BattleTech Legenden 34. Blaine Pardoe

BattleTech Legenden 34 - Blaine Pardoe


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sah von den Venirs auf. Seine Gedanken waren noch immer auf Wanderschaft in den Korridoren der Erinnerung. Die Eidmeisterin stand neben ihm. Sie streute ein weißes Pulver in die Flammen und legte mehrere Hartholzscheite nach. Die Pulverkörner zuckten im Feuer leuchtend grün, blau und blutrot auf. Eidmeisterin Biccon Winters warf auch einige Kapseln in das hoch auflodernde Feuer. Sie enthielten Weihrauch, und ihr starker Duft packte Santin Wests Sinne und ließ sie nicht mehr los. Die teilweise noch feuchten Holzscheite krachten und schleuderten Funken in die Nacht.

      Seine Augen senkten sich zum Ursprung des wild tanzenden Feuers, und er fixierte die orangerot glühenden Kohlen im Zentrum des Infernos. Die mit schwarzen Flecken bedeckten Kohlen schienen in der Hitze zu flimmern. Er starrte sie an und erlebte ein Schwindelgefühl, konnte nicht sagen, ob er ins Herz der Flammen fiel oder gezogen wurde.

      In der Glut sah er eine dunkle Silhouette. Er hielt sie in seinem Blick, und sie schien Gestalt anzunehmen, wurde zu einer zuschlagenden Katze. Santin Wests Augen weiteten sich vor Erregung, als er sie anstarrte. Sie folgten den Umrissen der Katze, und eine zweite, gelborangefarbene Gestalt erschien zwischen den Kohlen. Wieder sah er eine jagende Katze, diesmal wie im Sprung eingefroren. Und aus der untersten Schicht der Kohlen stieg eine weitere Silhouette auf - jetzt nur der Kopf einer Katze - und wurde immer deutlicher. Die drei Bilder schimmerten in der vom Feuer aufsteigenden Hitze, aber alle drei wirkten so real, als wären sie lebendig.

      Plötzlich rutschten die Scheite, und stürzten hinab auf die Kohlen. Die Bewegung und das Krachen zerstörten seine Konzentration für einen Augenblick, und als seine Augen sich nach dem Blinzeln wieder öffneten, stellte er fest, dass eine der Gestalten von den fallenden Scheiten ausgelöscht worden war. Die erste dunkle Gestalt war noch zu sehen, aber sie schien nicht mehr zu kämpfen, sondern stand nur reglos in den Flammen. Die andere, der Katzenkopf, war unbeschädigt, aber nun schien sie sich vor seinen Augen zu verändern. Santins Atem ging stoßweise, sein Puls hämmerte wie der eines Pferdes in einem Rennen, aber er war unfähig, sich zu bewegen, hing in Raum und Zeit gefangen über dem Feuer.

      Der Kopf der Katze schien dunkler zu werden und sich in einen grinsenden Totenschädel zu verwandeln. Er neigte sich vor ihm, wie in einem Zugeständnis. Santin West griff nach ihm, aber die Scheite verlagerten sich erneut und löschten den Katzenschädel aus, der ihn so teuflisch angegrinst hatte. Er ließ die Hand wieder aufs Knie fallen und schüttelte leise den Kopf.

      »Du hattest eine Vision, Santin West, pos?« fragte eine Stimme von außerhalb seines Sichtfelds. Er wusste, dass sie Biccon Winters gehören musste, der Eidmeisterin der Novakatzen und Bewahrerin des Ritus. In ihrem Tonfall lag eine Spur von Neid.

      »Pos«, bestätigte er kaum hörbar, die Augen immer noch glasig und auf die Flammen gerichtet - in der Hoffnung, die Vision werde zurückkehren.

      »Ausgezeichnet. Dies war dein vierter Versuch, Sterncolonel. Ich gratuliere dir. Viele, die den Ritus durchführen, erreichen ihr Ziel niemals ganz. Wir Novakatzen verstehen den Wert solcher Visionen. Seit unser Gründer Nicholas Kerensky die Vision hatte, die zur Gründung unserer Kultur führte, sind die Novakatzen-Krieger die einzigen, die solche Questen noch unternehmen. Es ist eine Verbindung zu unserer Vergangenheit und eine Brücke in unsere Zukunft.«

      Santin West schwindelte. Sein Magen schmerzte und seine Muskeln protestierten. »Meine Vision - es war ...« Seine Stimme erstarb, als sein Verstand zu erklären versuchte, was er gesehen hatte.

      Die Hand der Eidmeisterin sank auf seine Schulter.

      »Ich bin die Hüterin des Eids für unser Volk und die Bewahrerin dieses Ritus. Eine Vision ist heilig, und oft offenbart sie ihre Bedeutung erst mit dem Zug der Zeit.«

      Santin verlagerte das Gewicht und streckte die Beine aus. Zum ersten Mal in dieser Nacht stach die Kälte der Luft in seine Haut, als er sich bewegte. »Ihr versteht nicht. Ich muss begreifen, was ich gesehen habe.« Seine Gedanken wirbelten um das Bild, das vor seinem inneren Auge bereits verblasste. Die beiden ineinander verbissenen Katzen, das verstehe ich. Nebelparder und Novakatzen bekämpfen sich seit Jahrhunderten. Aber ich sah noch eine Katze, eine, die zu einer Totenmaske wurde, diejenige, die sich vor mir verbeugte. Die beiden kämpfenden Katzen wurden zermalmt, und alles, was zurückblieb, war das Totengrinsen der dritten. Ich muss verstehen, was ich sah. Ist das meine Zukunft oder die meines Clans?

