Hasse mich nicht. Jessa James
reiße sie vom Tisch. Ich stehe auf, wütend und verletzt, und mache mich daran, zu gehen.
„Whoa, whoa, Emma“, sagt Jameson, springt auf und blockiert mit seinem großen Körper meinen Weg zum Ausgang. „Warte nur eine Sekunde.“
In meinen Augen brennen unvergossene Tränen. Meine Stimme ist kaum mehr als ein Flüstern. „Lass mich gehen.“
„Es tut mir leid“, sagt er. „Das tut es wirklich. Alles ist meine Schuld, okay?“
„Es ist nicht okay! Ich bin hier, obwohl ich es nicht will, und tue dir einen Gefallen. Und du dringst in meinen persönlichen Freiraum ein und hältst mich vom Gehen ab…“
Eine Träne läuft über und schlängelt sich ungehindert meine Wange hinab. Seine Miene wirkt gequält.
„Weine nicht. Bitte weine nicht“, fleht er mich an. „Ich werde mich bemühen, die Regeln zu befolgen, okay? Egal, was du sagst, ich werde es tun.“
Ich streiche die Träne von meiner Wange und hole tief Luft. Sein schuldbewusster Gesichtsausdruck zerrt an meinem Herz. Jetzt fühle ich mich schlecht, weil ich schuld daran bin, dass er sich schlecht fühlt.
„Lass mich darüber nachdenken. Ich… ich möchte dich unterrichten, so wie es vorher war, aber…“ Ich schüttle den Kopf und blicke nach unten. „Es tut immer noch so weh.“
„Ich werde dir Zeit geben, wenn es das ist, was du brauchst“, versichert er mir. „Nur… sag bitte nicht, dass du dich nicht mehr mit mir treffen kannst, in geselliger Hinsicht.“
Ich schaue zu ihm hoch. „Ich sagte, ich werde darüber nachdenken. Das ist alles, was ich dir momentan versprechen kann.“
Er seufzt und zuckt mit einer Schulter. „Das ist dann alles, worum ich dich bitten kann.“
Er weicht zurück und lässt mich gehen. Ich verschwinde so schnell wie möglich aus dem Laden, renne mehr oder weniger an der Barista vorbei und aus der Eingangstür. Ich werde erst langsamer, als ich mein Auto erreiche.
Ich schiebe mich mit hämmerndem Herzen hinter das Lenkrad.
Ich weiß nicht, ob ich mich nochmal mit ihm treffen kann.
Aber zur gleichen Zeit, wie kann ich es ablehnen?
Ich lege den Gang ein und fahre mit quietschenden Reifen vom Parkplatz.
4
Jameson
Vor dem Diner, das mein Bruder Forest vorgeschlagen hat, steige ich aus meinem Jeep. Während ich meine Augen vor der Mittagsonne abschirme, wünsche ich mir, ich hätte gestern Nacht nicht noch diesen letzten Drink getrunken. Ich habe definitiv einen Kater.
Ich verrücke meine Ray-Ban Sonnenbrille und laufe in das Diner. Der Laden ist eine leicht heruntergekommene Spelunke, die Forest liebt, innen und außen grell orange gestrichen. Wir essen hier nur ab und zu, aber die Eigentümerin erinnert sich immer an uns.
„Jameson!“, ruft sie, als ich den Laden betrete. Sie steht hinter dem Grill, trägt ihr übliches komplett schwarzes Outfit und grinst von einem Ohr zum anderen.
„Hey, Ms. Parker“, grüße ich sie mit einem Nicken.
Ich mache mir nicht einmal Gedanken über die Tatsache, dass sie meinen Namen etwas falsch ausgesprochen hat. Fakt ist, sie erinnert sich an fast jeden, der hierherkommt, und das ist ziemlich beeindruckend.
Ms. Parker deutet zu dem Tisch in der gegenüberliegenden Ecke, wo Forest bereits sitzt. Ich winke ihr und laufe zu dem Tisch, wo ich mich meinem Bruder gegenüber auf die Bank schiebe.
„Yo“, begrüße ich ihn. „Was läuft?“
Forest nippt an seinem Kaffee, dann gibt er einen zufriedenen Laut von sich. „Nicht viel.“
Die Kellnerin kommt vorbei und ich bestelle mir einen Kaffee und ein Omelett mit gedünstetem Krebsfleisch. Forest bestellt Pommes und Rührei.
