Deutsche Geschichte (Band 1-3). Ricarda Huch

Deutsche Geschichte (Band 1-3) - Ricarda Huch


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Glück, keiner konnte es zu durchschlagendem Erfolge bringen. Friedrich überlebte die endgültige Spaltung um fünf Jahre, zwar nicht besiegt, aber tief erschüttert. Die Untreue seines Kanzlers Petrus von Vinea, den er viele Jahre hindurch als unentbehrliche Stütze betrachtet hatte, die Gefangennahme des fröhlichen Enzio, seines Sohnes, dessen kriegerische Schneidigkeit sich so oft bewährt hatte und den auszulösen ihm nicht gelang, mußten ihm als Vorzeichen des Zusammenbruchs erscheinen. Aber welchen Schmerz und welche Bitterkeit er auch empfand, der Welt zeigte er immer die Heiterkeit, die als Merkmal des Königtums galt, wie es die Art der Sonne ist, zu strahlen. In sein Testament versiegelte er die Rache, damit nicht sein Tod seinen Feinden zugute käme. »Wir wünschen und befehlen, daß keiner der Verräter am sizilischen Reich jemals in dasselbe zurückzukehren und niemand aus ihrem Geschlecht in deren Rechte und Besitzungen einzutreten wage, unsere Erben seien vielmehr gehalten, an ihnen Rache zu nehmen.« Der Kirche, bestimmte er, sollten alle ihre Rechte zurückerstattet werden, jedoch ohne Schädigung des Reiches und der Ehre des Kaisertums und seiner Erben, und wenn die Kirche ihrerseits die Rechte des Kaisertums zurückerstatte. Ebenso treu ihrem Haß waren die Päpste. Friedrichs Sohn Konrad versuchte vergeblich zu einer Verständigung mit ihnen zu kommen, nicht nur Innocenz, sondern auch seine Nachfolger erklärten, daß sie keinen Sprossen des verfluchten Geschlechts der Hohenstaufer auf dem Thron der Könige und Kaiser dulden würden. Innocenz tat sofort nach Friedrichs Tod Schritte, um sich in den Besitz Siziliens zu setzen, starb aber, ohne etwas erreicht zu haben. Im selben Jahre folgte ihm Konrad im Tode nach. Manfred, Friedrichs Liebling, der sternenäugige Sohn der Bianca Lancia, der alle die glänzenden Eigenschaften des Vaters geerbt zu haben schien, schön, mutig, dichterisch begabt, hochgebildet war, verteidigte das Königreich mit Glück. Trotz seines überwiegend italienischen Ursprungs schmückte ihn die Blondheit der Staufer. An seinem Hofe sammelte sich alles, was der Süden Italiens an hoher Bildung und fremdartigem Reiz hervorbrachte. Er trug, so glaubte man, einen Zauberring, mit dem er Dämonen beschwören konnte und der später in den Besitz der Päpste gelangt sein soll. Ohne Erfolg für die Päpste zog sich der Krieg um Sizilien hin, bis Clemens IV. den Bruder des Königs von Frankreich, Karl von Anjou, ihn zu führen bewog. Manfred fiel in der unglücklichen Schlacht bei Benevent; zwei Jahre später wurde Konradin, der sechzehnjährige Sohn König Konrads und der Elisabeth von Bayern, in der Schlacht bei Tagliacozza besiegt und in Neapel hingerichtet. Es war im Jahre 1268. Die Schande, mit der dies unerhörte Verfahren den Namen Karl von Anjou unvertilgbar befleckte, war die einzige Strafe, mit der das Schicksal den Henker des jungen Königs zeichnete. Das unkönigliche und unritterliche Wüten gegen den Hochgeborenen und seine Getreuen erregte Widerwillen nicht nur bei den Ghibellinen Italiens und Sympathie für den Jüngling, der mit Anmut und dem Anstand eines Königs zu sterben wußte. Es wird erzählt, daß Konradin, nachdem seine Witwe gewordene Mutter sich mit dem Grafen Meinhard von Tirol vermählt hatte, sich nicht mehr vor ihr erhob, wie er früher getan hatte, und das damit begründete, daß sie ihr erlauchtes Geschlecht durch die Heirat mit einem weit unter ihr Stehenden verleugnet habe; er als König und Sohn des Kaisers werde ihr nun nicht mehr die Ehre erweisen, die der römischen Kaiserin gebührt habe. Der Fluch der Kirche und der Abfall des Glückes beugten den Stolz des Hohenstaufenblutes nicht. Wie gering auch die Aussicht war, den Kampf zu gewinnen, in dem sein mächtiger Großvater, sein Vater und sein Oheim gescheitert waren, er wußte, daß seine Ehre forderte, ihn aufzunehmen und seinen Vorfahren, wenn nicht an Glück und Ruhm, so doch an hohem Sinn zu gleichen, und starb königlich. Jahrzehnte später zeichnete ein Mönch von Winterthur eine erstaunliche Nachricht auf, die ihm mitgeteilt worden war: als König Konradins Haupt gefallen sei, habe sich ein Adler mit raschem Fluge vom Himmel herabgestürzt, habe seinen rechten Flügel durch das Königsblut gezogen und sei so, mit blutiger Schwinge, aufgestiegen und in den Wolken verschwunden. So ließ der Volksglaube das Herrengeschlecht in die göttliche Heimat zurückkehren.