      Eidmeisterin Winters schüttelte den Kopf. »Neg, Sterncolonel. Nicholas Kerensky ebenso wie die Gründerin unseres Clans, Khan Sandra Rosse, haben uns gelehrt, geduldig zu warten, während sich die Bedeutung einer Vision allmählich offenbart. Lass dein Verständnis reifen, dann werden wir weiter darüber reden. Wenn das, was du gesehen hast, eine Voraussage über unsere Zukunft ist, werde ich die Khane darauf aufmerksam machen. Das ist meine Pflicht und Ehre.«

      Santin West richtete sich langsam und schwankend auf. In diesem Augenblick schlugen die Tage und Nächte des Fastens und der Konzentration über ihm zusammen. Er tat einen schwachen Schritt, dann brach er plötzlich vor Eidmeisterin Winters zusammen. West lag lang hingestreckt auf seinen kostbaren Venirs, vor Erschöpfung bewusstlos.

      2

      Kriegerhalle, das Fort, Tara, Northwind

      Chaos-Marken

      2. Mai 3058

      Die Versammlungshalle der Clan-Ältesten war das wichtigste Regierungsgebäude in Tara, Herz und Seele der planetaren Regierung Northwinds. Obwohl die Highlanders nur einen Bruchteil der planetaren Bevölkerung darstellten, bedeuteten sie die einzige wirkliche Macht und Autorität auf dieser Welt. Umso mehr, seit sie den Planeten Prinz Victor Davion und dem Vereinigten Commonwealth abgerungen hatten.

      Im Herzen Taras gelegen, war die Versammlungshalle Teil eines ganzen Gebäudekomplexes, der seit der Rückkehr der Highlanders nach Northwind 3028 als das Fort bekannt war. Die zurückgekehrten Ältesten hatten verkündet, ihre geliebte Heimatwelt von dieser Festung aus gegen alle und jeden zu verteidigen, der sie bedrohte.

      Einmal im Jahr kamen die Ältesten von Tara und die Lairds aller äußeren Provinzen zur Hohen Versammlung zusammen, um Angelegenheiten von planetarer Bedeutung zu behandeln, die alltäglichen Entscheidungen aber trafen verschiedene Unterparlamente. Das größte und angesehenste in dieser Reihe war die Versammlung der Krieger, die das Highlander-Militär verwaltete. Die aus genau einhundert bewährten Highlander-Kriegern zusammengesetzte Versammlung war der Eckstein Northwinds.

      Im Gegensatz zum Rest des Forts war die hufeisenförmige Kriegerhalle aus Holz gefertigt. An einem Ende befand sich eine Empore mit einem Tisch für die vier Obersten der vier Regimenter der Einheit. Der Empore gegenüber saßen die einhundert Krieger an soliden Eichenholztischen mit Computerterminals und anderer moderner Ausrüstung. Die meisten trugen die traditionellen Kilts und schweren Stiefel der MechKrieger und Luft/Raumpiloten. Ausgehuniformen galten als unangemessen für die Versammlung der Krieger.

      Die in die Wände eingebaute Beleuchtung war nicht sonderlich stark, aber sie reichte aus. Loren ging die wenigen Stufen hinunter zu dem aus festgestampfter Erde bestehenden Boden der Kammer. Ringsum strömten andere Mitglieder der Versammlung herein und suchten ihre Plätze auf den Holzbänken hinter den Tischen. Neben einem Monitor hatte jeder Platz Verbindung zu einer Hochgeschwindigkeitskomphalanx für den Zugriff auf Vortragsdaten und die Abstimmung über die der Versammlung vorgelegten Anträge. Im Augenblick waren die Schirme noch leer.

      Loren setzte sich und legte den wollenen Kilt zurecht. Dieses Kleidungsstück hatte ihm nach seinem Eintritt in die Highlanders die größten Probleme bereitet. Die dicke Wolle des Kilts verschaffte ihm bei formellen Gelegenheiten wie längeren Versammlungen regelmäßig einen heftigen Juckreiz an den Beinen, was noch dadurch verschlimmert wurde, dass zur traditionellen Uniform keine Unterwäsche gehörte. Das schwarze Hemd war lang genug, um es für einen gewissen ›Halt‹ zwischen den Beinen zusammenzubinden, aber trotzdem empfand er es als zugig und unangenehm.

      Er sah Chastity Mulvaney, die sich nach einem Platz umsah. »Major Mulvaney«, rief er lächelnd, und deutete auf den freien Platz neben sich.

      Sie kam herüber. Dann blieb sie einen Augenblick lang stehen, die Arme über der Brust verschränkt, und kniff die Augen leicht zusammen. »Bilde dir


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