CGM- und Insulinpumpenfibel. Ulrike Thurm

CGM- und Insulinpumpenfibel - Ulrike Thurm


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und Dokumentation, deutliche Reduktion des Alkoholkonsums, ganz besonders in der Umstellungsphase.

      3.Die körperliche Aktivität im Alltag sollte parallel erhöht werden, jedoch muss Manfred intensive Belastungen mit deutlichen Blutdruckanstiegen vermeiden, bis das Auge stabil gelasert ist und der Augenarzt keine Bedenken mehr äußert. Bis dahin Spaziergänge, Radtouren etc.

       Einstellungsziele

      Die Absenkung des HbA1c muss langsam (1 – 2 % pro Quartal) erfolgen. Unterzuckerungen muss Manfred komplett verhindern, um akuten Schädigungen des Augenhintergrundes vorzubeugen. In den ersten Wochen sollten Blutzuckerwerte zwischen 150 – 200 mg/dl angestrebt werden.

       Therapieumstellung

      1.Der Grundumsatz wird errechnet und die BE werden entsprechend auf 23 pro Tag reduziert (bisheriger Gesamtenergieumsatz nach D-A-CH-Referenzwerten: ca. 2.380 kcal/Tag; Reduktion der täglichen Energieaufnahme auf ca. 2.200 kcal, davon gemäß den aktuellen Leitlinien 50 % in Form von Kohlenhydraten = 1.100 kcal; das entspricht 23 BE). Eine Reduktion der Kalorienaufnahme um ca. 180 kcal/Tag führt zu ca. 1 kg Gewichtsverlust im Monat, das entspricht in 12 Monaten einer nach den Leitlinien der DDG/DGE maximal anzustrebenden Gewichtsabnahme von 10 % des bisherigen Gewichtes. Während der Schulung sollte Manfred auf Alkoholkonsum verzichten.

      2.Demzufolge ist es erforderlich, bei der Berechnung der Gesamtinsulindosis die Menge des Bolusinsulins zu kürzen: Bei 30 BE entsprach die benötigte Summe an Insuman® Rapid 76 I.E., bei 23 BE wäre diese Summe proportional mit 58 I.E. anzusetzen. Dadurch ergibt sich dann eine Gesamtinsulinmenge von 104 I.E.

      3.Korrigierte Gesamtinsulinmenge unter ICT: 104 I.E., davon mindestens 30 % abziehen, da bei der Umstellung inkl. Ernährungsumstellung und Erhöhung der körperlichen Aktivität an mehreren Stellen auf den Gesamtstoffwechsel Einfluss genommen wird.

      4.Berechnung der Basalraten-Tagessumme: 104 I.E. – 30 % = 73 I.E. Die 73 I.E. werden zu 50 % auf die Basalrate und zu 50 % auf die Bolusgaben verteilt: 50 % von 73 I.E. = 36,5 I.E.

      5.Da Manfred bereits seit 35 Jahren Diabetes hat und ein sehr gleichmäßiger basaler Insulinbedarf zu erwarten ist, wird mit einer konstanten Basalrate von 1,5 I.E./Std. = 36 I.E./Tag begonnen. Da Manfred bisher als Basalinsulin Lantus® verwendet hat, wird mit einer temporär auf 70 Prozent reduzierten Basalrate begonnen. Je nach Blutzuckerverlauf wird diese schrittweise nach ca. 12 – 24 Stunden auf 100 Prozent gesteigert.

      6.6. Die Start-Basalrate wird mithilfe von Mahlzeiten-Auslassversuchen ab dem nächsten Tag getestet und schrittweise angepasst / leicht moduliert.

      7.Auch die I.E./BE-Verhältnisse werden gekürzt. Es ergibt sich folgendes Start-Therapieschema:

       3.6 Verhaltensregeln für die Schulungstage

      Mit den in der Kapitelüberschrift genannten „Verhaltensregeln“ ist nicht gemeint, dass die angehenden Insulinpumpenträger einen „Knigge der Diabetologie“ erlernen sollen. Vielmehr sollen einige Faktoren, die die Stoffwechseleinstellung unnötig erschweren, während der Umstellung auf die Insulinpumpentherapie ausgeschaltet werden. Der Lebensrhythmus weicht während der Schulungsphase vom „Normalen“ ab (z. B. weniger körperliche Aktivität, andere Essenszeiten), sodass Diabetesteam und Pumpenträger ohnehin vor einer anspruchsvollen Aufgabe stehen.

