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dafür jedoch ein ganz besonderes Gespür besaßen, mit dem sie Bodenschätze finden konnten, wo andere Leute nichts als toten Felsen entdeckten.

      Thielmann war in der Lage, sich wie ein Chamäleon der jeweils herrschenden Umgebung anzupassen. Trotzdem musste sie vorsichtig sein, auch diese Verkleidung würde einen erfahrenen Jäger nicht lange täuschen können. Sie hoffte, dass sich nicht rein zufällig einer der Kopfgeldjäger hier befand, doch gerade Bergbauplaneten waren für Flüchtige oftmals Anlaufstellen, weil sie hofften, sich hier nicht nur verstecken zu können, sondern auch Passagen zu Planeten zu erlangen, auf denen sie sich sicher fühlten. Die Jäger wussten das, und wer nicht gerade eine heiße Spur zu einem anderen Flüchtigen hatte, nahm hier oftmals die Fährte auf. Es war also nicht ohne Risiko, sich in der Öffentlichkeit zu zeigen, doch Connie hatte keine Wahl. Sie fühlte sich nicht unbedingt sicher, sie hielt es auch für möglich, dass Robinson nach ihr suchte, um sich für die erlittene Schmach zu rächen. Verletzte Eitelkeit war eine starke Triebfeder, Connie machte sich nichts vor, sich lange auf diesem unfreundlichen Planeten aufhalten zu können, doch sie musste sich zunächst einmal einen Überblick verschaffen.

      Der kleine Ort selbst, der hier als Knotenpunkt für den gesamten Planeten diente, interessierte sie nicht, sie brauchte eine Passage weg von hier. Auf dem Raumhafen gab es Terminals, auf denen in rascher Folge die Namen und Daten von Schiffen aufleuchteten, im Augenblick herrschte hier reger Verkehr. Doch keines dieser Schiffe war ein Passagierraumer, es handelte sich ausnahmslos um Frachter, die keine Gäste an Bord aufnehmen würden; aber auch kein Frachter war da, der in die von ihr gewünschte Richtung flog. Nun, irgendwo auf dem Raumhafen würde sie schon eine Gelegenheit entdecken, sie musste nur aufmerksam sein.

      Zwei Männer blickten sie mit unverhohlener Bewunderung an, unwillkürlich lächelte Connie.

      »Hast du zwei Stunden Zeit, Schätzchen?«, fragte einer von ihnen unverblümt.

      »Glaubst du wirklich, du kannst zwei Stunden durchhalten?«, fragte sie spöttisch. Die beiden brachen in Gelächter aus und gingen weiter. Es tat gut, für kurze Zeit so etwas wie Normalität zu spüren. Ihre Gedanken richteten sich jedoch sofort wieder auf das Naheliegende. Sie musste hier weg!

      Die Kneipen in derartigen Raumhäfen boten vermutlich die beste Gelegenheit, denn dort gab es Gerüchte, Tatsachen und Möglichkeiten, wenn man nur die Augen offen hielt. In ihrem Hinterkopf hatte Thielmann eine Information, mit der sie im Augenblick noch nichts anfangen konnte.

      Ein Gerücht besagte, es gäbe ein geschütztes System, in dem die Rechtsprechung und natürlich auch die Gesetze der Vereinten Kolonien nicht gültig waren. Doch bislang hatte offenbar noch niemand dieses System ausfindig gemacht. Das wäre für Connie jedoch der beste Zufluchtsort. Nun, gerade auf einem Bergbauplaneten war die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es jemanden gab, der diesen Ort kannte. Connie war entschlossen, sich Zeit zu nehmen, um herauszufinden, ob es jemanden gab, der mehr wusste. Dann würde sie auch den Weg dorthin finden, soviel stand fest.

      Zwei

      »Man gewinnt seine Schlachten, wenn man keine Fehler begeht.«

      Sun-Tzu (534 v. Chr. bis 453 v. Chr.)

      »Die Kunst des Krieges«, Taktische Entscheidungen

      Wer noch vor einem Jahr auf Glenn Finnan gelandet war und jetzt zurückkehrte, hätte den Planeten und die Stadt Glastonbury Tor nicht wieder erkannt. Von Anfang an hatte es die Bestimmung gegeben, im Einklang mit der Natur zu leben. Das hatte zunächst dazu geführt, dass die Häuser weit auseinander gebaut wurden. Es gab keine schädliche Technik, die die Umwelt belastete, die außerirdische Technik ermöglichte es, Gebäude und Transportwege zu installieren, die Rücksicht auf die natürlichen Gegebenheiten nahmen.

      Mittlerweile gab es jedoch schon eine ganze Reihe von neuen Einwanderern, die ebenfalls alle Platz finden mussten, und so waren die Abstände zwischen den Häusern geringer geworden. Zusammen mit der wachsenden Bevölkerung waren auch die administrativen Aufgaben mehr geworden. Der Friedensplanet Glenn Finnan brauchte ebenso eine geordnete Regierung wie jede andere Zivilisation auch. Neben einem Magistrat, in dem Vertreter der verschiedenen Völker sitzen sollten, war es nötig geworden, Verwaltung, Gesetzgebung und Polizei einzurichten.

