10 Galaktische Abenteuer Box 4. divers

10 Galaktische Abenteuer Box 4 - divers


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      *

      Der Landeplatz schien wirklich eine Insel in der Wildnis zu sein. Caalis war eine Urwelt. Die Luft war schwül und schwer, und große Vögel, mitunter auch Flugechsen, flogen über den Wipfeln der Riesenbäume, die zweihundert Meter messen mochten. Unter ihnen, breitete sich ein bis zu 50 Meter hohes Dickicht von Schlingpflanzen, riesigen Blüten in einer auf der Erde nie gesehenen Pracht und Dornengewächsen aus. Das Unterholz wurde von kleineren Büschen, Rankengewächsen und weiteren Schlingpflanzen gebildet.

      Christopher Reed stand in der Bodenluke des Diskus. Etwa drei Meter unter ihm breitete sich weiches, gelbes Gras mit saftigen Blättern aus. Reed fragte sich, ob die Früchte dieser Welt wohl essbar für sie waren.

      Die Schmerzen hatten wieder stärker eingesetzt, und Reed spürte jetzt das steigende Fieber. Die Krankheit zehrte an seinen Kräften.

      Wir müssen durchhalten, bis wir die Burschen gefunden haben!

      Skip lag bewusstlos in einem Bett und wurde von Christine gepflegt, so gut es ging.

      Die gelbe Sonne stand am grünblauen Himmel und war bereits halb hinter den Baumwipfeln verschwunden. Bald würde es dunkel werden. Reed hatte den Vorschlag gemacht, dass bis zum nächsten Morgen niemand das Schiff verlassen solle, und die anderen hatten akzeptiert. Keiner von ihnen schien sich danach zu sehnen, die Bekanntschaft irgendwelcher Urwaldbestien zu machen.

      Als der Abend anbrach, sahen die Menschen sich nach geeigneten Schlafstätten um, während die Loorden an Bord weiterhin die Instrumente der Zentrale beobachteten. Zwischen den drei Fremden schien es so etwas wie eine stillschweigende Verbindung zu geben. Aber sie waren ja auch bis zu einem gewissen Grad Telepathen.

      Und dann fielen die Menschen in den tiefen Schlaf der Erschöpfung.

      Die Laute des nächtlichen Urwalds drangen nicht mehr an ihre Ohren.

      *

      Skip wachte in seinem seltsamen, den Körperformen angepassten Bett auf und wusste, dass es Nacht und dass er allein war. Er wusste es einfach.

      Skip fühlte die Hitze in seinem Körper, der ihm schon seit Tagen nicht mehr zu gehören schien. Irgendetwas geschah mit ihm, und der Junge konnte sich nicht dagegen wehren. Er hatte Angst davor, und er hatte Angst, mit anderen darüber zu reden. Schließlich hatte er sich in eine Psychose hineingesteigert. Begonnen hatte es mit den Wandbildern und der darauf folgenden Entdeckung der Mumien der früheren Besatzung an Bord der Walze. Es war Skip nicht schwergefallen, einen Zusammenhang zwischen den unvollendeten Reliefs und den Leichen herzustellen.

      Die Raumfahrer hatten die Bildfolge nicht vollenden können, weil das, was sie festhalten wollten, sie vorher ereilt hatte.

      Immer wieder hatten die anderen versucht, Skip aufzuheitern, mit ihm ins Gespräch zu kommen. Besonders Christine hatte sich um ihn gekümmert. Aber er wollte kein Mitleid von Leuten, die nicht in der Lage waren, ihm zu helfen, weil sie selbst zu den Opfern der Krankheit zählten. Er hatte Angst, aus ihrem Mund die Bestätigung seiner Befürchtungen zu hören, obwohl er wusste, dass sie zutrafen.

      Es fiel ihm schwer, noch klare Gedanken zu fassen. Alles, was um ihn herum vorging, kam wie durch schwebende Nebel zu ihm. Skip begann zu fantasieren.

      Er richtete sich in dem Bett auf, in das sie ihn gelegt hatten. Er schwitzte und bunte, verzerrte Figuren tanzten vor seinen fiebrigen Augen. Eine kalte Faust schien sich auf seine Schultern zu legen. Skip schlug die Decke zurück und setzte sich auf die Bettkante. Sie hatten ihn ausgezogen.

      Er stand auf und nahm sich seine alte Hose und das weiße T-Shirt von einer Konsole. Einen Augenblick lang wurde ihm schwindlig, und er musste sich festhalten.

      Niemand der anderen sollte ihn so sehen! Keiner sollte neben ihm stehen und zuschauen, wie er verrückt wurde und als phantasierendes Monstrum starb.

