CGM- und Insulinpumpenfibel. Ulrike Thurm

CGM- und Insulinpumpenfibel - Ulrike Thurm


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der Wirkung. Die Parameter sind dosisabhängig und individuell verschieden. Große Insulindosen können länger, sehr kleine Dosen können kürzer wirken als in der Tabelle genannt.

      Die Insulinpumpentherapie wird in der Regel vormittags begonnen, da dann „bei Tageslicht“ die ersten Erfahrungen mit der neuen Therapieform gesammelt werden können. Das konkrete Vorgehen hängt von der Art des bisher verwendeten Basalinsulins (siehe Tab. 7), dem individuellen Wirkprofil und von den Erfahrungen und Vorlieben des Diabeteszentrums ab:

      Die Insulinpumpentherapie wird am Vormittag begonnen. Letzte Basalinsulin-Injektion am Vorabend in der gewohnten Dosis.

      NPH-Insulin, Levemir®: meist Beginn mit der einprogrammierten Start-Basalrate, engmaschige Blutzucker-/Sensorkontrollen und Dosisanpassungen.

      Lantus®, Abasaglar®, Toujeo®: Aufgrund der überhängenden Basalinsulinwirkung sollte die Basalrate zu Beginn mithilfe der „Temporäre Basalrate“-Funktion prozentual reduziert werden. Je nach Blutzucker-Niveau sind Reduktionen um 20 – 50 Prozent üblich. Nach Abklingen der Basalinsulinwirkung, für gewöhnlich innerhalb der ersten 24 Stunden, wird die Basalrate schrittweise auf 100 Prozent erhöht.

      Tresiba®: am Vortag der Umstellung keine Tresiba-Injektion mehr. Aufgrund der sehr langen Wirkdauer wird die Pumpentherapie mit drastisch reduzierter temporärer Basalrate begonnen (Reduktion um 80 – 100 Prozent). Je nach Glukoseverlauf wird die Basalrate schrittweise erhöht. Es kann mehrere Tage dauern, bis die Basalrate auf 100 Prozent gesteigert werden kann.

       3.5.5 Beispiele zum Umstieg auf die Insulinpumpentherapie

       Beispiel A

      Christina hat seit 5 Jahren Typ-1-Diabetes, ist 28 Jahre alt, normalgewichtig, HbA1c-Wert 7,2 %, sehr motiviert, möchte schwanger werden, misst 4 – 7-mal/Tag ihren Blutzucker, dokumentiert sehr ausführlich. Sie hat ein ausgeprägtes Dawn-Phänomen, das auch durch die Gabe von Levemir® nicht gut therapierbar war.

      Christina behandelt sich seit über 4 Jahren mit der ICT, ist sehr gut geschult und informiert. Sie ist engagiert in einer Selbsthilfegruppe, liest aktuelle Diabetesliteratur. Will sehr gerne auf die Insulinpumpe umgestellt werden, hat sich auf einem Diabetikertag schon ausführlich mit allem Informationsmaterial eingedeckt.

      Christina hat keinerlei diabetische Folgeerkrankungen.

      Sie hatte in den letzten 12 Monaten eine schwere Unterzuckerung, Werte unter 50 mg/dl treten fast täglich auf, Werte unter 40 mg/dl ca. 2 – 4-mal die Woche. Sie hat noch eine recht gute Hypoglykämiewahrnehmung (ab 50 mg/dl), war aber durch die geplante Schwangerschaft etwas überehrgeizig, um schneller in den angestrebten HbA1c-Zielbereich zu gelangen.

       Aktuelle Insulintherapie

       Fragen

      Welche Schwerpunkte müssen beim Erstgespräch gesetzt werden?

      Mit welcher Basalrate und mit welchem I.E./BE-Verhältnis sollte gestartet werden?

      Was macht man mit einem Analoginsulin bei einer Schwangerschaftsplanung?

