Leo - Die Geschichte einer ungewöhnlichen Elfe. Eva Haring-Kappel

Leo - Die Geschichte einer ungewöhnlichen Elfe - Eva Haring-Kappel


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offenen Mündern ungläubig an, während sie bereits weitersprach.

      „Also, ich wurde als Tochter des Elfenkönigs Brunhold und seiner Königin Esmilda geboren. Doch etwas ging schief.“

      Ich spürte einen heftigen Stoß in die Rippen von Georgs Ellenbogen und er raunte an meinem linken Ohr: „Das schaut mir ganz danach aus!“

      „Ich war von Beginn an anders. Mir fehlte es an nichts, ich hatte alles und doch war ich unglücklich. Irgendetwas in meinem Inneren sagte mir, ich sei für dieses Leben nicht geschaffen. Ich sehnte mich und wusste nicht wonach. Dann sah ich eines Nachts einen Jäger. Er hockte auf einem Turm aus Holz, den ihr Menschen Hochsitz nennt, und wartete. Ich wusste nichts über die Menschen, ich war noch zu jung. Eure grausame Gewohnheit, Tieren aufzulauern, ihnen nachzustellen und sie dann zu töten, war mir damals noch nicht bekannt. Ich sah nur diesen Menschen, groß und stark, ganz still dasitzen. Ich betrachtete ihn ganz aus der Nähe. Ich glaube, er schlief, denn er rührte sich nicht. Seine Augen waren geschlossen, aber er hatte schöne Gesichtszüge. Ich war fasziniert und wusste nicht warum. Von da an versuchte ich, alles über die Menschen zu erfahren, und je mehr ich wusste, desto größer wurde meine Überzeugung, dass ich in der Menschenwelt leben wollte. Alles schien mir besser und erstrebenswerter als mein bisheriges Dasein, ich fand das Elfenleben plötzlich nur noch langweilig, mit all dem Tanzen und Singen. Schließlich berichtete eine Dienerin meinem Vater von meiner Passion. Ich hatte inzwischen schon so viel über euch herausgefunden und wurde immer neugieriger, obwohl so vieles, was ich erfuhr, alles andere als schön war. Mein Vater jedoch war vollkommen verzweifelt, er verbot mir, mich weiter mit der Menschenwelt zu befassen, und sollte ich nicht gehorchen, würde er mich weit weg an die Ränder des Elfenreiches verbannen, dorthin, wo das Böse wohnt. Ich wusste damals noch nicht, dass das Böse eure Welt ist.“

      Ihre Stimme hatte einen traurigen Unterton angenommen und in ihren Augen schimmerten Tränen. „Es kam, wie es kommen musste, ich tat nicht, was mein Vater verlangte, ganz im Gegenteil, ich versuchte sogar, einem kleinen Menschenmädchen bis nach Hause zu folgen. Es sah mich und wollte mich fangen, doch im letzten Augenblick gelang mir die Flucht. Natürlich erfuhr mein Vater davon und stellte mir ein Ultimatum. Wenn sich bis zum nächsten Vollmond mein Sinn nicht gewandelt hätte, würde er mich verbannen.

      Wie ihr seht, bin ich hier. Es führt kein Weg zurück, mein Vater hat den Elfenfluch ausgesprochen. Ich bin nun ein Zwischenwesen, keine Elfe, aber auch kein Mensch. Am ähnlichsten bin ich wohl im Moment einem Troll. Doch jeder ehrbare Troll würde das wohl von sich weisen. So bin ich weder dies noch das, eine Reisende zwischen den Welten. Meine Kräfte schwinden von Tag zu Tag. Ich bin viel zu groß und zu schwer, um zu fliegen. Meine Flügel sind verkümmert. Meine Kleider aus glitzerndem Elfenstaub sind zerfallen und ich habe mir selbst aus Lumpen, die ich fand, dieses Gewand gefertigt. Ich schlafe in Erdlöchern und unter Gestrüpp und esse, was ich an Beeren oder Pilzen finde. Manchmal lassen Menschen auch etwas zu essen im Wald zurück, dann nehme ich es. Aber ich weiß nicht, wie es weitergehen soll. Bitte, helft mir!“

      Damit schloss Leo ihre lange Rede. Wir hatten mit immer größerem Staunen ihrem Bericht gelauscht.

      Georg war der Erste, der sich zu Wort meldete. „Also, da müssen wir uns was überlegen, das ist ganz klar. Wir werden ein bisschen Kriegsrat halten. Lass uns bitte kurz allein.“ Dann rückten wir zusammen und schon entbrannte eine hitzige Diskussion.

      „Wir können sie unmöglich mitnehmen, wo soll sie denn bleiben? Wie sollen wir erklären, was und wer sie ist?“, rief Benni, der ganz offensichtlich nichts mit Leo zu tun haben wollte. Auch Wendel war eher dagegen, sie mitzunehmen, schlug aber vor, ihr einen passenden Unterschlupf im Wald zu suchen, eventuell sogar einen zu bauen. Das würde über den Sommer sicher gut funktionieren. Wir waren geschickt und zu Hause könnte man den Abzug von Werkzeugen und Brettern mit einem Spielhaus für uns im Wald erklären. Wir könnten Leo regelmäßig besuchen, um ihr Essen zu bringen.

