Prinz Schamyls Brautwerbung. Richard Henry Savage
gewaltige Stoss erinnerte ihn an das Werk levantinischer Bravos — war das dunkle Gespenst nicht Dimitri gewesen? Vielleicht! Gleichwohl durfte er nicht Lärm schlagen um seiner geheiligten Sendung willen! Er untersuchte seinen guten Revolver und hing ihn an einer Schnur um den Hals — das war wenigstens ein Freund in der Not!
Nun untersuchte er den Thürverschluss, den er in Ordnung fand, und rief den Schaffner, denn er war sich bewusst, dass er das Vertrauen des Kaisers rechtfertigen müsse, und dass ein Misslingen gleichbedeutend mit Schande für ihn wäre. Der Schaffner stellte am Ende des Wagens einen Mann auf, der das Coupé des Prinzen bei Gefahr seines Lebens bewachen sollte — der kaiserliche Pass wirkte Wunder.
Zwei Tage später warf sich Ahmed in Odessa in einen Wagen und befand sich in zehn Minuten auf dem Generalkommando, von wo ein Offizier auf den Bahnhof gesandt wurde, der mit Hassan und dem Gepäck sofort nach dem unter vollem Dampf im Hafen liegenden Kanonenboot „Seeschwalbe“ fuhr. Prinz Schamyls telegraphischer Bericht an Gortschakoff wurde vom Hauptquartier des Generals aus abgesandt, und unmittelbar darauf folgte die offizielle Meldung, dass die kecke „Seeschwalbe“ den Hafen verlassen habe. Der Adjutant des Generals hatte den tief in einen Matrosenmantel gehüllten Prinzen an Bord des ihn erwartenden Bootes begleitet.
Der Kapitän hatte Schamyl, nachdem er dessen Befehle in Empfang genommen hatte, in die für ihn bestimmte Kabine geführt.
Das leichte Kanonenboot schoss hinaus ins Schwarze Meer und schleuderte hohe Sprühwellen in die Luft. Die Nacht brach ein, und strahlende, lichte Sterne gingen auf an dem tiefblauen Himmelsgewölbe. Lange, bis tief in die Nacht hinein blieb der Prinz auf Deck, wanderte auf und ab und liess sich von dem Wind, der von den Riesenbergen seiner Heimat herwehte, die Stirne umfächeln.
Er lehnte über die niedrige Brustwehr und sah zu wie sich die phosphoreszierenden Wogen am Kiel des Schiffes brachen und in einer Fülle von gelben Diamanten zersprühten.
Vorwärts durch die geheimnisvolle, schweigende Nacht wälzt der erschauernde Ocean seine Wogen in rastloser Eile nach den Häfen des östlichen Kaiserreiches.
Schamyl träumt von den fichtenbekrönten Schluchten des Kaukasus, von den ragenden Bergen des Nordens und von den Rosenlauben in Tiflis — wird es ihm wohl vergönnt sein, die geistvolle Schöne von Georgien noch einmal wiederzusehen?
Pauls Warnung fällt ihm wieder ein — sein Bruder Ghazi! Welche Teufelei folgt wohl dem Flüchtling auf seinen Pfaden?
Schamyl zweifelt nicht daran, dass Ghazi an den Ufern des Schwarzen Meeres lauert, um den türkischen Horden Hilfe zu leisten.
Plötzlich fegt eine Bö über das tief untertauchende Schiff, und Regenströme ergiessen sich über das Deck; bläuliche Blitze zucken an dem unversehens mit schwarzen Wolken bedeckten Himmel auf, und Ahmed ist im Begriff, sich in seine Kabine zurückzuziehen. Da prallt er auf dem infolge des Gewitters plötzlich verödeten Deck auf einen Mann, der sich heftig gegen ihn wirft, während die Schlagwellen das Schiff hoch emporheben.
Im nächsten Augenblick fühlt der Prinz ein Paar sehniger Arme um seinen Leib, und schon hat ihn der Unbekannte, der sich elastisch unter ihm beugt, halb über der Brüstung; da gleitet der Schurke infolge eines heftigen Stosses des Schiffes aus, aber kein Wort entschlüpft seinen Lippen, während sich der junge Cirkassier mit riesenhafter Anstrengung befreit und den Angreifer — war es vielleicht ein Wahnsinniger? — ergreift und in den schäumenden Strudel schleudert.
Ein zuckender Blitz zeigt Ahmed das Antlitz des Griechen Dimitri, der mit einem wilden Aufschrei versinkt. Das vom Sturm getriebene Schiff lässt den ertrinkenden Verbrecher weit hinter sich.
Prinz Schamyl schwankt in seine Kabine, er lässt den Kapitän rufen und das Schiff untersuchen, wozu er nur den kaiserlichen Erlass vorzuweisen hat, der ihm in Odessa von dem General eingehändigt worden ist und wodurch ihm der Oberbefehl übertragen wird.
Gleichwohl lässt sich nichts ermitteln, als dass der Unbekannte sich mit dem Gepäck an Bord geschmuggelt hat und für einen zur Gesandtschaft gehörigen Diener gehalten wurde.
Hassan, dessen Argwohn nun erregt ist, schläft mit dem Säbel in der Hand wie ein Hund vor der Thüre seines Herrn.
Sowohl in dem mitternächtlichen Mordversuch wie in dem Ueberfall auf Deck erkennt Ahmed die glatte Hand seines Bruders — das war der Fluch von des alten Sultans Amulett.
Nach schwerem, von beängstigenden Träumen beunruhigtem Schlummer erwacht er an der von Cypressen umsäumten Serailspitze am Goldenen Horn.
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