Walk by FAITH. Felicitas Brandt

Walk by FAITH - Felicitas Brandt


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      Ich nickte gerührt. „Verstanden.“

      „Gut.“ Sie sah mich forschend an. „Sonst noch was?“

      „Nein, für heute reicht es mir mit den Offenbarungen.“

      „Schön. Willst du noch einen Film sehen?“

      „Gerne.“

      Und so legte sie eine weitere DVD ein und wir löffelten das Eis leer. Und ich verliebte mich. In selbst gemachtes Eis. In wahre Worte. Und auch ein bisschen in meine Tante.

       Jayden

      Die Kopfschmerzen waren mörderisch. Sie hatten eingesetzt, kurz nachdem der Wecker ihn aus seinem beinahe komatösen Schlaf gerissen hatte. Die Nacht war kurz gewesen. Als die meisten Gäste schon gegangen waren, waren noch einige seiner „Untermieter“ aufgetaucht, die Blicke gehetzt, ihre Zungen gehemmt. Ärger umhüllte sie wie Giftgas. Wie gerne hätte er sie einfach vor die Tür gesetzt, doch die Ketten, die ihn an diese Stadt banden, hatten ihn daran gehindert. Also war er geblieben, hatte Ty fortgeschickt und wütende Blicke aus den Löwenaugen auf sich gezogen. Äußerlich ruhig hatte er begonnen, die Bar aufzuräumen, immer in ihrer Nähe, um möglichst viel aufzuschnappen. Doch seine Gedanken waren ebenso unruhig gewesen wie seine Hände. Immer wieder dachte er an Snoopy, wie sie mit vom Weinen geröteten Augen auf dem Bordstein gesessen hatte. Er hatte sich den ganzen Tag schon seltsam benebelt gefühlt, als würde er die Welt nur durch Watte wahrnehmen, doch sie hatte seinen Kopf augenblicklich geklärt. Er wurde einfach nicht schlau aus ihr. Mal wirkte sie verfolgt, als würde die Vergangenheit in ihrem eigenen Schatten lauern, dann wieder blitzte es schelmisch in ihren Augen auf und sie stürzte sich kopfüber in das Geschehen. So wie in den Job, den er ihr gegeben hatte. Niemals hätte er gedacht, dass sie zustimmen würde, aber er verzweifelte an den Unterlagen und außerdem fehlte ihm die Zeit. Diese Frau hatte wirklich der Himmel geschickt. In mehr als nur in einer Hinsicht. Und doch beunruhigte ihn die Wirkung, die sie auf ihn hatte. Valerie nahm seine Gedanken ein, seine Gegenwart, sein ganzes Sein. Sie kroch ihm unter die Haut und bewegte sich zielstrebig auf sein Herz zu. Stück für Stück. Und es gab einfach nichts, was er dagegen tun konnte.

      Das Balou lag still da, die Jukebox schwieg, die Bühne war leer. Wie jeden Morgen. Leere oder Leben – etwas anderes kannte er hier nicht. Mit einem Schnaufen schnappte Jayden sich ein Tablett und begann, benutzte Gläser einzusammeln. Die Knochen taten ihm weh und er fühlte sich elend. Er hatte gestern Abend nichts erfahren können, was ihm bei seiner Suche nach dem geheimnisvollen Prinzen weitergeholfen hätte. Der Prinz regierte in dieser Stadt über den Clan, der ihm momentan sein Leben diktierte, und dieser Mann war möglicherweise sein einziger Ausweg.

      Jaydens Hand zitterte so sehr, dass er ein Glas umstieß. Klebrige Flüssigkeit ergoss sich auf den Tisch und verstärkte seine ohnehin schon schlechte Stimmung. „Ach, komm schon!“ Er hievte das volle Tablett nach oben und schlängelte sich zwischen herumstehenden Stühlen hindurch zurück zur Theke, um es dort abzusetzen. Die Gläser klirrten gegeneinander, erreichten die Theke aber sicher. Jayden fuhr sich über die Augen und blickte sich um. Im Balou herrschte ziemliches Chaos. Stühle standen kreuz und quer, immer noch waren einige Tische mit leeren Gläsern und Flaschen verziert – die wenigsten ordentlich abgewischt, von dem Fußboden ganz zu schweigen. Wie gerne würde er einfach wieder ins Bett gehen und … Sein Fuß trat gegen irgendetwas, was dort nicht hätte sein sollen. Etwas knackte laut, irgendetwas rollte davon und plötzlich war da kein Boden mehr unter seinen Füßen. Die Schwerkraft zerrte seinen Oberkörper nach hinten und im nächsten Moment starrte Jayden an die Decke des Balou, während seine Lungen verzweifelt den Sauerstoff zurückforderten, den ihnen der Aufprall geraubt hatte. Schmerz zuckte seine gesamte Wirbelsäule hinunter und mit einem Stöhnen schloss er die Augen. Irgendetwas tränkte seine linke Wade und er hoffte, dass es kein Blut war. Das war seine Lieblingsjeans. Der Tag war auch ohne eine ruinierte Lieblingsjeans schlimm genug, zumal, wenn man bedachte –

