Olli und die Hundefänger. Mathias Meyer-Langenhoff

Olli und die Hundefänger - Mathias Meyer-Langenhoff


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erreicht hatten.

      „Hier schläft übrigens mein Ball“, grinste er, „Hanjo, du musst auf dem Boden pennen.“

      „Sehr witzig. Olli, sag meinem bescheuerten Bruder, dass er mir nicht auf den Keks gehen soll, sonst landet sein Ball sofort im Wasser.“ Die beiden hatten schon während der Autofahrt zum Hafen Stress gehabt, weil Hanjo unbedingt ins Zuiderzee-Museum wollte. Da soll man sich alte Häuser und so angucken können. Pit war noch nie Museumsfan. Das konnte ich gut verstehen, in den Ferien in Museen rumzuhängen, war auch nicht so mein Ding. Nur auf Ameland war’s gut, denn da haben wir Jaap kennengelernt, den Leiter des kleinen Museums in Buren. Ohne ihn hätten wir damals den Fall mit der gestohlenen Galionsfigur niemals lösen können. Jaap ist ein Spitzentyp.

      „Jetzt hört auf, euch anzumachen“, mischte ich mich ein, „der Ball kann ja wohl auf dem Boden pennen.“

      „Na bitte, Brüderchen“, grinste Hanjo, „Olli hat gesprochen.“ Er nahm den Ball in beide Hände und legte ihn vorsichtig auf den Boden. „Nun, Herr Ball, ist es so recht, liegen Sie bequem oder hätten Sie lieber die andere Ecke?“ Hanjo war nicht nur megaintelligent, manchmal konnte er auch richtig witzig sein.

      Als wir alles eingeräumt hatten, gingen wir in die Mädchenkajüte. Die schlafen da zu viert. Das konnte man sofort riechen, es stank nämlich total nach Deo und Cremes und so Zeug.

      „Wenn ihr mit dem Einräumen fertig seid, könnt ihr helfen, die Vorräte in die Küche zu tragen“, stöhnte Lutz, Hannahs und Meikes Papa. Er balancierte gerade mit einer Kiste die steile Treppe nach unten.

      „Das heißt Kombüse“, rief Hannah.

      Lutz knallte die Kiste auf den Tisch.

      „Du sollst doch nicht die schweren Sachen tragen, sonst hast du es gleich wieder am Rücken“, schimpfte Beate, die sich immer Sorgen um ihren Mann macht, weil er schnell einen Hexenschuss bekam und sich dann nicht mehr bewegen konnte. „Also, Jungs, rauf mit euch, auf Deck sind noch mehr Kisten!“ Sie zeigte nach oben.

      Papa und Uli, der Vater von Hanjo, Katja und Pit, schleppten eine nach der anderen aus den Autos aufs Schiff. Es dauerte fast eine Stunde, bis wir fertig waren. Die Mädchen haben sich natürlich gedrückt, weil sie angeblich noch ihre Kajüte einrichten mussten. Was soll’s, wir sind auch ohne sie klargekommen.

      Aber als der Skipper uns auf dem Boot alles erklären wollte, war ich von der Schlepperei ganz schön kaputt. „Herzlich willkommen auf der Anna Lena“, begrüßte er uns, „mein Name ist Cornelis Hagenboom, ich bin der Kapitän. Ihr könnt euch sicher vorstellen, dass ich das Schiff nicht alleine segeln kann, ihr müsst also helfen.“

      „Mit dem größten Vergnügen, genauso habe ich mir das vorgestellt“, rief Papa. „Ich stelle mich gerne als Steuermann zur Verfügung, bin selbst erfahrener Seemann!“

      Klar, dass Papa einen Witz gemacht hatte, aber Paula kapierte seine Witze nur selten ... oder wollte sie nicht kapieren. Wahrscheinlich taten sie ihr sogar weh, denn sie stöhnte immer, wenn Papa welche erzählte, und verdrehte ganz komisch die Augen. „Hör auf, Papa, du bist doch bisher nur mit kleinen Segelbooten auf dem Aasee gefahren!“

      „Schön, dass du an mich glaubst, Paula“, grinste er und zwinkerte mir zu. Das machte er immer, wenn er Druck von Paula bekam.

      „So genau will ich die Aufgaben gar nicht verteilen“, meinte Cornelis, „steuern darf jeder mal, aber alle müssen mit anpacken, zum Beispiel beim Segelsetzen. Wir werden so oft wie möglich den Motor abstellen, Dieselkraftstoff ist teuer. Außerdem müsst ihr kochen, putzen, Wache halten und so weiter, ihr werdet also keine Langeweile haben. Wie heißt eigentlich euer Hund?“

      „Gisbert“, antwortete Meike.

