Der Bergpfarrer Staffel 9 – Heimatroman. Toni Waidacher

Der Bergpfarrer Staffel 9 – Heimatroman - Toni Waidacher


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Reaktion, als sie aus der Umkleidekabine trat, war ihr nicht entgangen. So sah ein Mann nur eine Frau an, die er von ganzem Herzen begehrte, und auch sie sehnte sich nach seinen starken Armen, seinen heißen Küssen, seinen Liebkosungen. Ihr Herz jubilierte, als sie sich vorstellte, wie er sie in die Arme nahm und ihr seine Liebe erklärte.

      Angela nahm das Dirndl aus der Tüte und hängte es auf einem Bügel an den Kleiderschrank. Die Bluse würde noch einmal gebügelt werden müssen, aber das übernahm bestimmt der Zimmerservice.

      Während sie sich rasch erfrischte und umzog, hörte Angela draußen eine Tür klappen und Schritte, die über den Flur zu laufen schienen. Aber sie dachte sich nichts weiter dabei und überprüfte den Sitz ihrer Haare.

      Eine Viertelstunde später verließ sie ihr Zimmer wieder und klopfte an Stephans Tür.

      »Ich bin’s«, rief sie. »Bist’ auch soweit?«

      Keine Antwort.

      Angela Pfister klopfte ein zweites Mal und ging, als sie wieder keine Reaktion erhielt, über den Flur zur Treppe.

      Merkwürdig, dachte sie.

      Als sie wenig später in den Kaffeegarten kam, saß Stephan bereits mit ihren Eltern und seiner Mutter zusammen. Das fand sie seltsam, hatte sie es doch so verstanden, daß sie gemeinsam hinuntergehen wollten.

      Was soll’s, dachte sie und setzte sich. Vielleicht hat er’s sich anders überlegt.

      »Stephan hat schon erzählt, daß es schwer werden könnt’, einen Bergführer zu bekommen«, wandte sich ihr Vater an sie.

      »Ja«, nickte sie, »offenbar sind doch mehr Touristen hier, als man vermuten konnte.«

      »Also, wenn’s denn nun gar nix werden sollte mit der Tour, dann fahren wir an den Achsteinsee«, sagte Stephan Richter. »Da soll man sehr schön baden können.«

      Er schaute Angela fragend an.

      »Natürlich nur, wenn du willst…«

      »Aber ja«, antwortete sie. »Das wird bestimmt genauso schön.«

      Das Ehepaar und Margot Richter wechselten einen raschen Blick.

      »Ihr duzt euch ja auch«, stellte Ewald Pfister fest.

      Die beiden jungen Leute lächelten.

      »Warum auch net?« meinte Angela. »Schließlich geht ihr uns ja mit gutem Beispiel voran.«

      Eine der Haustöchter war an den Tisch getreten und reichte ihnen die Speisekarten. Angesichts der Einladung ins Pfarrhaus entschieden sie sich, nur etwas Leichtes zu Mittag zu essen – lediglich Ewald Pfister konnte sich mit dem Gedanken nicht anfreunden, einen Salat essen zu müssen. Er wählte ein Wiender Schnitzel mit Bratkartoffeln…

      *

      In der Pfarrküche brutzelte und kochte es. Seit dem Nachmittag war Sophie Tappert mit den Vorbereitungen für das Abendessen beschäftigt, und eine ganze Zeitlang hatte Claudia Bachinger ihr dabei geholfen. Jetzt war die attraktive Journalistin in Max’ Wohnung gegangen, um sich umzuziehen, während der Polizist und Sebastian im Keller des Pfarrhauses standen und den Wein aussuchten.

      Keine leichte Aufgabe, sollte es doch Fisch und Fleisch geben. Schließlich hatten die zwei Brüder ein paar Flaschen Weißwein und einige Rote zusammengestellt.

      »Den Zweigelt werden wir schon öffnen müssen, damit er Sauerstoff bekommt«, meinte der Bergpfarrer, als sie wieder ins Eßzimmer zurückgekommen waren.

      »Das übernehm’ ich«, nickte Max und griff zum Korkenzieher.

      Claudia trat ein, sie sah hinreißend aus in ihrem hellen Kleid und dem dazu passenden Jäckchen.

      »Ich schau’ mal schnell in die Küche«, erklärte sie und verschwand so rasch, wie sie gekommen war.

      Sophie Tappert schaltete gerade die Herdplatten aus, als die Journalistin eintrat.

      »Na, alles in Ordnung?« fragte sie.

      Die Haushälterin nickte. Claudia band sich eine Schürze um, dann machten sich die beiden Frauen daran, die Vorspeise anzurichten.

