicht dachte, er habe ins Fettnäpfchen getreten.

      „Bin ich vielleicht in eine adlige Familie hineingeraten, dös hab i net gewusst, oh verflixt“, schimpfte Diether lachend vor sich hin. „Vergebt mir bitte, wenn ihr könnt!“

      „Du brauchst dir nichts vorzuwerfen, dös geht vielen so, wer schaut schon auf das Schild neben dem Klingelknopf, wo dann draufsteht: von Trostburg“, fügte Uschi noch immer lachend hinzu.

      „Ja mei, i bitt schön um Entschuldigung, Marie-Theres, äh, Frau Baronin“, sagte er grinsend.

      „Unterstehen Sie sich, mich jetzt Frau Baronin zu nennen, sonst sage ich zu Ihnen Herr Hofrat, verstanden Diether?“, witzelte Mariele lächelnd.

      „Verflixt, da bin ich doch wieder ins Fettnäpfchen getreten“, rief er.

      „Nein, Sie brauchen sich um Gottes willen nichts vorzuwerfen, mein Junge, daran bin ich alleine schuld“, entgegnete sie. „Gut, das wäre geklärt und ich kann die Abendtafel aufheben.“

      Uschi räumte den Tisch ab und brachte das Porzellan in die Küche. Die Hausherrin ermunterte Diether, ihnen noch etwas auf dem Klavier vorzutragen. Dazu ließ Diether sich nicht lange bitten. Er fand die Noten eines der Klavierkonzerte Mozarts und brachte es zu Gehör. Sein Spiel war ausdrucksvoll und besänftigend zugleich. Dasselbe galt für die anschließend vorgetragene Mondscheinsonate von Beethoven. Sie wurde so gespielt, als hätte der Pianist diese Begegnung mit dem Mond gerade selbst erlebt.

      Ursula kam aus der Küche und gesellte sich zu Mariele. Die hatte es sich im Ohrensessel bequem gemacht. Beide lauschten verzückt dem Vortrag des Klavierspiels. Uschi hatte sich leise hinter Diether gestellt und umarmte ihn zärtlich. Die herrlichen Melodien versetzten sie in eine glückliche Stimmung und sie dachte bei sich: „Diese Begegnung war vorherbestimmt, es ist einfach Schicksal.“ Mittlerweile schlug die Uhr zehnmal und Mariele erklärte, dass sie müde sei und gerne zu Bett gehen würde.

      Ursula entschuldigte sich und meinte: „Was für ein ereignisreicher Tag ist das heute gewesen, liebe Patentante. Eigentlich bin ich auch müde, Diether vielleicht ebenso? Aber mir ist so nach Singen zumute, geht’s dir genauso wie mir, Großer?“, fragte sie ihn leise.

      „Du hast recht, Kleines, in mir singt und klingt es gewaltig. Würdest du denn für uns noch etwas singen?“, bat er ruhig.

      „Ja, wenn es meiner Tante recht ist!“

      „Natürlich darfst du noch ein Schubertlied singen“, meinte die Baronin.

      „Am besten passt jetzt: Meine Ruh ist hin oder gefällt euch ein anderes Stück?“

      „Nein, das ist gerade richtig, Schatz!“ Diether hatte das Gefühl, sie einfach so anreden zu dürfen, schlug die Noten auf und begann das Vorspiel.

      Ursula sang das Schubertlied: „Meine Ruh ist hin, mein Herz ist schwer ...“ Ihre herrliche Sopranstimme brachte Schubert so richtig zur Geltung. Es passte in die Stimmung eines aufregenden Tages. Die jungen Leute erkannten in ihrem Innern die große Gemeinsamkeit ihrer Seelen. Das Schicksal hatte sie zusammengeführt.

      Nach dem Schubertlied, das Uschi mit viel Seele und Gefühl vorgetragen hatte, verabschiedeten sich die drei Menschen liebevoll voneinander. Marie-Theres ging in ihr Zimmer. Uschi und Diether begaben sich in den ersten Stock, wo sich ihre Schlafräume befanden. Sie sagten sich zärtlich gute Nacht. „Schlaf gut, Uschilein.“

      „Du auch, Dietherle.“

      „Weißt, was man in einem fremden Haus, dort wo gute Freunde wohnen, in der ersten Nacht träumt, das geht in Erfüllung“, erklärte Uschi leise.

      „Wenn du das sagst, Schatz, ich lasse ich mich überraschen. Aber wenn du net gut schlafen kannst, Mädele, klopfst bei mir und ich halte dich so lang im Arm, bist wieder einschläfst, gell?“, erwiderte Diether zärtlich und wollte in sein Zimmer gehen.

      Doch Ulli hielt ihn an seiner Trachtenjoppe fest und meinte: „Hast du nicht etwas vergessen, krieg i kein Gutenachtbusserl von dir? Dös möcht i schon von dir erhalten, gell!“

      So etwas ließ Diether nicht auf sich sitzen. Deshalb küsste er sie ganz sanft und meinte: „Gute Nacht, mein kleiner Schatz, träum schön von mir und schlaf gut, bis morgen früh.“ Er verschwand lachend in seine Schlafstube.

      Im Chalet Resi kehrte Ruhe ein. Der Mond zog silberhell seine Bahn und schaute verwundert ins Balkonzimmer: keine Vorhänge zu? Noch keine Fensterläden geschlossen? Da entdeckte er den einsamen Gast auf dem Balkon, der Gottes freie Natur in der dunklen Nacht und die Sterne am Firmament anschaute. Laut dankte er dem Herrn für dieses liebreizende Geschöpf, das Ursula hieß, das Maidli, das sein Schicksal sein würde. Nach fünf Minuten ging er zurück in sein Zimmer, verschloss die Fensterläden und die Balkontüre und legte sich schlafen.

      Uschi saß im Erker bei verschlossenen Fensterläden und schrieb noch folgende Sätze in ihr Reisetagebuch:

      Habe heute im August 1958 die erste große Liebe meines Lebens kennengelernt: Diether Marchart, stud. phil. aus Wien. Drei Wochen lang werden wir hier auf Rigi Scheidegg verbringen.“

      Danach zog sie ihren Pyjama an und legte sich ebenso in das wunderschöne, bemalte Himmelbett wie ihr neuer Freund.

      Diether lag noch eine Weile wach und dachte über seinen


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