10 Galaktische Abenteuer Box 4. divers
nicht, Harry. Wir stecken mitten drin in einer Sache, die ebenso real ist wie unsere verbeulten und aufgeplatzten Körper und das verdammte Fieber sind. Irgendjemand ist verantwortlich für die Seuche und die Diskusse, die auf der Erde die Menschen aufsammeln – wer weiß, ob wir die einzigen sind? Und ich gebe nicht auf, bis ich diesen Jemand gefunden habe.“
Vanderbuilt schwieg, aber Christopher Reed bemerkte, dass er an irgendeiner Sache herumgrübelte. Dann sah er, wie sein Freund sich ein Herz nahm:
„Da ist etwas, über das ich mir schon die ganze Zeit den Kopf zerbreche, Chris. Diese UFOs. Wie oft sind sie angeblich beobachtet worden, von allen möglichen Leuten und an allen möglichen Orten. Vor 50 Jahren ging's zum ersten Mal richtig los damit, und bevor sie uns schnappten, geisterten wieder diese Schlagzeilen durch die Zeitungen und Radios. Es ist ziemlich sicher, dass die Geheimdienste und die Armee eine Menge Beweise für ihre Existenz in ihren Panzerschränken liegen haben. Wahrscheinlich sind wir wirklich nicht die einzigen, die entführt wurden. Wenn nun all diese Schiffe verseucht sind …“
„… dann lebt keiner mehr von den Entführten. Ich glaube kaum, dass noch jemand soviel Glück hatte wie wir.“
Vanderbuilt schüttelte stumm den Kopf. „Das meine ich eigentlich nicht. Stelle dir vor, jemand kommt mit solch einem Ding, einem solchen UFO, in Berührung, aber es gelingt ihm, noch rechtzeitig zu fliehen. Aber das Ding war verseucht und der Betreffende war schon infiziert, als er irgendwo seine Story erzählte. Das Virus sitzt in ihm … Du weißt, worauf ich hinaus will?“
„Es entsteht eine Epidemie auf der Erde. Aber dann müsste dies bereits vor fünfzig Jahren, bei der ersten großen UFO-Welle, passiert sein …“
„Wer weiß? Vielleicht wurden die Leute schnell genug isoliert, als man die ersten Anzeichen der Krankheit erkannte. Es ist logisch, dass die Behörden in einem solchen Fall nichts an die Öffentlichkeit dringen ließen – der Panik wegen. Sie verschweigen ja auch die UFOs, bestreiten sogar die Existenz dieser Dinger! Das wäre übrigens ein einleuchtender Grund dafür.“
„Und ein einziger unentdeckter Fall würde genügen …“
„… um die Erde zu entvölkern!“, vollendete Vanderbuilt mit finsterem Blick. Dann fuhr er auf, und all die Verzweiflung, die sich im Lauf der Tage in ihm aufgestaut hatte, kam in seinen Worten zum Ausdruck:
„Vielleicht schaffen wir es irgendwie, das Wunder zu vollbringen und die Station zu finden, einzudringen und das Serum zu erhalten. Vielleicht - lach mich nicht aus, Chris – treiben wir ein Schiff auf, das uns zurück zur Erde bringt, irgendeiner müsste es halt programmieren. Und dann kommen wir zurück zu einer Welt, die längst verseucht und tot ist!“
„Bleib auf dem Teppich, Mann!“, rief Reed, der sich von der düsteren Vision hatte anstecken lassen. „Wer weiß denn überhaupt, in welcher Zeit wir uns befinden. Wenn's nach Einstein geht, schreiben die auf der Erde längst das Jahr 3000, vielleicht 10.000!“
Sie gingen weiter, trotz des Fiebers, das ihre deformierten Körper schüttelte.
*
Am späten Nachmittag waren sie so erschöpft, dass sie beschlossen, eine einstündige Ruhepause einzulegen.
Reed begann sich zu fragen, wie lange sie sich der Strahlung, die zur Mutation der Natur hier geführt hatte, aussetzen durften, ohne selbst Schaden zu nehmen. Aber eigentlich spielte das nun keine allzu große Rolle mehr für sie.
Plötzlich stand der alte Mann vor ihnen, wie aus dem Nichts aufgetaucht. Er winkte und gab ihnen dadurch zu verstehen, dass sie mit ihm kommen sollten.
„Wenn das wieder ein Trick ist …“, knurrte Vanderbuilt.
Aber dann erhob er sich zusammen mit Reed. Irgendetwas sagte ihnen, dass sie dem Alten folgen mussten.