      Auf einen Glasteller wurden Salatblätter gelegt, die mit kleinen Nockerln von geräucherter Lachsmousse gefüllt wurden. Sophie Tappert hatte aus Joghurt und frischen Kräutern eine Sauce gerührt, die jetzt über Salat und Fisch geträufelt wurde. Ein paar gezupfte Dillspitzen als Dekoration und die Vorspeise war servierbereit.

      In einem der Töpfe auf dem Herd befand sich die anschließende Suppe. Eine leichte Bouillion mit Markklößchen und Eierstich. Die Haushälterin öffnete die Klappe des Backofens und warf einen prüfenden Blick auf das Roastbeef, das darin briet. Sie nickte zufrieden. Wenn Vorspeise und Suppe gegessen waren, dann war das Fleisch genau richtig.

      Draußen klingelte es an der Haustür.

      »Da sind sie«, sagte Claudia und band die Schürze ab.

      Als sie auf den Flur trat, hatte Sebastian schon geöffnet. »Herzlich willkommen«, begrüßte er die Gäste. »Treten S’ ein. Das Essen ist gleich soweit.«

      Max hatte den Aperitif vorbereitet, einen ›Kir Royal‹. Den dazugehörigen Likör aus schwarzen Johannisbeeren hatte er in hohe Gläser geschenkt und mit eiskaltem Sekt aufgefüllt. Während der Geistliche die Besucher vorstellte, verteilte der Polizeibeamte schon das Getränk.

      »Hochwürden, wir bedanken uns herzlich für die Einladung«, sagte Ewald Pfister, nachdem sie sich zugeprostet hatten.

      »Auf einen schönen Abend«, nickte Sebastian und hob noch einmal sein Glas. »Ich denk’, wir können uns schon setzen. Da es bei uns immer ein bissel zwanglos zugeht, haben wir auf Tischkarten verzichtet. Jeder setzt sich, wohin er mag.«

      Claudia half beim Auftragen der Vorspeise, während Max sich weiterhin um die Getränke kümmerte. Für das Fischgericht und die Suppe hatte Sebastian einen Sauvignin blanc ausgesucht. Der etwas kräftige Weißwein paßte hervorragend zu dem Rauchgeschmack der Lachsmousse. Das bestätigten auch die Gäste am Tisch.

      Während des Essens drehte sich die Unterhaltung in erster Linie um die weiteren Urlaubspläne der beiden Familien, und so erfuhr Pfarrer Trenker von der Misere mit den Bergführern.

      »Ja, am besten bucht man sie schon gleich zusammen mit dem Zimmer«, erklärte er. »Besonders in den letzten Jahren hat der Fremdenverkehr zugenommen, und die Leut’ kommen von überall her.

      Aber ich denk’, daß wir trotzdem eine Lösung finden. Ich hab’ nämlich für Montag früh eine Tour geplant, und wenn ihr euch mir anvertrauen wollt’, dann könnt’ ihr selbstverständlich mitgeh’n.«

      Der letzte Satz war an Angela und Stephan gerichtet. Die beiden sahen den Geistlichen erfreut an.

      »Wirklich? Das wär’ ja prima.«

      Gleich waren sie mit Sebastian in ein Gespräch über die Tour vertieft, während Ewald Pfister sich mit Max, und Margot Richter mit Claudia Bachinger unterhielten.

      Niemand, auch nicht Hannelore Pfister, die sich mit Sophie Tappert über Rezepte austauschte, bemerkte die sorgenvolle Miene der Haushälterin, die ihr Gesicht überzogen hatte, als Sebastian von der geplanten Bergtour sprach.

      Noch immer hatte Sophie ihre Angst nicht überwunden, die sie immer befiel, wenn Hochwürden auf den Gipfel stieg…

      Zum Roastbeef, das perfekt rosa gebraten war, wurden frische Gemüse aus dem Pfarrgarten serviert. Dazu Herzoginkartoffeln, die Sophie Tappert aus Pürree, das mit Eigelben verrührt worden war, hergestellt hatte. Auch hier handelte sie nach ihrer strikten Devise, daß nichts aus der Dose auf den Tisch kam, und Eingefrorenes nur dann, wenn es sich um Reste handelte, die die Haushälterin selbst in die Truhe getan hatte.

      Das Besondere zu diesem Essen war jedoch die Sauce Béarnais, eine aufgeschlagene Buttersauce, ähnlich der Hollandaise, die allerdings eine würzige Estragonnote hatte und mit gehacktem Kerbel vollendet worden war.


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