Der neue Sonnenwinkel Box 11 – Familienroman. Michaela Dornberg
verkneifen, und das brachte sie in die Gegenwart zurück. Nicki konnte es einfach nicht lassen.
»Ja, ich treffe mich mit Konstantin. Er ist ein sehr angenehmer Mensch, wir führen schöne Gespräche, unternehmen hier und da etwas, besuchen gemeinsam Restaurants, telefonieren, wir können miteinander lachen.«
Das war eine ganze Menge, und das veranlasste Nicki zu der Frage: »Ist da wieder ein Funke übergesprungen? Schließlich wart ihr ja mal ineinander verliebt.«
Roberta bestätigte es.
»Doch nicht genug, um in Verbindung zu bleiben, und nein, es ist kein Funke übergesprungen, zumindest nicht von meiner Seite, Konstantin …, ich glaube, er hat mich gern.«
Nicki wollte etwas sagen, doch dazu ließ Roberta es nicht kommen.
»Nicki, jetzt bitte keine Mutmaßungen, keine Prognosen. Es ist zwischen Konstantin und mir nichts, nichts weiter als eine schöne Freundschaft, und ich finde, das ist schon viel, sehr viel. Mir gefällt seine Fürsorge, die er beispielsweise nach dem Brand gezeigt hat, da rief er sofort an, um sich nach meinem Befinden zu erkundigen.«
»Das ist doch was«, rief Nicki.
»Ja, Nicki, das ist was«, bestätigte Roberta, dann erhob sie sich, »ich denke, wir wollten zurückgehen. Hast du nicht gesagt, dass du heute noch arbeiten musst?«
Das brachte auch Nicki auf die Beine, sie hakte sich bei Roberta ein, als sie weitergingen.
»Roberta, es hat mir wieder einmal so richtig gut bei dir gefallen, und Alma, ehrlich mal, die würde ich am liebsten mitnehmen, sie ist ein solches Juwel.«
»Nicki, das weiß ich, ich würde um sie kämpfen wie eine Löwin, sollte mal jemand versuchen, sie mir abspenstig zu machen.« Nicki lachte belustigt.
»Diese Sorgen musst du dir nicht machen, liebste Freundin, Alma hängt an dir, sie würde dich niemals verlassen, du bist der wichtigste Mensch in ihrem Leben. Um eure Verbundenheit seid ihr wirklich zu beneiden, ich glaube, so was findet man heutzutage nicht so oft. Die Menschen sind doch eher so was wie Zugvögel, immer unterwegs nach einem neuen Futterplatz, sprich Geld oder nach einem neuen Kick. Ach ja, so eine Alma hätte ich auch gern, doch die könnte ich mir überhaupt nicht erlauben. Ich verdiene gut, sehr gut sogar, aber nicht genug, um auch all die Extras bezahlen zu können, die einem das Leben erleichtern, außerdem muss ich Monat für Monat dafür sorgen, das Geld für meine festen Kosten zu verdienen, Miete, Lebensunterhalt, Krankenkasse, Altersversorgung«, sie seufzte, »ein Monat ist so schnell um.«
»Du könntest es einfach haben, Nicki, ein Anruf genügt, und einer deiner Auftraggeber, für den du bereits als Angestellte gearbeitet hast, würde dich mit Kusshand zurücknehmen.«
»Roberta, hör bitte auf davon, ich weiß, dass eine Festanstellung mit ein sicheres Einkommen beschert, ob ich nun krank bin oder nicht, ob ich viel oder wenig arbeite. Aber das ist nicht mein Ding. Ich habe es versucht, es engt mich ein. Außerdem, dank ›Sternenstaub‹, dank meines Aufenthalts in Japan haben sich mir neue Türen geöffnet. Ich kann mich über Aufträge nicht beschweren, du kennst mich, manchmal jammere ich halt gern auf hohem Niveau.«
»Nicki, Nicki, warum bist du eigentlich nicht Schauspielerin geworden?«, erkundigte Roberta sich, »du spielst sehr glaubhaft jede Rolle.«
Nicki hätte gewiss eine passende Antwort darauf gewusst, doch dazu kam sie nicht, sie bogen um eine Kurve, und dann standen sie plötzlich Teresa und Magnus von Roth gegenüber, die mit Sam und Luna einen Spaziergang machen wollten.
Das Ehepaar von Roth und Roberta waren mittlerweile in Freundschaft verbunden, und natürlich kannten sie auch Nicki, die allerbeste Freundin der Frau Doktor, nicht nur das, sie mochten sie. Und so gab es eine sehr herzliche Begrüßung.
