Eine Geschichte des Krieges. Группа авторов

Eine Geschichte des Krieges - Группа авторов


Скачать книгу
waren es eher gelegentlich die technologischen Erfordernisse, die die Militärstrategie bestimmten. 1940 marschierten die Deutschen teilweise deswegen in Norwegen und Frankreich ein, um die Tausenden Kilometer Küstenstreifen zur Errichtung von U-Boot-Basen zu nutzen, ihre in Einzelteilen auf dem Landweg transportierten U-Boote vor Ort zu montieren und zu Wasser zu lassen, ohne dass Großbritannien dies verhindern konnte, wobei sie vom besetzten Frankreich aus den Ärmelkanal, den Atlantik und die baskische Küste erreichen konnten. Die Suche nach Wegen, um die Ölversorgung für ihre Panzer und Flugzeuge sicherzustellen, erklärt auch die Entscheidung der Deutschen, 1942 das Wolgatal anzugreifen, bis sie die verheerende und entscheidende Niederlage bei Stalingrad erlitten.

      Auch die Strategien des Luftkrieges zielten darauf, den Gegner von seinen technologischen und industriellen Ressourcen abzuschneiden. Strategische Bombardements als bewusste Methode wurden zum ersten Mal im Ersten Weltkrieg eingesetzt. Intensiv studiert wurden sie in den 1930er Jahren an der Air Corps Tactical School der US-Luftwaffe in Maxwell Fields in Alabama. 1942 hatte das amerikanische Militär den Langstrecken-Bomber B-17 entwickelt, der die Durchführung einer Luftkampagne ermöglichte, um die Deutschen von dem Öl, Sprit und Schmiermittel abzuschneiden, das diese für ihre Technik benötigten. Zu den amerikanischen Innovationen gehörten das Norden-Bombenzielgerät, mit dem eine größere Präzision bei Bombenabwürfen erreicht wurde, sowie bessere Navigationsinstrumente. Mit dem Verlust von fast 600 Soldat*innen und einem Viertel der beteiligten Maschinen erlebte die amerikanische Luftwaffe eines ihrer größten Desaster im Krieg am 14. Oktober 1943 über Schweinfurt, als sie vergeblich versuchte, die deutsche Kugellager-Produktion zu zerstören, eine scheinbare zweitrangige, aber für Benzinfahrzeuge unverzichtbare Technologie.

      Technologische Innovationen zeigen nicht immer die erhoffte Wirkung. Oft bergen sie Risiken oder erfordern beträchtliche Investitionen in die Infrastruktur. Im Zweiten Weltkrieg investierte Deutschland massiv in Technologien wie das Strahlflugzeug Me 262 und die Raketen V1 und V2, von denen sich die Nationalsozialist*innen den Sieg erhofften. Doch diese Maschinen benötigten Flugfelder, Abschussrampen und Treibstoffmengen, über die die Deutschen nicht verfügten. Auch benötigten sie längere Zeit bis zur Serienreife. Außerdem konnte keine Technologie das Land aus seiner globalen Unterlegenheit retten, die sich aus Schwächen seiner Industrie, unzureichenden Ressourcen und einer mörderischen Ideologie ergab und die es zur Niederlage verurteilte.

      Während des Zweiten Weltkrieges scherzten Amerikaner*innen gerne, ihr Land liefere keine Lösungen für die Probleme, sondern zerquetsche diese schlicht unter seiner großen Macht. Zwischen 1943 und 1945 erreichte die amerikanische Flugzeugproduktion die beeindruckende Zahl von 231 977 Maschinen, fast das Doppelte der Achsenmächte zusammen. Dieses Produktionsniveau erlaubte den Vereinigten Staaten, an zwei Fronten gleichzeitig zu kämpfen und zusätzlich noch die Alliierten über das »Leih- und Pachtgesetz« mit Industrieprodukten zu versorgen.

      In symmetrischen Kriegen kann ein qualitativer technologischer Vorsprung auch vernichtende Wirkung haben. So mündete die technologische Überlegenheit des Westens über die irakischen Streitkräfte Saddam Husseins in der Operation Desert Storm 1991 in einen schnellen Sieg der Koalition. Die amerikanische Luftmacht erwies sich als unaufhaltsam. Die »Revolution im Militärwesen« verband die amerikanische Militärtechnologie mit den satelliten- und lasergesteuerten Lenksystemen, die die Luftbombardements präziser und verheerender machten. Amerikanische Militärs führten Journalist*innen ein Video vor, das eine Bombe dabei zeigte, wie sie in die Lüftungsöffnung eines Gebäudes eindrang: ein Beweis der Präzision und der technischen Vollkommenheit ihrer Waffen. Doch im asymmetrischen Krieg, den sie 2003 gegen den Irak führten, entpuppte sich dieselbe Technologie als sehr viel weniger entscheidend.

