BattleTech Legenden 34. Blaine Pardoe
ist.«
Ihre Beziehung war von Beginn an eine Hassliebe gewesen, und daran hatte sich im Laufe der Zeit nichts geändert. Sie war Lorens perfektes Gegenstück, auf dem Schlachtfeld ebenso wie außerhalb. Bei den jüngsten Manövern zwischen den Kilsyth Guards und MacLeods Regiment hatte sein Befehlsbataillon das ihre geschlagen, aber das hieß keineswegs, dass sie den Spieß bei der nächsten Begegnung nicht umdrehen konnte. Manches lässt sich in Worten einfach nicht ausdrücken. Ich brauche ihr nicht zu sagen, was ich fühle, sie weiß es. So wie ich ihre Gefühle kenne.
Loren zuckte die Achseln, aber bevor er etwas antworten konnte, nahm die Ankunft der befehlshabenden Offiziere der Northwind Highlanders alle Aufmerksamkeit in Beschlag. Als die vier Obersten den Saal betraten, stellte Loren fest, wie unähnlich sie einander waren. Während MacLeods Highlanders für ihre Wildheit und ihr Draufgängertum bekannt waren, hatten Oberst Edward Senns 1. Kearny Highlanders den Ruf konservativer Hartnäckigkeit. Loren musste grinsen, als er sich an seine Zeit als einer von MacLeods ›Draufgängern‹ im Kampf um Tara erinnerte. Das 2. Kearny unter Oberst James O. Cochraine, in dessen Miene sich kaum jemals ein Muskel verzog, galt als das leidenschaftlichste aller vier Regimenter, das sich häufig mehr vom Gefühl als vom Verstand gelenkt, in die Schlacht warf. Oberst Andrea Stirling war unter Cochraine groß geworden, bevor sie die Führung der Fusiliers von Henrietta McCormack übernommen hatte. Es waren Stirlings Gewitztheit und Erfindungsreichtum auf dem Schlachtfeld gewesen, die ihrem Regiment einen entsprechenden Ruf eingetragen hatten.
Die vier traten im Gänsemarsch an den Kommandeurstisch. Dann drehten sie sich zu den versammelten Kriegern um, die sofort aufsprangen und Haltung annahmen. Loren verspürte eine Art Rausch, ein leichtes Hämmern in den Ohren, die Art wärmenden Stolzes, die er früher in der Gegenwart des Kanzlers gefühlt hatte.
»Weitermachen«, sagte Oberst Senn. Als Kommandeur des ältesten Regiments der Northwind Highlanders hatte Senn den Vorsitz über die Versammlung der Krieger, sofern er anwesend war.
Die Krieger nahmen wieder Platz, und Senn wartete, bis sich die dadurch entstehende Unruhe gelegt hatte, bevor er weitersprach. »Ich erinnere Sie alle daran, dass die Protokolle dieser Versammlung vertraulich zu behandeln sind, und wenn wir heute in formelle Vertragsverhandlungen eintreten, sind Sie zudem durch die Sicherheitsvorschriften der Söldnerprüfungs- und Vertragskommission gebunden.«
Derzeit befanden sich alle vier Highlander-Regimenter auf Northwind, weil die Einheit keine Aufträge angenommen hatte, während sie versuchte, die Verluste in Höhe beinahe eines kompletten Regiments bei den Kämpfen gegen Davion auszugleichen. Oberst James D. Cochraine hatte am äußersten linken Ende des Tisches Platz genommen. Neben ihm saß Oberst William MacLeod. Dann kam Oberst Senn, und auf dem Platz am rechten Ende saß schließlich Lorens Oberst Stirling.
»Lance Sergeant at Arms«, forderte Senn den Unteroffizier an der Tür des Saales auf. Der Mann öffnete die Tür, und drei Frauen in höchst formellem Gewand traten ein.
»Willkommen verehrte Gäste«, begrüßte Senn die Neuankömmlinge, und winkte sie vorwärts.
Die offenkundige Anführerin der drei Gesandten war von mittlerer Größe und trug einen blaugrünen Seidenkimono. Sie bewegte sich mit einer Aura königlicher Eleganz, und ihr glänzend schwarzes Haar war über der bleichen Haut in einem strengen und doch eleganten Stil in den Nacken gezogen.
Loren erkannte sie sofort. Omi Kurita. Die Tochter des draconischen Koordinators Theodore Kurita. Ihre Anwesenheit auf Northwind bedeutete eine inoffizielle Anerkennung der neugewonnenen Unabhängigkeit dieser Welt. Als sie graziös die Stufen zur Empore der Obersten hinaufstieg, sah sich Loren die beiden anderen Würdenträgerinnen genauer an. Eine trug die weiße Uniform einer MechKriegerin des Kombinats, und kam Omi in Größe und würdevollem Auftreten fast gleich. Die Rangabzeichen am Kragen ihrer Uniform kennzeichneten sie als Sho-sa, das VSDK-Gegenstück zu Lorens Rang eines Majors. Die leuchtendblau-schwarzen Insignien auf ihrer Schulter waren aussagekräftiger - es war die tosende Flutwelle des Genyosha-Regiments.
