Eine Geschichte des Krieges. Группа авторов

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Entscheidungen, die die Einzelnen und die Gesellschaften treffen. Trotz des Aufkommens moderner Technologien, wie dem Panzer und dem Flugzeug waren die Armeen, wie David Edgerton gezeigt hat, noch lange stark von der Muskelkraft von Tieren abhängig. So setzte beispielsweise die britische Armee noch im Zweiten Weltkrieg 500 000 Pferde und 47 000 Kamele ein. Das Neue ersetzt nicht zwangsläufig das Alte.

      Insbesondere die westlichen Gesellschaften scheinen manchmal von der Technologie wie betört und sehen in ihr eine Art Wundermittel. Bestimmte technologische Fortschritte werden uns helfen, länger zu leben, den Zustand der Umwelt zu verbessern oder im Fall der Militärtechnologie Siege auf dem Schlachtfeld zu erringen. Doch die technologischen Systeme sind per Definition dynamisch und führen oft zu Resultaten, die den Vorstellungen ihrer Erfinder*innen entgegengesetzt sind.

      Außerdem ist der Krieg, Clausewitz hat daran erinnert, ein Duell, in dem jedes Lager die Art der entsprechenden Interaktion mitbestimmt. Die vietnamesischen Guerillas, die sich im Dschungel verbargen, die Kombattanten des Islamischen Staates, die in den Großstädten des Nahen Ostens verschwinden, sind moderne Pendants zu den indianischen Kriegern, die im Angesicht der Artillerie der amerikanischen Armee nicht bewegungslos auf ihren Reittieren verharren wollten. Sie erinnern uns daran, wie die militärischen Planer gerne sagen, dass der Feind im Bereich der Technologie nicht weniger ein Wörtchen mitzureden hat als in allen anderen Aspekten des Krieges. Der Besitz einer fortschrittlichen Technologie allein kann einen Vorteil auf dem Schlachtfeld bringen, aber er hat auch seinen Preis. Und er garantiert auch nicht den Sieg.

      Michael Neiberg ist Inhaber des Lehrstuhls für War Studies am US War College. Er ist Autor zahlreicher Arbeiten zur Militärgeschichte, insbesondere über den Ersten Weltkrieg u. a. The Path to War. How the First World War Created Modern America (Oxford 2016).

       Literaturhinweise

      Unter den Gesamtstudien zum Thema möchten wir insbesondere hinweisen auf: William J. Astore, »Science and Technology in War«, Oxford Bibliografies Series, https://dx.doi.org/10.1093/obo/9780199791279-0054 [9. 6. 2019]; Martin Van Creveld, Technology and War. From 200 B. C. to the Present (New York 1989); Elting Morison, Men, Machines, and Modern Times (Cambridge, MA 1966); David Edgerton, The Shock of the Old. Technology and Global History since 1900 (Oxford 2011); Paul Kennedy, Aufstieg und Fall der großen Mächte (Frankfurt am Main 1989).

      Und unter den Spezialstudien: Carlo Cipolla, Guns, Sails and Empires. Technological Innovation and the Early Phases of European Expansion (1400–1700) (Manhattan, KS 1988); I. B. Holley, Ideas and Weapons, Exploitation of the Aerial Weapon by the United States during World War I. A Study in the Relationship of Technological Advance, Military Doctrine and the Development of Weapons (New Haven 1953); Merritt Smith, Harpers Ferry Armory and the New Technology. The Challenge of Change (Ithaca 1977); Dennis Showalter, Railroads and Rifles. Soldiers, Technology and the Unification of Germany (Hamden 1975).

      Unter den Arbeiten über bestimmte Technologien insbesondere: Gerard De Groot, The Bomb. A Life (Cambridge, MA 2006); Robert Massie, Die Schalen des Zorns (Frankfurt am Main 1993); John Ellis, The Social History of the Machine Gun (Baltimore 1986); Edward W. Constant, The Origins of the Turbojet Revolution (Baltimore 1980).