      Der Unterschied zwischen den beiden Kriegen im Irak 1991 und 2003 zeigt in überzeugender Weise, dass nicht die Technologie allein den Sieg bringt, wenn es an den anderen zum Erfolg notwendigen Elementen fehlt. In seinem einflussreichen Buch Aufstieg und Fall der großen Mächte hat Paul Kennedy die Idee betont, dass in den großen symmetrischen Kriegen die Technologie und die industrielle und ökonomische Fähigkeit zu ihrer Entwicklung über Sieg und Niederlage entschieden. Doch auch er wischt andere bestimmende Elemente nicht beiseite. Der Krieg bleibt ein Tun von Menschen, eine politische Handlung. Im Fall des Krieges von 1991 hatten die Vereinigten Staaten begrenzte politische Ziele und einen so weit entgegenkommenden Gegner, dass er ihnen leichte Ziele für ihre neuen Präzisionswaffen bot. 2003 wiederholte sich dieses Szenario lediglich über die ersten Tage des Konflikts, obwohl sich dieser im Wesentlichen auf demselben Terrain abspielte.

      Die Technologie kann einen Vorteil bringen, aber nur, wenn sie bewusst eingesetzt und in den Dienst des wirtschaftlichen, politischen und wissenschaftlichen Gefüges der kriegführenden Nation gestellt wird. Man darf die Bedeutung der Kultur und der Ideologie nicht vergessen. So vernachlässigten die Nationalsozialist*innen die Physik, in der sie eine »jüdische Wissenschaft« sahen. Dies ist ein Schlüsselelement zur Erklärung ihres Unvermögens, bei der Entwicklung wichtiger Technologien wie dem Radar und der Kernenergie konkurrieren zu können. Eine Reihe von Wissenschaftler*innen, die den Alliierten bei der Erlangung atomarer Technologie und bei anderen technologischen Durchbrüchen halfen, hatten aus Deutschland fliehen müssen, weil sie selbst oder ihre Ehepartner jüdisch waren.

       Die Kernenergie zum Nutzen des Friedens

      Im Atomzeitalter setzten die Supermächte, wenigstens in der Theorie, ihre wirkungsvollsten Technologien nicht dazu ein, Krieg zu führen, sondern ihn zu verhindern. Nachdem die Sowjetunion und die Vereinigten Staaten mit der Atombombe die Mittel zur wechselseitigen Vernichtung entwickelt hatten, zielte der technologische Fortschritt auf die Herstellung eines sogenannten Gleichgewichts des Schreckens. Im Kern bestand die während der Kubakrise 1962 entwickelte Idee darin, ein technologisches System zu schaffen, mit dem ein Land einen Überraschungsangriff eines anderen Landes überleben konnte und gleichzeitig genügend Schlagkraft hatte, um seinerseits einen verheerenden Angriff zu starten. Der Logik nach würde es keines der beiden Lager wagen, Atomwaffen einzusetzen, wenn es nicht möglich war, mit dem ersten Angriff den Sieg davonzutragen.

      Infolgedessen arbeiteten beide Lager Pläne aus, um glaubhaft einen Zweitschlag oder gar Drittschlag führen zu können. Auf diese Weise entwickelten sie die sogenannte nukleare Triade: Langstreckenbomber wie die amerikanische B-52 Stratofortress oder die sowjetische Tu-95, die mit Atomsprengköpfen an Bord in den gegnerischen Luftraum eindringen können; ballistische Raketen (einige davon gleich mit mehreren nuklearen Sprengköpfen bestückt), die von Silos aus gestartet werden können; schließlich Atomraketen, die von U-Booten vor den gegnerischen Küsten abgefeuert werden. Die im Laufe der 1970er und 1980er Jahre von beiden Blöcken unterzeichneten Abrüstungsverträge sahen vor, der Gegenseite die groben Linien der Atomprogramme zugänglich zu machen und gemeinsame Inspektionen zu erlauben, damit sichergestellt werden konnte, dass beide Lager die Kapazitäten des anderen kannten und so davon abgehalten würden, ihre Waffen einzusetzen oder eine kleinere Krise bis an die Schwelle eines Atomkrieges zu treiben. Es war ein schmaler und unsicherer Weg, der aber erfolgreich zum Ziel führte.

      Mehrere erfolgreiche Filme aus der Zeit haben die prekäre Natur dieses Systems und die desaströsen Folgen im Fall des Scheiterns zum Gegenstand gemacht. In Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte, die Bombe zu lieben (1964) startet ein paranoider General der US-Air Force einen Atomwaffenangriff auf die Sowjetunion. Der amerikanische Präsident und sein wissenschaftlicher Berater, ein ehemals nationalsozialistischer Raketenkonstrukteur, erfahren, dass die Sowjets einen geheimen Mechanismus entwickelt haben, der auf einen Schlag das gesamte Atomarsenal und die Zerstörung der Welt auslöst, sobald ein amerikanischer Angriff registriert wird. Da Russland allerdings die Vereinigten Staaten nicht über die Existenz dieses Systems in Kenntnis gesetzt hat, kann es auch keine abschreckende Funktion haben, »und zwar aus Gründen, die zu diesem Augenblick nur zu klar sein dürften«3, wie Dr. Seltsam anmerkt. Die einzige mögliche Konsequenz des apokalyptischen Mechanismus der Sowjets ist die Vernichtung der Welt, was durch eine Reihe von Atompilzen im Abspann des Films angedeutet ist. In WarGames – Kriegsspiele (1983) schafft es ein Oberschüler, aus Spaß in das Computersystem des amerikanischen Militärs einzudringen, und löst unwissend den Countdown für den Start von Atomwaffen aus. In Jagd


Скачать книгу