Loren benötigte die Ankündigung des Unteroffiziers nicht, um auch die zweite Frau zu erkennen, wenn auch aus anderen Gründen. Jeder, der die Schlacht um Luthien studiert hatte, in der das Kombinatsmilitär und einige der besten Söldner der Freien Inneren Sphäre einen Clanangriff auf die Zentralwelt des Kombinats zurückgeschlagen hatten, kannte Ruth Homer.
Loren hatte ihre Schriften über Clan-Taktiken als höchst aufschlussreich empfunden, und seiner Ansicht nach hatten ihr Buch und ihre Aufsätze das Zeug zu einer Bibel für Feldoffiziere. Vor sechs Jahren auf Luthien war sie eine Tai-i der Genyosha gewesen und hatte einen äußerst erfolgreichen Angriff auf die Nebelparder in den Wasedabergen außerhalb Imperial Citys angeführt. Loren konnte nur hoffen, sich ebenso gut zu schlagen, wenn seine Zeit kam.
Die dritte Frau trug einen grauen Overall mit dem Sternsymbol ComStars auf der linken Brust, über dem Herzen. Die Abzeichen auf dem runden Kragen waren die einer ComGuard im Präzentorenrang. Der Unteroffizier stellte sie als Präzentorin Mercedes Laurent vom Explorerkorps vor, während sie auf die Empore trat.
Loren lehnte sich zu Chastity hinüber und flüsterte: »Omi Kurita hier auf Northwind. Es muss um etwas Wichtiges gehen, etwas wirklich Großes.« Noch vor wenigen Jahren, vor der Ankunft der Clans, wäre es undenkbar gewesen, dass ein Mitglied des draconischen Herrscherhauses sich auf Northwind zeigte, einer Welt, die das Kombinat im 4. Nachfolgekrieg angegriffen und zu erobern versucht hatte. Die Zeiten hatten sich wahrlich geändert, und die Highlanders ebenfalls.
Chastity nickte. »Sie haben ausdrücklich um ein Treffen hier statt auf Outreach gebeten.« Outreach war eine Welt, auf der Söldner von nah und fern unter der Aufsicht der Söldnerprüfungs- und Vertragskommission neue Auftraggeber suchten. Gleichzeitig war der Planet die Heimatbasis von Wolfs Dragonern, jener berühmten Söldnereinheit, die ursprünglich aus dem Clan-Raum stammte, und den Militärs der Inneren Sphäre zu vermitteln versucht hatte, wie sie gegen die scheinbar unbesiegbaren Invasoren bestehen konnten. Dass Theodore Kurita die üblichen Anwerbekanäle und -verfahren umgangen hatte, war in der Tat bemerkenswert.
Omis Haltung war aufrecht, aber entspannt. Sie ließ ihren Blick durch den Saal schweifen, dann richtete sie ihn wieder auf den Tisch der Obersten. »Mitglieder der Northwind Highlanders und geehrte Kommandeure der Einheit, ich überbringe Ihnen herzliche Grüße aus dem Draconis-Kombinat, von Koordinator Theodore Kurita.«
»Domo arigato, Kurita Omi-sama«, bedankte sich Oberst Cochraine. »Dies ist das erste Mal in der Geschichte, dass die Versammlung der Krieger eine Repräsentantin des Kombinats empfängt, und Ihre Anwesenheit hier markiert ohne Zweifel den Beginn einer neuen Ära in den Beziehungen unserer Völker. Wir sind geehrt, hier auf Northwind eine Besucherin von solcher Bedeutung als Gast willkommen zu heißen.«
Loren war sich bewusst, wie korrekt die Worte des Obersten waren. Northwind hatte erst vor Kurzem seine endgültige Unabhängigkeit vom Vereinigten Commonwealth erreicht, wenn auch noch unklar war, ob Victor Davion diesen neuen Status anerkannte. Omi Kuritas Besuch bekräftigte die Selbständigkeit, auch wenn es sich nicht um einen offiziellen Staatsbesuch handelte.
Das Vereinigte Commonwealth - was noch davon übrig war - und das Kombinat hatten das Kriegsbeil begraben, seit sie sich von einem gemeinsamen Feind bedroht sahen. Nur ein Narr konnte glauben, Theodore Kurita hätte seine Tochter hierher nach Northwind geschickt, ohne Prinz Victor Davion vorher rechtzeitig von seiner Absicht zu unterrichten. Möglicherweise war Victor bereit, diesen Bruch diplomatischer Gepflogenheiten vor seiner Nase zu übersehen, weil er wusste, dass es um eine Mission gegen die Clans ging.
»Oberst Senn, ich selbst ebenso wie der Koordinator begrüßen Ihre Worte. Ich versichere Ihnen, dass wir Ihre neugewonnene Unabhängigkeit nicht als Bedrohung empfinden, sondern als Gelegenheit, einander besser kennenzulernen.« Omi sprach beherrscht und bedächtig. »Der Koordinator übersendet den Northwind Highlanders ein Gastgeschenk, als eine Geste guten Willens.«
Sie schnürte ein Tuchbündel auf, das Sho-sa Horner ihr reichte. Das Tuch war rot und gelb, mit einem grünen Außenrand. Im oberen Teil des Banners war ein auf der Spitze stehendes Dreieck zu sehen, über dem die grün gefärbte Silhouette eines Dudelsackspielers lag - das Einheitssymbol