BattleTech Legenden 34. Blaine Pardoe
dass es sich um ein Heerzeichen handelte, eines der Banner, die im Feld über einem Befehlsstand wehten. Dieses war alt, verblichen und in einer Ecke eingerissen.
»Dieses Heerzeichen gehörte einst Ihren 1. Kearny Highlanders. Unsere Streitkräfte konnten es in der Schlacht um Lincoln 2802 erbeuten. Der Sieg in einem Kampf gegen die Northwind Highlanders hat unsere Truppen mit großem Stolz erfüllt. Der Koordinator hat mich gebeten, es als Geste des guten Willens von ihm persönlich und der Bevölkerung des Draconis-Kombinats seinen rechtmäßigen Besitzern zurückzugeben. Und er hat mich gebeten, Ihnen darüber hinaus diese Botschaft zu übermitteln: Mögen wir uns nie wieder auf verfeindeten Seiten gegenübertreten, sondern zusammen gegen unseren gemeinsam Feind marschieren. Wir beide sind Völker, die Ehre unter Kriegern zu schätzen wissen. Bitte nehmen Sie dies im Namen dieser Ehre an.«
›Unser gemeinsamer Feind ...‹ Die Clans.
Oberst Senn verließ seinen Platz und trat langsamen, gemessenen Schritts hinüber zur Tochter des Koordinators. Es war sein Regiment, das die Standarte Jahrhunderte vor seiner Geburt bei den Kämpfen auf Lincoln verloren hatte. Er nahm das antike Banner und legte es ehrfürchtig über einen Arm. Dann stand er eine lange Zeit reglos vor Omi Kurita und sagte kein Wort. Als er sich schließlich verbeugte und die Hand der jungen Frau küsste, erhob sich von den Reihen der versammelten Krieger spontaner Beifall. Auch Loren stimmte darin ein, ebenso wie Mulvaney.
Der Applaus verklang, als Oberst Senn auf seinen Platz zurückkehrte und das Banner wie eine heilige Reliquie vorsichtig vor sich ausbreitete. »Bitte übermitteln Sie dem Koordinator im Namen der Northwind Highlanders unsere tiefste Dankbarkeit für dieses Geschenk. Wir nehmen es im Namen derer an, die uns vorausgingen, als Ehrung nicht nur der Krieger vom Highlanderblut, sondern auch der ehrenvollen Samurai des Draconis-Kombinats.«
Es war Oberst Stirling, die den formellen Ton durchbrach. Sie war bekannt für ihre Rolle der wilden, unberechenbaren Rebellin. »Alle Ehrre dem Geschenk, da‘ Sie uns gebracht haben«, stellte sie mit einem stärkeren schottischen Schnarren in der Stimme fest, als bei ihr sonst üblich war. »Aber Sie haben noch etwas anderes mitgebracht, was fürr die Versammlung von Interesse ist. Sie sind gekommen, um einen Kontrakt auszuhandeln, hab ich nae recht?«
Loren grinste. Sie ist wirklich eine Katze. Sie setzt ihren Akzent bewusst dort ein, wo es ihr in den Kram passt, um ihre Opfer im Ungewissen zu lassen, mit wem sie es zu tun haben.
Auch auf Omis Gesicht war ein schwaches Lächeln zu erkennen, wie eine Bestätigung dessen, was sie von Stirling erwartet hatte. »So ist es, Oberst Stirling. Ich bin gekommen, um den Northwind Highlanders einen Kontrakt anzubieten. Sho-sa Horner von der Genyosha wird Ihnen die Einzelheiten der Mission erläutern.« Sie reichte Oberst Stirling eine kleine Laserdisk, die diese in die Lehne ihres Sessels steckte. Dann trat Omi Kurita beiseite, und Horner kam nach vorne. Auf den Tischbildschirmen vor den Offizieren erschienen Karten und Anzeigen zur Durchsicht.
»Wie Sie wahrscheinlich wissen, arbeitet der Koordinator seit einiger Zeit bei dem Versuch mit ComStars Explorerkorps zusammen, die Heimatwelten der Clans zu finden.« Ruth Horner sah hinüber zu der ComStar-Präzentorin, die bestätigend nickte. Es war nicht gerade ein Geheimnis, dass es Theodore Kurita einzig und allein darum ging, die Clans zu besiegen.
»Dadurch ist es uns gelungen, die Welt zu identifizieren, über die ich heute mit Ihnen reden möchte. Ihr Name ist Wayside V. Die topografischen Daten des Planeten finden Sie jetzt auf Ihren Monitoren.«
Zahlreichen Gesichtern im Rund des Saals war Verwirrung abzulesen, als Horner den Weltnamen nannte. Wayside? Loren hatte bisher immer gedacht, praktisch alle bewohnten Planeten der Inneren Sphäre zu kennen, aber von diesem hatte er noch nie auch nur gehört. Und nach den Mienen der Krieger ringsum zu schließen, stand er damit auch nicht allein.