Nach knapp fünf Minuten erreichten sie das flache, wie aus dem Boden gestampfte Feld. Es war ein schwarzer Kreis im Moos, etwa zwei Meter im Durchmesser und den Männern schien es, als blickten sie in ein endloses Loch im Dschungelboden.
Der Alte stieg auf die Fläche. Zögernd folgten ihm die beiden Männer. Diesmal trug Vanderbuilt Christine.
Und dann löste sich die Welt um sie herum auf.
8.
Alles war in helles, matt schimmerndes Licht getaucht, das aus den Wänden zu kommen schien, wenn man das, was sie umgab, überhaupt als Wände bezeichnen konnte. Es waren jene Grenzen, wo der Blick nicht mehr weiter reichte. Eine Entfernung war schlecht abzuschätzen.
Sie befanden sich in einem großen, runden Raum. Es schien eine Kugel zu sein mit mattweiß leuchtenden Wänden, glatt und ohne irgendetwas, das die Harmonie des Raumes unterbrach. Nur die Bodenfläche war abgeplattet, und auf einer Seite führte eine Öffnung auf einen ebenfalls nach oben hin abgerundeten Gang hinaus.
Christopher Reed ließ seinen Blick lange über die neue Umgebung wandern. Er hatte wirklich aufgehört, noch irgendetwas begreifen zu wollen.
Er kam sich vor wie in einer riesigen Eierschale. Alle Versuche, den Abstand zu den Wänden und zur Decke abzuschätzen, blieben erfolglos. Es war, als wiche die helle Wand vor dem Blick zurück.
Die Station! durchfuhr ihn die Erkenntnis. Wir sind in der Station!
Neben ihm hockte Vanderbuilt und kümmerte sich um Christine, die die Augen geöffnet hatte.
Und dort, wo der Gang einmündete, dessen Ende nicht erkennbar war, lag der Junge.
Reed stand auf und verständigte sich mit einem Blick mit Vanderbuilt, der sich weiter um Christine bemühte. Dann ging er hinüber zu Skip und kniete neben ihm nieder. Seine Schritte verursachten kaum ein Geräusch auf dem seltsamen Boden.
Skip sah den Mann aus irren Augen an, verzog das Gesicht zu einer lachenden Grimasse und spielte mit den Händen in der Luft herum. Immer wieder stieß er ein unverständliches Lallen aus.
Das also ist das letzte Stadium! dachte Reed bitter. Unbändiger Zorn wallte plötzlich in ihm auf, als er den Jungen, noch ein halbes Kind, das keinem etwas getan hatte, in diesem Zustand sah. Er dachte weniger an sein eigenes Schicksal. Skip war ihm ans Herz gewachsen, ebenso wie Christine.
„Wer immer ihr seid und wo immer ihr steckt! Kommt heraus und verkriecht euch nicht länger!“, schrie Reed in einem Anfall von Wut und Verzweiflung. Dann hatte er sich wieder unter Kontrolle. Er sah sich nach Vanderbuilt um, aber der presste nur die Lippen aufeinander.
Und dann, wie aus heiterem Himmel, stand das hallende Gelächter im Raum. Die Köpfe der Männer fuhren hoch, und auch Christine richtete sich auf. Der Wahnsinn verschwand für ein paar Augenblicke aus ihren Augen. Sie alle schienen nicht glauben zu wollen, was ihre Ohren ihnen vermittelten.
Aber das Lachen erklang erneut. Es hallte wie aus tausend Lautsprechern in dem runden Raum, schien in den Gang hineinzureichen – es war überall. Ein verzerrendes Echo hallte nach und jagte den Menschen einen Schauer des Entsetzens über den Rücken. Christine verfiel wieder in Agonie.
Reed hatte plötzlich ein Bild vor Augen. Eine Erinnerung an einen Film, den er als Kind einmal im TV gesehen hatte. Dort hatte ein Junge eine Flasche gefunden, und als er sie öffnete, drang ein Geist heraus und stand am Ende als riesiger Gigant über dem Jungen. Das Lachen des Flaschengeists hatte ähnlich höhnisch und grauenhaft geklungen.
„Jetzt reicht's!“, fuhr Vanderbuilt auf und stellte sich neben den Freund. „Chris, uns hat es auch erwischt, wir merken es nur nicht. Der Wahnsinn sitzt so tief in uns, dass wir ihn für einen Normalzustand halten. Das kann hier alles nicht wahr sein, Chris, wir sind verrückt!“
„Es ist wahr, Harry!“
„Dann ist es der Alte! Nur er kann hier sein, und er ist verschwunden. Er hat uns hierher gebracht, um uns fertig zu machen!“
„Das hätte er bequemer haben können, Harry.