      Drep Doye, der Gründer des Friedensplaneten, der sich damit einen lang gehegten Traum erfüllte, hatte eine klare Vorstellung davon gehabt, wie sich der Planet mit Leben gestalten sollte, die administrativen Aufgaben waren ihm jedoch relativ gleichgültig gewesen. Durch die nun doch hohe Population wurde es zu einem drängenden Problem, das er jedoch geschickt delegierte, schließlich gab es Bewohner in Glastonbury Tor, die sich bestens damit auskannten.

      Zwei von ihnen waren Damien Cavelorn und Amber Cavelorn-Donegal, seine Frau. Amber hatte lange Jahre als Polizistin gearbeitet und war daher bestens vertraut mit dieser Einrichtung, die nun auch hier dringend aufgebaut werden musste.

      Amber und Damien waren seit über einem Jahr verheiratet und hatten eine kleine Tochter, Marian Sara, die auf diesem paradiesischen Planeten eine unbeschwerte Kindheit verbringen konnte. Aber ein Jahr war eine lange Zeit, Amber würde sich vermutlich schon zu Tode langweilen, als Hausfrau konnte sie einfach nicht ausgelastet sein.

      Der Aldebaraner Doye ging in seinen Gedanken großzügig darüber hinweg, dass Amber sich im Rat und auch beim Aufbau der Stadt selbst engagierte. Er war der Meinung, dass ihre unbestreitbaren Fähigkeiten dem ganzen Planeten zugute kommen sollten. Warum nicht Amber zur Polizeichefin machen, es blieb ihr dann überlassen, die notwendigen Einheiten selbst aufzustellen.

      Und Damien? Der ehemalige Kopfgeldjäger, der so viele Erfolge zu verzeichnen hatte, war hier auf Glenn Finnan zur Ruhe gekommen. Auch er war aktiv im Rat und beim Aufbau der Stadt. Ihm war es zu verdanken, dass die Planung der Stadtteile nicht in ein vollkommenes Chaos ausgeartet war. Sein kluger und praktischer Rat, sein analytischer Verstand und seine Autorität sorgten dafür, dass die Arbeiten planvoll und zügig vorangingen. Aber Damien war längst nicht ausgelastet, fand Drep Doye.

      Das Volk der Jasnoraner, wie die Bewohner des Planeten sich selbst nannten, brauchte dringend nach außen hin eine Persönlichkeit, die nicht nur Verhandlungsgeschick besaß, sondern auch von den übrigen Völkern und besonders den Vereinten Kolonien anerkannt und respektiert wurde. Damien Cavelorn sollte Bürgermeister werden.

      Von diesem ehrenwerten Plan wusste er allerdings noch nichts, und Doye war nicht sicher, ob er das Amt überhaupt annehmen wollte. Ganz sicher würde Damien darauf verweisen, dass dieses Amt nur dem ehemaligen Botschafter der Aldebaraner selbst zustehen konnte. Der war sich aber bewusst, wie viel Arbeit und Anstrengung auf Dauer damit verbunden wäre, er selbst war alt und hegte nur noch den Wunsch in Ruhe gelassen zu werden – nun, mal abgesehen von seiner wesentlich jüngeren Frau Kwankiji.

      Glastonbury Tor, und damit der Planet Glenn Finnan, brauchte eine starke Hand und einen klugen Kopf. Damien Cavelorn besaß beides, er war der Richtige für den Posten. Der Aldebaraner war niemand, der lange zögerte, sobald er einen Entschluss gefasst hatte. Er verließ sein Haus und suchte Damien daheim auf.

      Marian Sara Cavelorn war ein reizendes Kind. Obwohl erst eineinviertel Jahre alt, ging sie mit unsicherem Trippelgang durch die Welt. Ihre großen dunklen Augen blickten ständig neugierig in die Welt, und ihr kleiner Mund stand einfach nicht still, auch wenn man meist nicht verstand, was sie wollte. Damien war ganz vernarrt in seine kleine Tochter und verbrachte jede freie Minute mit ihr, was Amber bereits zu der Bemerkung veranlasst hatte, dass sich irgendwann ein Eifersuchtsdrama abspielen würde – spätestens dann, wenn Marian soweit war, einen eigenen Freund nach Hause zu bringen. Sie selbst konnte jedoch auch nicht über mangelnde Aufmerksamkeit klagen. Damien, der ewige Jäger, schien endlich den Lebensstil gefunden zu haben, den er unbewusst gesucht hatte. Er war ruhig und ausgeglichen geworden, der Jäger war zum Siedler mutiert.

      Das Leben in Glastonbury Tor bot dennoch genügend Abwechslung, es gab neue Freunde und viel Aufbauarbeit, jeder Tag war ausgefüllt, es gab keine innere Leere. So zumindest schien es. Amber schwieg darüber, doch es gab Zeiten, in denen sie ihre Arbeit vermisste. Als Polizistin war sie immer mitten im Geschehen gewesen, auf Glenn Finnan gab es bisher jedoch kaum Kriminalität, ihre Talente wurden nicht gebraucht. Obwohl, das stimmte


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