10 Galaktische Abenteuer Box 4. divers
merkte nicht, wie die verkrustete Haut an einigen Stellen aufsprang. Das Fieber umnebelte wieder seinen Geist. Skip stand auf und machte sich torkelnd auf den Weg. Er wollte nach Hause.
Er stolperte über kleine Ranken, die sich durch das Moos zogen, aber es gelang ihm immer wieder, sich aufzurichten und weiterzugehen. Nach Hause! Skip kannte keinen anderen Gedanken mehr.
Und dann griff eine eisenschwere Faust nach seinem Bewusstsein. Skip taumelte und fiel hin. Ohnmächtig blieb er in dem weichen Moos liegen. Sein Atem ging nur noch stoßweise.
Als er erwachte, begann es bereits dunkel zu werden. Die Dämmerung auf Caalis hatte eingesetzt.
Skip versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen, sich zu erinnern.
Das Dorf! Die Fischerboote! Die Männer hatten ihm versprochen, dass er diesmal mitkommen durfte. Er musste zu ihnen. Aber er spürte, dass irgendetwas ihn hinderte.
Da waren wieder diese Menschen, die dunkel in seiner Erinnerung auftauchten. Die seltsamen Gegenstände und die fremden Gänge.
Skip stand mit Mühe auf, als er eine Bewegung über sich bemerkte. Er sah auf. Erst jetzt fiel ihm wieder ein, wo er sich befand. Der Dschungel, Dickicht und Pflanzen, wohin er sah. Kleine Reptilien, die über den Weg huschten. Skip spürte, wie er wieder für einen Augenblick einigermaßen klar denken konnte.
Er blickte sich um. Er wusste nicht mehr, wie es hier ausgesehen hatte, bevor er das Bewusstsein verlor, nun aber spannte sich um ihn herum in einem Durchmesser von gut fünf Metern ein riesiges Netz, das in den kleinen Ästen umstehender Büsche und an Baumstämmen verankert war. Es zog sich in die Höhe, wobei es sich verengte und schließlich einen Baldachin über seinem Kopf bildete.
Skip fühlte erstmals wieder seinen Körper, der seit einiger Zeit taub zu sein schien. Er merkte, wie das Blut pochend durch die Adern schoss und das Herz wild klopfte.
Skip war gefangen in einer Art Haube aus klebrigen Fäden eines großen, um ihn herum gewobenen Netzes. Es war so dicht, dass er kaum erkennen konnte, was sich jenseits des Gespinstes befand. Nur von oben drang Licht ein, spärlich, aber ausreichend, um das zu sehen, was sich genau über ihm befand – dort, wo er eben die Bewegung ausgemacht hatte.
Über seinem Kopf bewegten sich die dünnen, behaarten Beine einer riesigen Spinne, die ihn aus ihren vier Augen, die schwach leuchteten, anzustarren schien. Jedes der grauenhaften Beine mochte einen guten Meter lang sein, und der Körper des Rieseninsekts maß ebenfalls einen Meter im Durchmesser. Die Spinne produzierte weiter die klebrigen Fäden und verstärkte das Netz. Es würde nicht mehr lange dauern, bis es einen undurchdringlichen Kokon um Skip bildete.
Der Junge wollte schreien, wollte wegrennen, aber kein Laut kam über seine gesprungenen Lippen, kein Weg führte aus der Falle der Spinne heraus.
Skip hatte in der Einsamkeit, fernab von den anderen, sein Leben beenden wollen, aber als er jetzt sah, wie die Beine der Spinne immer näher kamen, packte ihn blankes Entsetzen, und sein erschlafftes Bewusstsein fand noch einmal in die Realität zurück.
Und irgendeine Hilfe konnte er nicht erwarten. Nur er und das Untier waren in dem gesponnenen Käfig.
Unendlich langsam glitt der Körper der Riesenspinne auf Skip zu.
*
Die Pausen wurden immer länger, und die Wegstrecken, die die drei Menschen zurücklegten, immer kürzer. Aber das Ziel, Skip zu finden, trieb sie voran. Sie kämpften gegen Schwindel und Fieber an, gegen vorschnellende Ranken und große Insekten, die sich auf ihrer Haut festsetzten und stachen.
Schließlich wurde es Nachmittag, dann Abend. Die Sonne versank hinter der grünen Hölle und tauchte die Umgebung in Zwielicht.
Die nahende Dunkelheit würde die Suche erschweren. Bereits jetzt waren die Spuren im Moos schwer auszumachen.
