Der Malik. Bernhard Kreutner

Der Malik - Bernhard Kreutner


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Sie tatsächlich.«

      »Und was, Lenhart?«

      »Versprechen Sie uns, abzuheben, wenn wir anrufen, mehr nicht.«

      Lachend erwiderte die Ministerin: »Ist das alles? Ich soll Sie in Ruhe lassen und auf Ihren Zuruf warten?«

      Wie immer ruhig und sachlich, antwortete Michael Lenhart: »Exakt, Frau Ministerin. Wir machen unseren Job, und sollte uns jemand Knüppel zwischen die Beine werfen, kommen wir gerne auf Ihr Angebot zurück.«

      Die Ministerin stand kopfschüttelnd auf, ging zu ihrem Schreibtisch und kam mit einer dünnen Aktenmappe zurück.

      »Sie sind das ungewöhnlichste Duo, das mir in meinem gesamten Berufsleben untergekommen ist. Aber ich schätze Ihre offene und ehrliche Art, eine angenehme Abwechslung. Allerdings wird aus Ihnen beiden ab sofort ein Trio. Ihr Kurzzeitkollege, Gruppeninspektor Anton Steinbach, hat den Fritsch ausdrücklich um eine Versetzung zu Ihnen ersucht und mich dabei frecherweise gleich in cc gesetzt. Die Versetzung geht in Ordnung. Sie werden in Zukunft zu dritt arbeiten, viel Glück.«

      Nach einer herzlichen Verabschiedung im Ministerbüro gingen die beiden zu ihrem unmittelbaren Vorgesetzten, Brigadier Fritsch, kamen aber nur bis in dessen Vorzimmer. »Na, da schau her, die beidn Schifahrer! Nett, dass wieda da seids, gesund und munter, wie ma scheint.«

      »Ja, liebe Frau Wolf, danke der Nachfrage! Und wie geht’s Ihnen?«

      »Fragts ned! Da Alte schwebt seit letzter Wochn auf Wolke siebn wegen de Schweiza, und a die Deutschn san plötzlich handzahm. Oba die Arbeit wird ned weniger. Wollt’s an Kaffee?«

      »Sehr nett, Frau Wolf, aber wir haben gerade bei der Ministerin einen bekommen.«

      »Jo, de is in Ordnung. I mein, i hab ja scho viele Minister geshn und die meisten …, aber lass ma des. Die Auszeichnung habn ma also abgelehnt, wie ich ghört hab?«

      »Sie sind wie immer bestens informiert, Frau Wolf.«

      »Des is a Lauffeuer, des sag i euch. Schaut’s, so a Ehrenzeichn hättn alle gern, kriegns aber ned, und da Herr Major kriegt’s, will’s aber ned. So was beschäftigt die Leut.«

      Sabine Preiss schüttelte den Kopf. »Es ist keine zehn Minuten her, dass wir bei der Ministerin raus sind, und Sie wissen bereits alles. Wie machen Sie das, Frau Wolf?«

      Mit einem selbstbewussten Lächeln antwortete sie: »Aber geh, Frau Oberleutnant. Was imma im Büro der Ministerin beschlossn wird, geht üba den Schreibtisch ana Kollegin, so einem Urgestein, wia i ans bin. Mia haltn uns gegenseitig am Laufenden und den Ladn in Schwung. Wenn ma überall den Dienstweg einhaltn würdn oder alls so machn täten, wie’s die Chefitäten wünschn, nicht auszudenkn, speziell in Wahlkampfzeitn. Ja, es gibt da so a Art Informations- und Korrekturnetzwerk, euch kann i’s ja sagn. Aber des bleibt unter uns, versprochn?«

      »Versprochen, Frau Wolf«, erwiderte Michael Lenhart. »Ist der Herr Brigadier im Büro?«

      »Ja, ihr könnt’s glei zu ihm rein. Aber er hat heut schlechte Laune. Ned wegen euch, wegen seiner NichtFreundin, der Richterin, die hat glei in der Früh angrufn. Des tut sie nua, wenn’s zu Haus Brösl gebn hat. Also Vorsicht beim Altn.«

      Im Büro von Brigadier Fritsch, dem stellvertretenden Leiter des Bundeskriminalamtes, war von einer frostigen Stimmung nichts zu bemerken. Mit einem Wink lud der Brigadier die beiden ein, Platz zu nehmen, und beendete das Telefonat.