       Querverweise

      Das Drohnen-Zeitalter146

      Der Aufstieg des Kriegsstaates150

      Der Preis des Krieges166

      Guerilla und Aufstandsbekämpfung236

      Die AK-47 erobert die Welt283

      Der Bombenkrieg, vom Boden aus betrachtet568

      Schweigen über Hiroshima583

      1Die im Folgenden dargestellten Ideen stammen vom Autor selbst und geben nicht die des Verteidigungsministeriums, des Army War College, der Regierung der Vereinigten Staaten oder einer anderen ihrer Institutionen wieder. Ich möchte William J. Astore für seine wertvollen Beobachtungen danken, die er freundlicherweise nach Lektüre einer ersten Fassung dieses Textes mit mir geteilt hat.

      2Hilaire Belloc, The Modern Traveller, London 1898, S. 41.

      3Stanley Kubrick, Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte, die Bombe zu lieben, 1963.

      Katharine Hall

       Das Drohnen-Zeitalter

      Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hoben die ersten als Bomben eingesetzten unbemannten Flugzeuge ab. Diese Automatisierung des Krieges wirft zahlreiche ethische Fragen auf.

      2002 führten die Vereinigten Staaten im Jemen ihren ersten gezielten Luftschlag mit Drohnen durch. Laut des Bureau of Investigative Journalism autorisierte die Bush-Regierung mindestens 57 Drohnenangriffe im weiteren Rahmen des Krieges gegen den Terrorismus und des Irak- und Afghanistankrieges. Doch erst mit dem Einzug Obamas ins Weiße Haus nahm die Zahl der US-Drohnenangriffe merklich zu: Im Verlauf seiner zwei Amtszeiten kam es zu 563 Drohnenangriffen allein in Pakistan, Somalia und im Jemen (nicht zu reden von den Schlachtfeldern im Irak und in Afghanistan). Die Obama-Regierung stützte sich nicht nur vermehrt auf Drohnen, sondern veränderte auch die Art und Weise, wie die Angriffe durchgeführt wurden. Wenig überraschend wurden zahlreiche Einzelpersonen ins Visier genommen, weil sie in den Ziellisten aufgeführt waren. Andere hingegen fielen den Drohnenangriffen zum Opfer, ohne dass ihre Identität von den zuständigen Diensten im Vorhinein geklärt worden war – man spricht von einer Zielauswahl auf Grundlage einer »Analyse der Lebensgewohnheiten«, das heißt einer kombinierten Analyse der Kommunikation, der Reisen, der sozialen Netze und anderer Daten, die die Expert*innen für Korrelate terroristischer Aktivität halten. Die Identität der ins Visier genommenen Person ist unbekannt und kann meist auch nach dem Angriff nicht in Erfahrung gebracht werden. Die Verwendung von Metadaten zur Identifizierung von Zielen ist ein wichtiges Element der heutigen Drohnenangriffe, bei denen Algorithmen und Telefondaten zu einem integralen Bestandteil der kill chain, das heißt der vordefinierten Handlungskette bei Tötungsaktionen, geworden sind.

      Diese Entwicklungen werfen eine Reihe wichtiger Fragen bezüglich des gegenwärtigen Stands des amerikanischen Militärengagements und der Zukunft des Krieges auf. Wieso sind Drohnen zu einem zentralen Element der amerikanischen Militäreinsätze seit dem 11. September 2001 und insbesondere nach dem Ende der Bush-Regierung geworden? Zeigt die zunehmende Verwendung von Drohnen eine Verschiebung des ethischen und rechtlichen Rahmens an, der die Kriegführung bis dahin bedingt hat, insbesondere da die Drohnenangriffe aus der Distanz gesteuert werden, oft von einem Ort völlig abseits vom Kriegsschauplatz, und sich zunehmend auf Algorithmen und Metadaten stützen? Und was bedeuten letzten Endes diese Entwicklungen und die Tatsache, dass die Soldaten in der Zukunft potenziell durch Drohnen und Roboter ersetzt werden, für den Krieg und die Sicherheit?

      Wenn uns diese Fragen vor einige Herausforderungen stellen, kann uns die Geschichte der Drohnentechnologie viel über das Thema lehren. Großbritannien versuchte sich als Erstes an der Entwicklung von Drohnen als Offensivwaffen. Eines der ersten britischen Programme zum Bau von Drohnen Anfang des 20. Jahrhunderts hatte


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