      Cornelis ging auf ihn zu. Ich glaube, er hatte Ahnung von Hunden, denn Gisbert ließ sich sofort von ihm streicheln und bekam ein Leckerchen. Er leckte Cornelis sogar die Hand. „Prima, ab heute bist du unser Schiffshund“, meinte er.

      „Wunderbar, diese Ernennung sollten wir mit einem Gläschen Eierlikör feiern!“, rief Papa dazwischen. Die anderen Väter nickten begeistert. Eierlikör mit Sahne tranken sie total gerne. Obwohl das Zeug so dick war wie Pudding und sie dafür eigentlich einen Löffel brauchten.

      „Papa, hör auf, das ist doch peinlich“, meckerte Paula schon wieder.

      „Wenn sie so weitermacht, wird sie Lara als Meckertante noch ablösen“, dachte ich.

      Cornelis fand es lustig. „Ihr trinkt gerne Eierlikör?“, lachte er. „Das mögen bei uns nur Frauen ab achtzig.“

      „Ich sag’s doch, unsere Männer verwandeln sich in Holland immer in alte Tanten“, grinste Mama.

      „Sehr witzig, aber das Zeug schmeckt eben verteufelt lecker. Außerdem ist es doch ein typisches Seebärengetränk, oder?“, meinte Papa lachend. Er ließ sich nicht so schnell aus der Fassung bringen.

      Cornelis zuckte mit den Schultern. „Eigentlich ist das Rum, aber da finde sogar ich Eierlikör leckerer. Allerdings ist Alkohol, egal in welcher Form, während der Fahrt verboten. Nicht, dass mir noch jemand über Bord geht. Aber jetzt passt mal auf!“ Dann erklärte er uns, was wir zu tun hatten, wenn wir in einen Hafen ein- oder ausliefen, wie Segel gesetzt und eingeholt wurden, wohin wir fuhren und worauf wir insgesamt achten sollten.

      Das Schiff, die Anna Lena, gefiel mir voll gut. Es war ein dunkelblauer Einmaster mit einem roten Streifen um den Bug. Natürlich viel größer als die Segelboote, mit denen Papa auf dem Aasee herumfuhr, die hatten nicht mal eine Kajüte und auch keine Küche. Mir fielen zwei riesige Holzschwerter an beiden Seiten des Bootes auf. „Wofür sind die?“, wollte ich von Cornelis wissen.

      „Die geben dem Schiff Stabilität, wenn man sie während der Fahrt herunterlässt. Die Anna Lena hat nämlich keinen Mittelkiel, sie ist ein Plattbodenschiff und fährt sogar noch bei Ebbe und absolutem Niedrigwasser.“

      „Dann könnten wir uns ja im Watt trockenfallen lassen und aussteigen!“, rief Hanjo. Bestimmt hatte er vorher alle möglichen Bücher übers Segeln gelesen.

      „Genau, das haben wir auch vor. Aber genug gequatscht, jetzt legen wir ab. Marlies, Heike und Hannah, ihr holt die Reifen an Bord, die anderen können unter Deck weiter Ordnung schaffen oder bei der Ausfahrt zugucken. Heute kommt der Wind von Osten, deshalb segeln wir nach Enkhuizen. Also, an die Arbeit!“

      Die Reifen hingen übrigens an Seilen zwischen der Bordwand des Bootes und der Kaimauer, damit am Schiff nichts kaputtgehen konnte. Immer wenn man losfuhr, mussten sie an Bord gezogen werden.

      Cornelis stand auf, löste die Vertäuung am Uferpollen und startete den Motor. Der machte einen ohrenbetäubenden Lärm. Gisbert erschreckte sich und bellte wie verrückt.

      „Er muss noch lernen, damit klarzukommen“, meinte Meike und streichelte ihn beruhigend.

      Langsam löste sich die Anna Lena von der Kaimauer.

      „Wie lange sind wir denn heute unterwegs?“, fragte Hannah den Skipper.

      Er wirbelte an dem großen Steuerrad, um die Nase der Anna Lena Richtung Hafenausfahrt zu drehen. „Schätze, so fünf bis sechs Stunden, aber es hängt natürlich vom Wind ab.“

      Als wir langsam an den anderen Schiffen vorbeizogen und ein bisschen Fahrt aufnahmen, tuckerte der Motor leiser und Gisbert beruhigte sich.

      „Ist noch nicht wirklich der perfekte Bordhund“, grinste Pit, „wenn er jedes Mal bei der Abfahrt so verrückt bellt …“

      „Nein, so ein Mist!“, brüllte Lara plötzlich auf. Sie hüpfte auf einem Bein an der Reling entlang und sah angeekelt unter ihren linken Schuh. „Euer blöder Hund hat gekackt!“

      „Stell dich nicht so an und mach’s sauber. Das kann einem Hund schon mal passieren“, meinte Paula.

      Zwar hatte ich inzwischen mit Lara nicht mehr so oft Stress wie früher, aber ich


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