      Leise schlich er sich hinaus aus seiner kleinen Kabine und ging den matt erleuchteten Korridor entlang, bis er vor der Bodenschleuse stand. Es war still an Bord, nur einige Aggregate liefen leise summend irgendwo im Leib des Diskus. Skip schlich an der Zentrale vorbei.

      Sein Gehirn arbeitete auf Hochtouren. Der quälende Wunsch, das Schiff zu verlassen und irgendwo dort draußen in der Einsamkeit sein Ende zu finden, ließ ihn noch einmal die Benommenheit und die Halluzinationen abschütteln.

      Zu seiner Überraschung stand die Bodenschleuse offen. Dies ersparte ihm die Suche nach einem Öffnungsmechanismus. Er trat vor und machte sich zum Sprung bereit.

      Caalis nannten die anderen diese Welt. Irgendwo wollten sie ein Serum gegen die Krankheit finden. Skip glaubte nicht daran. Sie versuchten, sich selbst zu betrügen.

      Er stieß sich ab und segelte die drei Meter bis zum weichen Boden hinab. Auch hier bestand eines dieser rätselhaften Felder, die das Gewicht und die Schwerkraft nahmen.

      Der Junge atmete auf. Er spürte die Schmerzen und das Pochen des Blutes in den Gelenken nicht mehr. Alles, was für ihn zählte, war, dass es ihm bisher gelungen war, unentdeckt aus dem Schiff zu entkommen. Noch hundert Meter bis zum Rand des Unterholzes, dann würden sie ihn nicht mehr finden.

      Nur von dem Wunsch besessen, schnell im Wald zu verschwinden, lief er geduckt im gelben, dicken Gras, das etwa einen halben Meter hoch war, auf den Waldsaum zu. Einmal blieb er kurz stehen und betrachtete verwundert die umgeknickten Grashalme und die Schleifspur, die vom Schiff weg führte. Dann war er im Gebüsch verschwunden.

      Skips Gliedmaßen bewegten sich nun automatisch. Immer weiter bahnte sich der zerschundene und von der teuflischen Seuche gezeichnete Körper den Weg in den Dschungel.

      Hunderte glühender Augen beobachteten den Jungen, aber er nahm nicht mehr wahr, was um ihn herum vorging.

      Das, was sich in ihm ausgebreitet hatte wie ein bösartiger Tumor, legte sich auf sein Denken und ließ ihn wie eine willenlose Puppe voranmarschieren.

      Als es Tag wurde, war er weit weg von dem Schiff, das ihn auf diese Welt gebracht hatte.

      *

      Christine hatte länger geschlafen als beabsichtigt. Aber die Strapazen der letzten Tage hatten ihren Tribut gefordert. Trotzdem fühlte sie sich nicht viel wohler als am Tag zuvor. Im Gegenteil: Das Fieber machte sich jetzt stärker bemerkbar.

      Als sie nach Skip sehen wollte, sein Bett leer vorfand und auch seine Kleider nicht entdecken konnte, wusste sie, dass etwas nicht stimmte. Sie fühlte das Unheil, das sich über dem Schiff zusammenbraute, fast körperlich. Der herrliche Sonnenaufgang auf einer scheinbar unberührten Welt, wie er auf einigen Bildschirmen der Außenübertragung zu sehen war, stand daher in krassem Gegensatz zu Christines Gefühlen. Sie eilte in die Zentrale und traf dort Reed und Vanderbuilt.

      „Wo ist Skip?“, fragte sie, in der Hoffnung, dass die beiden Männer für sein Verschwinden eine Erklärung geben könnten. Aber der kurze Blick, den sie sich zuwarfen, nahm ihr auch diese letzte Hoffnung.

      „Der Junge also auch“, hörte sie Vanderbuilt murmeln. Er saß neben Christopher Reed an einem mit Folien bedeckten Tisch und schlürfte eine Flüssigkeit, die sich mit irdischem Kaffee vergleichen ließ.

      „Was heißt das?“, fragte sie, und eine Ahnung stieg in ihr auf. „Chris, was ist los?“

      „Sieh dich um“, gab Reed mit einem trockenen, humorlosen Lachen zurück. „Wir sind alle, die übrig geblieben sind.“

      „Was heißt das?“

      Vanderbuilt bekam einen roten Kopf und tobte: „Was heißt das? Das heißt, dass die anderen weg sind! Die gelb verschnürten Schrumpfköpfe und auch dieser alte Narr!“

      „Nein!“ Christine stöhnte und ließ sich in eine Sitzgelegenheit fallen.

      „Oh doch!“ Vanderbuilt konnte sich nicht beruhigen. „Und wissen Sie, was noch fehlt? Beide Gleitboote haben diese Verbrecher mitgenommen, damit wir richtig festsitzen und nicht von der Stelle können. Ich sage Ihnen, wenn wir jemals


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