      „Guten Morgen!“ Die Stimme jagte durch ihn hindurch wie ein Stromstoß. „Ich habe nicht viel Zeit, aber ich habe Puddingbrezeln mitgebracht und …“ Der Satz endete in einem erstickten Schrei, dann knirschte auch schon Glas unter Valeries Sohlen, als sie neben ihm auftauchte. „Jayden!“

      „Hallo, Snoopy“, krächzte er und hob müde eine Hand. „Halt lieber Abstand, hier liegen ein paar Scherben. Ich glaube, ich bin auf eine kaputte Flasche getreten.“

      „Sieht mir mehr nach einem runtergefallenen Glas aus. Beweg dich nicht, okay?“ Ihr Blick wanderte über ihn hinweg, prüfend wie ein Drogenspürhund. Dann verschwand sie aus seinem Blickfeld und wurde im nächsten Moment durch einen Besen ersetzt, der in groben Strichen die Scherben zur Seite kehrte. Dann hockte sie sich neben ihn. „Hast du dir was getan? Wo tut es weh?“

      Er drehte den Kopf zur Seite. Statt ihrer üblichen großen Pullover trug sie eine lockere graue Bluse und eine schlichte goldene Kette, deren Anhänger sie jetzt in ihrem Ausschnitt verschwinden ließ, ehe er ihm ins Gesicht schlagen konnte. Er wollte etwas sagen, aber ein Hustenanfall verschluckte seine Worte und schüttelte ihn von oben bis unten durch. Die Panik wich aus Snoopys Gesicht, doch die Sorge blieb. „Weißt du …“ Er musste sich räuspern, ehe seine Stimme hielt. „Ich glaube, ich werde wirklich krank.“

      Sie legte ihm eine Hand auf die Stirn und zuckte leicht zusammen. „Du hast Fieber. Jayden, du musst nach Hause. Wo wohnst du? Ich bring dich heim.“

      Er unterdrückte ein Lächeln und richtete den Blick zur Decke. „Oben.“

      Sie sah zur Decke. „Über der Bar?“

      „Ja, so wie Luke Danes.“

      Kleine Falten erschienen auf ihrer Stirn. „Wer ist Luke Danes?“

      „Der Typ im Karohemd aus Gilmore Girls. Der Kaffeeheld. Der Donutmann. Mensch Snoopy, deine Allgemeinbildung ist ja furchtbar.“

      „Dafür macht mir deine Angst“, konterte sie und blickte zur Treppe. Ihr schlaues Köpfchen arbeitete anscheinend auf Hochtouren. Es machte ihm Spaß, ihr dabei zuzusehen, nur war sein Sichtfeld an den Rändern leicht unscharf. „Was schaust du denn so?“, fragte sie, eine Spur unwirsch.

      „Ich überlege mir meine letzten Worte.“

      „Du stirbst nicht!“

      „Was willst du dagegen tun?“

      „Dich nach Hause bringen, und zwar sofort.“

      Jayden schüttelte den Kopf. Sofort verwandelte sich der Raum in ein Karussell und ließ den Gedanken daran, endlich aufzustehen, wieder verschwinden. „Ich kann hier nicht weg. Ty kommt erst in zwei Stunden. Jemand muss die Bar bis dahin aufräumen. Sauber machen. Sich um die Getränkelieferung kümmern. Und die Instrumente müssen auch mal wieder gestimmt werden.“ Er versuchte doch aufzustehen, scheiterte aber kläglich und knallte hart mit seinem Hintern auf den Boden. „Au.“

      Jetzt war Valerie dran mit Kopfschütteln. „Jayden, in diesem Zustand kannst du nichts davon tun. Komm, ich bringe dich in deine Wohnung.“

      „Aber –“, begann er zu protestieren.

      „Nichts, aber!“ Sie funkelte ihn an. „Du Sturkopf!“

      „Selber“, lachte er keuchend und griff nach ihrer Hand. Glas knirschte und seine Schutzwand bröckelte, als er sich von dem Mädchen mit den traurigen Augen auf die Beine helfen ließ.

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