      Weithin leuchtend wie die Mittagshöhe des Reichs und der Staufer war ihr Untergang. Heinrich, Friedrichs Erstgeborener, wurde von seinem Vater zum römischen König und Regenten von Deutschland bestimmt, eine Belastung, für die er nicht nur zu jung, sondern auch, wie es scheint, zu leichtherzig, zu wenig klug und zu wenig charaktervoll war. Er erzürnte seinen Vater dadurch, daß er sich von der ungeliebten Margarete von Österreich scheiden wollte, um Agnes von Böhmen zu heiraten, und er verdarb es mit den Fürsten, weil er die Städte begünstigte. Friedrich verfuhr gegen ihn mit mehr als Härte, mit einer Grausamkeit, die den Sohn zum Äußersten trieb; er knebelte ihn so mit Vorschriften und Bedingungen, daß er den Königsnamen fast zum Hohne trug. Als der Ratlose sich mit den lombardischen Städten verbündete, bat Friedrich selbst den Papst, seinen Sohn zu exkommunizieren. Er lag erst in Heidelberg gefangen und wurde dann nach Apulien gebracht. Die Gelegenheit wahrnehmend, als er aus einem Kerker in einen anderen geführt werden sollte, riß er sich unterwegs von seinen Begleitern los und stürzte sich mit seinem Pferd in den Abgrund. Er war noch nicht dreißig Jahre alt. Friedrich ließ ihn in ein mit Gold und Silber gesticktes Gewand kleiden, worin Adlerfittiche eingewebt waren, und in einem marmornen Sarkophage in der Kirche von Cosenza beisetzen.

      Enzio, der Sohn einer adligen Deutschen, der, wie man sagte, dem Vater am meisten ähnlich sah, soll versucht haben, in einem Fasse verborgen der bolognesischen Gefangenschaft zu entfliehen, aber durch eine seiner goldenen Locken verraten worden sein. Lange erheiterten ihm Liebe und Freundschaft und die eigene Liebenswürdigkeit die Öde der Gefangenschaft; aber im Lauf der Jahre verstummten sein Gesang und seine Gedichte. Er starb im Jahre 1272, überlebte also Konradins Tod um vier Jahre. Friedrichs Tochter Margarete, die den Wettiner Albrecht von Meißen geheiratet hatte, mußte einer Geliebten ihres Mannes weichen und starb bald darauf in einem Kloster in Frankfurt am Main. Die Sage erzählt, sie habe, als sie bei Nacht flüchtend ihre Kinder habe verlassen müssen, ihren kleinen Sohn Friedrich vor Schmerz in die Wange gebissen. Er trug später den Beinamen »mit der gebissenen Wange« oder der Freidige. Er betrachtete sich als den Erben Siziliens, ohne den Anspruch jemals verfechten zu können. In der Art, wie er inmitten der größten Widerwärtigkeiten immer heiter blieb, sogar zu scherzen liebte, zeigte er die Eigenart der staufischen Ahnen. Sein Sohn, Friedrich der Lahme, ein lieblicher Jüngling, wurde in der Nähe von Leipzig ermordet. Beatrix, die junge Tochter des ermordeten Königs Philipp, starb, war es Zufall oder dunkler Zusammenhang, kurz nachdem sie die Frau Ottos, des Nachfolgers ihres Vaters geworden war. Mit Geierblicken spähte das Geschick nach jedem gezeichneten blonden Haupte, wo immer es sich verbarg.

      Wenn das Gerücht umging, Konrad, der Sohn der Kaiserin Isabella, sei von seinem Halbbruder Manfred vergiftet, und wiederum, Konrad habe Heinrich, den Sohn der Konstanze von Aragon, Friedrichs erster Frau, umbringen lassen, so sieht man, daß seit Heinrich VI. ein düsterer, fast diabolischer Zug sich in das Antlitz der Dynastie eingegraben hatte. Im Gedächtnis der Deutschen erhielt sich davon nichts. Sie verehrten in ihnen die Imperatoren, die den hohen Gedanken des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation glorreich verkörperten. Ihr Dasein empfindet man zwischen den Trümmern des Palastes von Gelnhausen, wenn man unter den gebrochenen Bogen des festlichen Saales über die wuchernden Gebüsche der Weiden und Schwarzpappeln hinweg zur Marienkirche hinübersieht, wenn man auf den gestürzten Kapitellen die edlen Linien der staufischen Adler erkennt, wenn man in den Gassen der kleinen, ärmlichen Stadt den schneidenden Atem des Schicksals spürt. Oder man fühlt es beim Hohenstaufen, wo Graf Friedrich von Büren, nachdem er Schwiegersohn Heinrichs IV. geworden war, die Burg erbaute, nach der sich künftig seine Familie nannte. Von dieser Burg, wo die unglückliche Irene, des ermordeten Königs Philipp junge Witwe, nachdem sie ein Kind geboren hatte, mit diesem starb, ist nichts übriggeblieben; der Wind streicht über Gras und Steine. Aber diesen niedrigen Hügel, an dessen Fuße Schafe weiden, umzieht ein geisterhafter Saum, türmt die Erinnerung hoch zu einem heroischen Mal. Nichts hat sich verwirklicht, was die großen Träumer wollten, die von hier ausgingen; aber sie selbst wurden unsterblich an ihren vergeblichen Taten.

       Inhaltsverzeichnis

      Als König Hettel von Hegelingen die Kunde von der schönen Hilde vernahm, deren Vater, der König von Irland, alle, die um sie warben, töten ließ, bemächtigte sich seiner der Wunsch, die verbotene Frucht zu besitzen; und er versammelte seine Vasallen und Freunde, um mit


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