      Nachdem uns nichts Besseres eingefallen war, riefen wir die Elfe herbei und informierten sie über unseren Plan. Sie war erst nicht begeistert, da wir aber alle beteuerten, sie auf gar keinen Fall mit nach Hause nehmen zu können, erklärte sie sich schließlich einverstanden. Vor allem die Aussicht auf die Essensrationen schien sie sehr zu überzeugen.

      Wir beschlossen, gleich mit der Suche nach einem geeigneten Standort für die Hütte zu beginnen. Es mussten immerhin einige Kriterien erfüllt werden. Erstens sollte der Platz versteckt liegen, ein zufällig herumstreifender Beeren- oder Pilzesucher oder gar ein Jäger sollte nichts Verdächtiges bemerken können. Zweitens musste die Stelle geschützt sein vor extremen Wetterbedingungen. Sommerstürme und heftige Gewitter sollten der Hütte nichts anhaben können.

      „Wenn wir uns nicht verplappern, können wir bestimmt meinen Opa um Rat fragen. Er hat so viel zu tun, sicher kommt er nicht mit in den Wald, um zu helfen, aber ein paar Tipps sollten wir uns schon holen“, schlug ich vor.

      Auf der Suche nach dem richtigen Standort streiften wir also einige Zeit durch den Wald, bis wir in der Nähe des Bachs eine geeignete Stelle ausfindig machten, die uns vor allem durch ihre unzugängliche Lage überzeugte. Man musste zuerst über ein paar Steine eine sumpfige, feuchte Stelle passieren, dann ging es hinter einer dichten Böschung ein kleines Stück bergab, wo sich der Bauplatz für die Hütte dicht an den Berg schmiegte. Er war geradezu ideal. Es würde zwar recht umständlich werden, die Bretter und das Werkzeug hierher zu schleppen, aber es waren Ferien und wir freuten uns über die Herausforderung, jemandem zu helfen.

      Leo war währenddessen ziemlich still und schien irgendwie traurig, aber wir waren überzeugt davon, dass sie sich einfach nur nicht vorstellen konnte, wie toll alles werden würde.

      Wir machten uns sofort auf den Weg zum Hof meiner Großeltern, weil der am nächsten zum Wald lag. Leo ließen wir an der Stelle beim Bach zurück.

      „Du kannst ja inzwischen ein paar Blumen pflücken“, rief Georg ihr noch im Weggehen zu. Er konnte einfach nicht anders.

      *

      *

      Kapitel 3

      Mein Opa war ziemlich verwundert, als er uns kurz vor Mittag im Schuppen antraf, wo wir Werkzeug zusammentrugen. „Na, treibt euch der Hunger schon nach Hause?“, fragte er.

      Mein Opa ist ein lieber Mensch, er würde nie schimpfen, wenn man sich ungefragt etwas von seinen Sachen borgt. Trotzdem war er natürlich neugierig. Wir erzählten also von unserem Plan, uns ein Spielhaus im Wald zu bauen. Wir sagten aber nicht genau wo und erwähnten natürlich auch das Elfenmädchen nicht.

      Großvater war sofort begeistert, er berichtete, dass auch er selbst früher als Kind ein Baumhaus im Wald gebaut hätte, um dort mit seinen Freunden Cowboy und Indianer zu spielen.

      Die Idee mit dem Baumhaus fanden wir prima. Es würde zwar schwieriger werden, ein solches zu bauen, aber es hatte so viele Vorteile. Leo würde sofort sehen, wenn sich jemand näherte und auch bei einer kleineren Überschwemmung, schließlich war der Bach in der Nähe und die Lichtung lag auf abschüssigem Gelände, wäre sie in Sicherheit. Außerdem war ein Baumhaus einfach eine coole Sache. Wir hatten wohl alle den gleichen Gedanken und verständigten uns durch einen überzeugten Blick und ein kurzes allgemeines Nicken.

      „Opa“, fragte ich dann, „kannst du uns bitte erklären, wie man so etwas baut? Denn gerade habe ich mir gedacht, dass eigentlich ein Baumhaus wirklich viel besser wäre als das, was wir geplant haben.“

      Das ließ sich mein Großvater nicht zweimal sagen, er mag es sehr, wenn man ihn braucht. So verbrachte er die nächste Stunde damit, uns einen genauen Bauplan für das Baumhaus aufzuzeichnen. „Denn“, so erklärte er, „es ist ganz wichtig, dass man einen Baum wählt, der nicht morsch ist, da kennt ihr euch ja aus, hoffe ich.“

      Wir nickten, obwohl wir uns keineswegs sicher waren, ob wir das hinkriegen würden.

      „Das


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