Sho-sa Horner sah den Ausdruck auf den Gesichtern und reagierte prompt. »Mir ist klar, dass niemand von Ihnen jemals von Wayside V gehört hat. Das liegt daran, dass diese Welt nicht in der Inneren Sphäre liegt. Die Mission, die ich Ihnen heute anbiete, ist eine Gelegenheit, den Kampf ins Gebiet der Clans zu tragen.«
Dieser Ankündigung folgte langes Schweigen, bis Oberst MacLeod es mit einer Frage an Mercedes Laurent brach. »Wo steht ComStar bei alledem, Präzentorin? Es war ComStar, der den Waffenstillstand ausgehandelt hat, der uns und die Clans fünfzehn Jahre daran hindern soll, uns gegenseitig anzugreifen. Die Highlanders wollen nicht Teil einer Operation werden, die einen neuen Krieg mit den Clans auslösen könnte.«
»Eine gute Frage, Oberst«, bestätigte die Präzentorin. »Aber Wayside V ist nicht Teil der Clan-Besatzungszone hier in der Inneren Sphäre. Es handelt sich um einen Clan-Stützpunkt in der Äußeren Peripherie. Ich bin autorisiert, Ihnen alle vom Explorerkorps über diese Welt gesammelten Daten sowie die Koordinaten der Sprungrouten in das Waysidesystem zu übergeben.«
In ihrer Antwort erklärte Loren weitgehend, warum all dies nicht auf Outreach stattfand. Weder Theodore Kurita noch seine ComStar-Verbündeten konnten ein Interesse daran haben, dass Außenstehende von einer Mission dieser Bedeutung erfuhren. Mit Hilfe der Monitorkontrollen seines Tischs lokalisierte er in kürzester Zeit eine Sternenkarte, auf der die Lage des Zielplaneten ein gezeichnet war. Er war Wochen vom äußersten Peripherievorposten des Kombinats entfernt.
Während er die Karte genauer analysierte, sprach Ruth Homer weiter. »Soweit wir wissen, handelt es sich bei Wayside V um ein Nachschubdepot der Nebelparder, und wir vermuten, dass er auf der Route zurück zu den Clan-Heimatwelten liegt. Ich biete Ihnen hiermit einen Kontrakt für eine Invasion von Wayside V durch ein Regiment der Highlanders an, sowie ein Entsatzbataillon als Garnison nach Erreichen des Missionsziels. Dieses Ziel besteht in der Vernichtung der auf dem Planeten befindlichen Clan-Einheiten und seiner Eroberung für das Draconis-Kombinat.«
Augenblicklich erhob sich ein lautes Murmeln in den Reihen der versammelten Krieger, aber Oberst Senns scharfe Stimme schnitt durch die Geräuschkulisse. »Sie verlangen von uns, eine unkolonialisierte Welt zu erobern, die noch kein bekannter Einwohner der Inneren Sphäre jemals auch nur besucht hat, korrekt?«
Jeder im Saal verstand nur zu gut, was er damit sagen wollte. In den letzten dreihundert Jahren hatten die Highlanders alle Schlachten auf Welten geschlagen, die schon Tausende Male kartografiert worden waren, deren Probleme und Gefahren bis hin zu den Wetterschemata genau bekannt waren.
Sho-sa Horner lächelte. »So ist es. Durch eigene und Explorerkorps-Beobachtungssatelliten wissen wir, dass die Parder auf der Oberfläche Gebäude errichtet haben, ohne Zweifel Lagerhallen für ihren Nachschub. Für das Kombinat ist es wichtig, diese Welt anzugreifen und den Clannern abzunehmen. Zum einen würde es die Parder zwingen, Mittel zum Aufbau einer anderen Nachschubbasis umzuleiten. Zum anderen bedeutet jede Clan-Einheit, die mit solchen Aktivitäten beschäftigt ist, eine Einheit weniger, die unsere Grenzen bedroht.« Horner trat einen Schritt nach vorne, wohl, um ihren Zuhörern die Dringlichkeit ihrer Worte klarzumachen. »Das Kombinat hat durch die Clan-Invasion zahlreiche Systeme verloren. Bisher haben wir ständig auf unseren eigenen Welten darum kämpfen müssen, sie zurückzugewinnen. Diesmal wäre es anders. Wir würden den Krieg ins Territorium der Clans tragen, eine ihrer Welten einnehmen. Wayside V mag für die Pläne der Nebelparder wichtig sein oder nicht, für unser Volk wäre es ein bedeutender Erfolg, ein System zu erobern, auf das die Clans Anspruch erheben.«
Sie hatte recht. Wayside V hatte das Potential, als Hoffnungsschimmer zu dienen, als Sammelpunkt. Symbolische Siege dieser Art waren häufig ebenso wichtig wie bedeutende militärische Erfolge.
»Aus den vom Explorerkorps gesammelten Daten lässt sich vermuten, dass der Planet von einem einzelnen Einstweiligen Garnisonssternhaufen verteidigt wird. Wie Sie sehen können, haben unsere Computer die dort anwesenden Mechs als Clan-Modelle der Garnisonsklasse identifiziert. Es wurden weder OmniMechs noch Luft/Raumelemente gesichtet.«
»Sie schlagen also vor, eine kleine Armee gegen einen einzelnen Clan-Sternhaufen der Garnisonsklasse zu entsenden?« fragte Oberst Stirling.
Horner nickte entschieden. »Der Angriff mit einem kompletten Kampfregiment und die spätere Verstärkung mit einem ganzen Bataillon ist angesichts des Alters unserer Daten die einzige Hoffnung, die wir haben,