Keiner der drei sah zurück, und keiner bemerkte die leuchtenden Augen, die sie, dicht über dem Moosboden, verfolgten. Sie hörten nicht die kratzenden Geräusche, die die unheimliche Armee aus vielen kleinen Lebewesen verursachte, die sich an ihre Spur geheftet hatten. Der Tod hatte viele Gesichter auf Caalis. Zwar waren Christine, Reed und Vanderbuilt vor den tückischen Pflanzen gewarnt, aber sie machten den Fehler, gerade deshalb ihre Aufmerksamkeit nur oder fast nur den Pflanzen am Weg zu widmen.
Darüber vergaßen sie, dass die Natur dieser Welt nicht nur aus einer Flora bestand.
Krabbelnd auf vielen tausend kleinen Füßen folgten ihnen die Mordinsekten, die nur darauf zu warten schienen, dass die Menschen stehen bleiben würden, um sich auszuruhen.
*
Skip schloss die Augen, als er eines der behaarten Spinnenbeine auf seinem Kopf spürte.
Ein weiteres Bein berührte die Schulter. Gleich würde sich der monströse Körper auf den Jungen herabfallen lassen.
Skip hatte bereits mit dem Leben abgeschlossen, als er ein Geräusch hörte. Es kam von außerhalb des Netzes, das ihn umschloss, und irgendwie erinnerte es ihn an etwas.
Und plötzlich spürte er, wie das Gewicht der beiden Beine auf Schulter und Kopf verschwand. Als er die Augen öffnete und aufblickte, sah er, wie sich der Körper der Riesenspinne zusammenzog und konvulsivisch zuckte. Das Tier krallte sich mit seinen acht riesigen Beinen an der Decke des Netzkäfigs fest und begann zu rotieren. Immer schneller raste der Körper im Kreis. Skip wich so weit an den Rand des Netzes zurück, wie es ihm möglich war, ohne kleben zu bleiben. Was er instinktiv erwartet hatte, traf ein: Das Monstrum verlor den Halt und klatschte mit einem dumpfen Laut auf dem Boden auf, dort, wo Skip eben noch gehockt hatte.
Noch einmal zuckten die Beine, noch einmal schienen die rotglühenden Augen Skip anzustarren, dann war das Leben aus dem Insekt gewichen.
Gleichzeitig war das Geräusch von draußen erstorben. Skip hatte es die ganze Zeit über nur unbewusst wahrgenommen – ein seltsamer, monotoner Singsang. Und die Stimme war alt und knarzend gewesen.
Skip sah sich um. Immer noch war er in diesem Netz gefangen. Die Spinne war zwar tot, aber er konnte nicht nach draußen.
Aber dann, auf einmal, hatte er das Gefühl, als würde es plötzlich heller um ihn herum. Als er aufsah, löste sich das Gewebe über ihm langsam auf und ließ das noch verbliebene Tageslicht herein. Und dann wurde das Loch über ihm größer und größer, breitete sich nach allen Seiten hin aus, bis Skip über die Reste des Netzes hinwegsteigen konnte.
Und da sah er den alten Mann, der im Moos einige Meter vor ihm hockte und ihn schweigend angrinste. Skip erinnerte sich an den Alten und er erinnerte sich auch daran, wie er ihm das erste Mal begegnet war, auf einem der unzähligen Gänge dieses seltsamen Schiffes. Das alles schien schon eine Ewigkeit her zu sein.
Skip ging auf den Alten zu. Er grinste noch immer, sagte aber kein Wort. Irgendetwas war an dem Mann, das Skip störte. Irgendetwas, das er nicht verstand.
Und dann, als Skip nur noch ein paar Schritte von ihm entfernt war, verschwand er! Von einer Sekunde zur anderen! Es schien, als habe er sich in Luft aufgelöst. Skip schritt weiter auf die Stelle zu, wo der Alte eben noch gehockt hatte, und sah deutlich die plattgedrückte Stelle im Moos.
Der Junge wischte sich den Schweiß von der Stirn. Es war unheimlich schwül. Oder war es nur das Fieber? Wieder fühlte er, wie sich sein Bewusstsein zu trüben begann. Bald würde er wieder als seelenloses Stück Mensch durch die Wildnis irren.
Skip suchte die Gegend ab, soweit er den Dschungel durchdringen konnte. Mit dem Abend kam das Zirpen unbekannter Insekten, kleine Tiere huschten durch das Unterholz, und einige der Pflanzen begannen fluoreszierend zu leuchten. Skip wollte weglaufen, irgendwohin, aber er wusste nicht, wo sein Weg war. Er hatte Angst.
Plötzlich wurden keine zwanzig Meter von ihm entfernt einige Büsche zur Seite geschoben, und ein menschlicher Körper erschien. Dann kam ein zweiter zum Vorschein, dann ein dritter.
Der Junge wollte weglaufen, so geisterhaft wirkte die Szene, aber da rief jemand laut seinen Namen.
Skip