      »Schön, Sie beide gesund und munter wiederzusehen. Am Telefon vorhin war die Ministerin. Sie sind beide befördert, Gratulation! Dass Sie die Auszeichnung ablehnen würden, darauf hätte ich gewettet. Als Philosoph sind Sie ja mehr ein Asket, oder wie man das nennt.«

      »Sie meinen die Kyniker, wie Diogenes. Aber das stimmt nicht ganz. Ich lehne Eigentum nicht ab, ganz im Gegenteil. Ich halte persönliches Eigentum für eine der zentralen Voraussetzungen eines friedlichen und prosperierenden Lebens in Gemeinschaft. Und um auf dieses Ehrenzeichen zurückzukommen: Hätte man uns beide ausgezeichnet, hätte ich angenommen, aber wo es nur um mich ging, war es für mich nur logisch, abzulehnen.«

      »Wie auch immer, so sind nun mal die Regeln. Der Steinbach ist schon im D-Trakt. Er hat auf einer Versetzung in Ihre Abteilung geradezu insistiert, und mir soll es nur recht sein. Um die Bürokratie wird sich in Zukunft die 2.2., Verbindungsbüro Den Haag, Europol kümmern. Sollen die sich mit Brüssel herumschlagen. Für Sie beide habe ich einen anderen Fall. Die Finanz vermisst seit einigen Tagen einen leitenden Beamten, und niemand, auch nicht die Kollegen von der Abteilung Wirtschaftskriminalität, kann sich einen Reim darauf machen. Schauen Sie sich das an. Irgendetwas stimmt da nicht.«

      »Gut, machen wir.«

      »Noch etwas: Generalmajor Kollnig hat gemeint, Sie sollen die Laptops und Mobiltelefone behalten, und ich habe nichts dagegen, wenn Sie mit abgeschirmten Computern arbeiten. Für die Inventur muss ich mir allerdings noch etwas einfallen lassen. Geräte vom Kommando Führungsunterstützung & Cyber Defence im Innenministerium, das reicht für eine Titelgeschichte in der Stadtzeitung. Ach was, darum soll sich die Wolf kümmern. In diesem Sinne, an die Arbeit.«

      Schon im Hinausgehen rief Brigadier Frisch die beiden nochmals zurück.

      »Das hätte ich fast vergessen! In Bern sind sie ganz blass geworden, als ich ihnen das Material über die Organmafia gegeben habe. Die hatten nicht den leisesten Verdacht. Als Zeichen des Dankes und der Anerkennung hat gestern die Botschaft diesen Geschenkekorb im Namen unserer dortigen Kollegen für Sie beide vorbeigebracht. Hier, nehmen Sie. Ich habe auch einen bekommen und kann Ihnen versichern, speziell die Käse sind von ausgesuchter Qualität und die Weine ebenso.«

      Mit dem Korb der Schweizer Kollegen machten sich die beiden auf den Weg in den D-Trakt, wo sie bereits von Anton Steinbach erwartet wurden.

      »Servus zusammen. Sabine, Michael, melde mich zum Dienst! Und mit einem Blick auf den Geschenkekorb: »Habt ihr da das Mittagessen gleich mitgebracht?«

      »Hallo, Michael, nein, das ist ein Geschenk der Schweizer. Der Fritsch hat ihn uns grad eben mitgegeben. Greif zu.«

      »Aber der ist doch für euch?«

      »Nein, für die Abteilung, also auch für dich. Nimm dir, was du willst.«

      Verwundert sah sich Anton den Korb näher an.

      »Danke, nett von euch! Wenn ich darf, nehme ich gerne die Schokolade. Sowohl meine Frau als auch die Kinder sind Naschkatzen, und Süßigkeiten von Favarger und Beschle gehören zu den besten.«

      »Sicher, und nimm dir auch von dem Käse und dem Wein, Anton. Der Fritsch meinte, die wären ausnehmend gut.«

      »Danke, Sabine, aber die Schokolade genügt.«

      Wortlos nahm Michael den Korb, teilte alles in drei Teile und schob die gesamten Süßigkeiten zum dritten Teil.

      »Anton, keine falsche Bescheidenheit. Wir sind ein Team, und du hast Frau und Kinder. Also nimm, und willkommen in der Abteilung für Sonderfälle.«

      Zögernd griff Anton nach einer seiner beiden Weinflaschen und musterte sie. Ein Chardonnay vom Weingut Martha und Daniel Gantenbein.

      »Danke euch! Eine solche Aufteilung bin ich nicht gewohnt. Übrigens, der Fritsch hat uns bereits einen Fall zugeteilt. Es geht um einen auf Malta verschwundenen Abteilungsleiter aus dem Finanzministerium. Die Unterlagen habe ich ausgedruckt, sie liegen auf euren Schreibtischen. Wie lauten die Befehle?«

      Michael Lenhart schüttelte lächelnd den Kopf, füllte eine Karaffe mit Wasser und ging voraus ins Wohnzimmer. Anton folgte ihm verwundert, Sabine Preiss mit drei Gläsern.

      Nachdem alle Platz genommen hatten, sah sich Michael in dem großen Raum mit den riesigen Panoramafenstern um, bevor er aufstand und anfing, auf und ab zu gehen.

      »Anton, ich habe eine Bitte: Du hast es ja bei der Jagd auf die Organmafia bereits bemerkt. Die Arbeitsweise von Sabine und mir ist für Polizeibeamte wahrscheinlich so ungewöhnlich wie dieser D-Trakt. Eine Luxuswohnung mit eigenem Eingang, die niemand


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