       Erstgespräch

      1.Gezielt die strengen Zielwerte ansprechen, die während einer Schwangerschaft empfohlen werden, und sich diesem niedrigen Blutzucker-Niveau schon in der Planungsphase annähern (siehe Kap. 9.2.1).

      2.Sensibilisierung für Hypoglykämien. Trotz niedriger Blutzucker-Einstellung müssen schwere Hypoglykämien vermieden werden. Intensive Beratung über Hypoglykämieprävention, -wahrnehmung, -therapie etc.

      3.Information über die Gründe, warum Analoginsuline lange Zeit während einer Schwangerschaft nicht zugelassen waren und dass sich die Datenlage geändert hat (mit Diabetologen, Gynäkologen). Inzwischen raten die Fachgesellschaften vom Einsatz der schnell wirksamen Analoginsuline während der Schwangerschaft oder Stillzeit nicht mehr ab.

       Einstellungsziele

      Der HbA1c-Wert sollte bereits in der Vorbereitungsphase (präkonzeptionell) in einen Bereich um die 6 % abgesenkt werden. Die Blutzuckerwerte sollten schon in der Planungsphase im Bereich der genannten Schwangerschaftsrichtlinien liegen. Gleichzeitig müssen häufige, vor allem aber schwere Unterzuckerungen vermieden werden. Häufige Blutzuckermessungen (6 – 8/tgl.) sind unumgänglich.

       Therapieumstellung

      1.Christina hat sich für die Weiterbehandlung mit NovoRapid® entschieden.

      2.Es findet noch eine spezielle Ernährungsberatung entsprechend den Schwangerschaftsrichtlinien statt, inkl. ausreichender KH-Zufuhr, allmorgendlicher Azetonmessung, Spritz-Ess-Abstand, Notwendigkeit von Zwischenmahlzeiten etc.

      3.Gesamtinsulinmenge unter ICT: 41 – 50 I.E. Davon mindestens 20 % abziehen, da bei der guten Grundeinstellung und den vielen niedrigen Blutzuckerwerten eine Insulineinsparung bei der Umstellung auf die CSII von mindestens 20 % zu erwarten ist.

      4.Berechnung: 41 – 50 I.E. – 20 % = 33 – 40 I.E. (Beginn mit 33 I.E.) Die 33 I.E. werden zu 50 % auf die Basalrate und zu 50 % auf die Bolusgaben verteilt: 50 % von 33 I.E. = 16,5 I.E.

      5.Da die Diabetesdauer bei Christina recht kurz ist und sie über ein ausgeprägtes Dawn-Phänomen berichtet, wird mit einer physiologisch modulierten „Standard-Basalrate“ (siehe Kap. 3.5.2) in einer Höhe von 16 I.E. pro Tag begonnen.

      6.Die Start-Basalrate wird ab dem nächsten Tag durch Mahlzeiten-Auslassversuche getestet und angepasst.

      7.Die I.E./BE-Verhältnisse werden bei der Ersteinstellung leicht abgesenkt und dann durch postprandiale Blutzuckermessungen angepasst. Christina kann die BE-Mengen weiterhin flexibel gestalten. Sie wird darauf hingewiesen, dass sie die Mahlzeiten in Haupt- und Zwischenmahlzeiten aufteilen sollte, um die strengen Blutzucker-Zielwerte zu erreichen. Dies sollte sie bereits in der Planungsphase austesten und entsprechend anpassen.

      8.Es ergibt sich folgendes Start-Therapieschema:

       Beispiel B

      Kerstin, 38 Jahre, Diabetesdauer 12 Jahre, normalgewichtig, letzter HbA1c-Wert 5,2 %, sehr ängstlich bezüglich diabetischer Folgeerkrankungen. Kerstin führt seit über 9 Jahren eine ICT durch und ist sehr gut geschult. Sie misst 3 – 5-mal täglich den Blutzucker, dokumentiert lückenhaft und hat einen extrem niedrigen Blutzuckerdurchschnitt. Werte über 140 mg/dl werden sofort mit Analoginsulin korrigiert.

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