»Wie schön, dass Sie wieder einmal in unserem schönen Sonnenwinkel sind, Frau Beck, das freut die Frau Doktor sicher sehr, und uns würde es ebenfalls freuen, Sie zu treffen, nicht wahr, Magnus?«
»Tut mir leid, Frau von Roth, dazu ist es leider zu spät, denn ich werde gleich in mein Auto steigen und nach Hause fahren«, bedauerte Nicki, die das Ehepaar sehr mochte, ganz besonders natürlich Teresa, die für jede Frau ein Vorbild sein konnte.
»Das ist aber schade, Frau Beck, ich wollte Sie gerade einladen zur Eröffnung des Internats in Hohenborn, in der ehemaligen Rückert-Villa.«
»Ich habe davon gehört, Roberta hat mir erzählt, dass Sie die Eröffnungsrede halten werden. Das finde ich ganz großartig, doch wissen Sie was, ich nehme die Einladung gern an. Sagen Sie Roberta Bescheid, wann genau das sein wird, und ich werde da sein. So etwas lasse ich mir doch nicht entgegen.«
Teresa war sichtlich gerührt, ihre Stimme zitterte vor Freude, als sie sagte: »Das wollen Sie tun?«
»Ja, Frau von Roth, danke für die Einladung, es wird mir eine Ehre sein, bei diesem Ereignis dabei zu sein.«
Sie war jetzt wirklich in Eile, doch von sich aus hätte sie das Beisammensein nicht beendet, es waren die Hunde, die ungeduldig an ihren Leinen zerrten, weil sie all die aufregenden Gerüche erschnüffeln wollten.
»Wir müssen leider weiter«, bemerkte Magnus, »Sam und Luna fangen an, durchzudrehen.«
Eigentlich war ja auch alles gesagt, sie verabschiedeten sich voneinander, umarmten sich, Teresa bedankte sich noch einmal bei Nicki, dann gingen Teresa und Magnus nach einem letzten Winken in die Richtung, aus der Roberta und Nicki gerade gekommen waren. »Was für tolle Menschen«, schwärmte Nicki, »und schau sie dir an, wie stolz und hocherhobenen Hauptes sie daherschreiten.«
»Ich mag sie auch sehr«, bestätigte Roberta, dann erkundigte sie sich: »Nicki, war es nur so dahergesagt, oder willst du wirklich zu der Eröffnung kommen?«
»Roberta, ich bitte dich, ich würde Teresa von Roth doch nichts vormachen. Klar werde ich kommen, und wenn ich dafür einen Termin absagen muss. Er ist nett, aber sie ist einmalig, einer Frau wie ihr kann man nur nacheifern, sie sich als Vorbild nehmen. Es gibt nur die Grenzen, die man sich selber setzt. Ist man offen für alles, dann kann man beinahe fliegen.«
Roberta lachte.
»Nicki, jetzt wirst du ja richtig philosophisch, aber es stimmt schon, Teresa von Roth ist offen für alles, sie traut sich alles zu, grenzt sich nicht selber ein, indem sie sagt, dass man dies und das in ihrem Alter nicht mehr tun kann. Sie macht es einfach, unbeirrt, mutig. Es ist die Gesellschaft, die Frauen, schon bei Fünfzig beginnend, nichts zutraut, allenfalls Kaffee beim Seniorentreffen zu trinken oder Socken für die Dritte Welt zu stricken. Dabei schlummert in den vielen lebenserfahrenen Frauen ein so großes Potenzial, Teresa ist das beste Beispiel dafür. Sie hat keinen lückenlosen Lebenslauf vorzuweisen, keine Berufstätigkeit, doch sie besitzt eine große Lebenserfahrung, sie ist klug, ist durch Höhen und Tiefen gegangen, weiß, wo es längs geht. Sie ist eine Grande Dame, und das kann man nicht lernen, und das hat Piet van Beveren klug erkannt.«
»Was ich ihm übrigens nicht zugetraut hätte, doch das sagte ich bereits. Es reicht offensichtlich wirklich nicht aus, einem Menschen nur vor den Kopf zu blicken. Ach, Roberta, das Leben kann manchmal ganz schön kompliziert sein.«
»Nicki, man kann es sich auch kompliziert machen.«
Nicki grinste.
»Eins zu Null für dich, liebste Freundin.«
Sie hatten mittlerweile das Doktorhaus erreicht, vor dem Nickis Auto stand.
»Eigentlich habe ich jetzt überhaupt keine Lust mehr zu fahren, Roberta.«
»Dann bleib«, war deren Antwort, obwohl sie wusste, dass Nicki das nicht tun würde. Ihre Freundin liebte halt theatralische Abschiedsmomente, sie war halt eine verkappte Staatsschauspielerin, aber eine liebenswerte.
»Du weißt, dass es nicht geht, und deswegen muss ich jetzt auch los. Danke für alles, du bist die beste Freundin der Welt, und ich bin ja so froh, dich in meinem Leben zu haben.«
Es gab nach diesen Worten eine letzte Umarmung, dann stieg Nicki in ihr Auto und