       3.6.1 Mahlzeiten

      Für die Dauer des stationären Aufenthaltes sollten keine Zwischenmahlzeiten eingenommen werden. Nach 19 Uhr sollten weder Kohlenhydrate, Fette oder Eiweiße konsumiert werden, denn deren nachfolgende Resorption aus dem Darm macht die Findung des nächtlichen Basalratenprofils unmöglich. Diese Regeln gelten selbstverständlich nur für die Dauer der Dosisfindung; nach Bestimmung einer passenden Basalrate und der Insulinfaktoren steht der völligen Flexibilität im Alltag nichts mehr im Wege.

      Zur Optimierung der auf Verdacht kalkulierten Start-Basalrate wird pro Tag jeweils eine andere Mahlzeit ausgelassen. Nur so ist eine klare Aussage über die reine Wirkung der Basalrate möglich (diese deckt ja den mahlzeitenunabhängigen Insulinbedarf). Ein „Fastentag“ mit gänzlichem Verzicht auf jegliche Nahrungsaufnahme an einem Tag ist nicht erforderlich und auch nicht sinnvoll, da sich der Stoffwechsel dann allmählich auf „Fettverbrennung“ umstellen würde. In der Folge nähme die Insulinempfindlichkeit ab und der Basalratentest wäre unbrauchbar.

      Ausführliche Informationen zu Startbasalrate und Basalratentest siehe Kap. 3.5.2 und Kap. 4.1

       3.6.2 Glukosemonitoring: Blutzucker-, Sensor- und Laborzuckerwerte

      Während der Umstellungsphase und in Phasen der Therapieoptimierung muss der Blutzucker häufiger gemessen werden (siehe Tab. 9). Nur auf diese Art ist es möglich, ein halbwegs vollständiges Bild von den täglichen Blutzuckerschwankungen zu erhalten, um die Therapie gezielt zu verbessern.

      Die kontinuierliche Glukosemessung ist eine große Hilfe bei der Pumpeneinstellung. Die Stoffwechsellage kann objektiv und vollständig beurteilt werden. So kann z. B. die zurückliegende Nacht oder der Mahlzeitenverlauf optimal analysiert werden. Durch Verwendung eines CGM-Systems mit Alarmen können Hypoglykämien, welche die Einstellung erschweren, frühzeitig identifiziert und vermieden werden. Ein weiterer Vorteil der CGM ist die anschauliche Dokumentation der Glukosekurven, die für das Antragsverfahren bei den Krankenkassen verwendet werden können (dazu sollte eine CGM-Phase vor und eine Phase nach der Umstellung auf die Insulinpumpentherapie dokumentiert sein).

Wann sollten die Blutzucker-Messungen erfolgen?
Einstellungsphaseim Alltag
nach dem Aufstehen / vor dem Frühstück××
1 – 2 Stunden nach dem Frühstück×1 x pro Woche
vor dem Mittagessen××
1 – 2 Stunden nach dem Mittagessen×1 x pro Woche
vor dem Abendessen××
1 – 2 Stunden nach dem Abendessen×1 x pro Woche
vor dem Schlafengehen××
nachts um ca. 2 – 3 Uhr×alle 2 – 4 Wochen
X = tägliche Messung zum angegebenen Zeitpunkt.

      Tab. 9: Minimalzahl der Blutzuckermessungen während der Einstellungsphase und im Alltag. Zusätzlich muss bei Verdacht auf eine Unterzuckerung jederzeit sofort der Blutzucker gemessen werden. Im Zusammenhang mit körperlicher Aktivität bzw. Sport sind weitere Blutzuckermessungen erforderlich (siehe Kap. 9.4). Bei Blutzuckerwerten über 250 mg/dl oder bei Symptomen einer Ketoazidose muss zusätzlich ein Ketontest durchgeführt werden (siehe Kap. 7.2).

      Trägt der Pumpenneuling einen Sensor zum kontinuierlichen Glukosemonitoring, sollte (nicht nur) während der Umstellungsphase sichergestellt werde, dass dieser auch präzise misst. Blutzuckermessungen zum Kalibrieren sollten zu stabilen Zeiten durchgeführt werden. Auch kalibrierfreie Sensoren müssen gelegentlich durch Kontroll-Blutzuckermessungen überprüft werden. Während der Umstellungsphase empfehlen wir mindestens 2 – 3 x tägliche Parallelmessungen. Die Messgenauigkeit gilt als ausreichend, wenn die Blutzuckerwerte im Mittel nicht mehr als 10 Prozent vom angezeigten Sensorglukosewert abweichen, insbesondere bei konstantem Trend.

      Weitere Informationen zu Glukosesensoren (CGM und FGM) siehe Kap. 1117

       Laborzucker

      Im Rahmen einer stationären Insulinpumpenschulung wird in der Regel mehrmals täglich der Blutzucker mit einem Laborgerät gemessen. Auch in diabetologischen Schwerpunktpraxen


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