Während ich etwas Zucker in meinen schwarzen Kaffee schütte, mustere ich meinen Bruder. Er war erst kürzlich beim Frisör, denn seine Haare sind sehr dicht an seinem Schädel abgeschnitten. Er war schon immer viel adretter als ich und hat sich sogar heute, an seinem freien Tag, rasiert.
„Wie machen sich meine Investitionen, oh magischer Geldbeschwörer?“, witzle ich.
Er denkt eine Sekunde darüber nach. „Gut. Tatsächlich ist das ein Teil dessen, was ich mit dir besprechen möchte.“
„Oh, yeah?“, frage ich. Ich nippe an meinem Kaffee. Er ist dick und schwarz, genau so, wie ich es mag.
„Yeah. Weißt du, dass das Apartment, in dem du und Asher wohnen, Teil eines Duplex ist?“
„Mmh, ich glaube die andere Seite ist voll mit… ich weiß nicht, Zeug vom Eigentümer.“ Der Eigentümer ist ein älterer Mann in seinen Siebzigern und er kommt dieser Tage nicht mehr viel herum.
„Nun, Asher hat seine Fühler ausgestreckt, um in Erfahrung zu bringen, ob der Eigentümer daran interessiert wäre, ihm die Haushälfte zu verkaufen.“
„Echt?“ Ich bin etwas überrascht, dass Asher mir nicht davon erzählt hat, da ich ja angeblich sein Mitbewohner und bester Freund bin.
„Jepp. Er hat gerade erst die Antwort bekommen und der Vermieter ist mehr als glücklich, es loszuwerden.“
„Hm.“ Ich denke darüber nach.
„Der Punkt, warum ich dir das erzähle, ist folgender. Ich denke, du und Asher solltet das Haus gemeinsam kaufen. Dann kann jeder von euch in einer Hälfte wohnen oder eine vermieten oder was auch immer ihr tun wollt. Das Teil ist ein Schnäppchen, nur um die 200.000$. Teilt man das durch zwei, ist das ein wirklich, wirklich guter Preis.“
„Hm“, sage ich erneut. Ich trommele mit den Fingerspitzen auf der Laminatoberfläche des Tisches. „Kann ich mir das leisten?“
„Ohne Probleme. Und es wäre auch eine gute Investition für dich. Ich halte es für eine wirklich vernünftige Idee“
„Cool“, erwidere ich achselzuckend. „Yeah, warum nicht?“
„Nun, ich wollte mich nur vergewissern, dass zwischen euch beiden nichts komisch ist, bevor ich ihm den Vorschlag mache. Ich meine, für dich ist es fast ein No-Brainer.“
Ich nicke langsam, während ich an Emma denke. Sie würde sich definitiv als ‚etwas Komisches‘ zwischen mir und Asher qualifizieren, aber Asher weiß es nicht. Ich habe wegen Asher mit ihr Schluss gemacht, wegen dem, wie er reagieren würde, wenn er es herausfände.
Ich seufze. „Yeah, da ist nichts Komisches zwischen uns.“
Wenigstens nicht mehr.
„Nun, ich nehme an, dass du dich irgendwann für ein Mädchen entscheiden wirst. Und es heißt, dass Mädels es nicht gerade toll finden, wenn ihre Männer Mitbewohner haben, selbst wenn sie sich so nahestehen wie ihr beiden.“
Ich ziehe eine Augenbraue hoch. „Ist das eine Aussage über dein Privatleben?“
Forest blickt mich böse an. „Nein.“
„Bist du dir sicher? Denn ich könnte mir gut vorstellen, dass Addison dir auf alle möglichen Arten dumm kommt, weil du noch mit Gunnar zusammenwohnst. Ich schätze mal, dass ein Mädel wie Addison, das offensichtlich aus einer wohlhabenden Familie kommt, deine momentane Wohnsituation nicht gerade spitze findet.“
Es herrscht einige Sekunden Schweigen, in denen Forest in seine Kaffeetasse stiert. Ich habe eigentlich zum Großteil nur Witze gemacht, aber dabei habe ich eindeutig versehentlich einen Nerv getroffen.
„Mir gefällt deine ausbleibende Reaktion nicht. Was ist los bei dir? Ist zwischen dir und Addison alles in Ordnung?“,