Motorherz. Walter Julius Bloem

Motorherz - Walter Julius Bloem


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aus Liebe zur Sache – und wer recht in diesem Boden wurzelt, der wird seinen Mann im Leben stehen.“

      Dann ist der offizielle Teil vorbei. Im Speisezimmer rollen eifrige Hände den Teppich zusammen, ein Kamerad setzt sich ans Klavier, schon schleifen Sohlen zum Takt. Dicht beieinander auf dem glatten Parkett schweben Detlev Themals und Ilse Jakobys Füsse. Der Geheimrat steht behaglich mit einigen Herren in der Tür des Rauchzimmers und blickt verliebt zu seiner Einzigen. Seinen jungen, wortkargen Assistenten schätzt er sehr hoch – nur etwas unheimlich ist ihm, wenn er dies glatte, kalte, kluge Gesicht mit der Mensurnarbe auf der Stirn so nah an Ilses hellem Köpfchen sieht. Aber dem Mann ist eine bedeutende Zukunft sicher – Jakoby kennt diesen Menschenschlag: diese zähe, rücksichtslose, jeden Widerstand aus dem Wege räumende Energie, diesen eisernen Fleiss. Es bleibt ein kleiner Neid in der Brust, ein kühles Wissen: in zwanzig Jahren steht Der an meinem Platz – und wo bin ich dann? In der kühlen Erde? Emeritiert?

      Flüsternde Musik – schwebende Schritte – „Also fahren kann ich jetzt, lieber Doktor! Fehlt bloss noch Führerschein und eigene Maschine ...“

      „Sie sind ja ein ganz schneidiges Mädelchen! Aber was wird Ihr Vater dazu sagen?“

      Sechs Schritte – Verharren. „Mein Vater? Den bekomme ich schon herum! Der muss alles tun, wie ich es kommandiere. Ich will mich dann im Oktober an der zehntägigen Deutschlandfahrt beteiligen, von der Sie mir so viel Schönes erzählt haben ...“

      Detlev Themal bleibt mitten im Tanze stehen und misst das zierliche Fräulein erstaunt lachend mit den Augen. „Sie? Täglich dreihundert Kilometer? Das wird der Klub niemals erlauben. Und Ihr Vater schon gar nicht.“

      „Tanzen Sie doch!“

      Wieder legt Detlev entzückt den Arm um ihre schmale Hüfte. Leicht wiegen Knie, leicht wiegen Füsse. Ilse sagt: „Was meinen Vater anbetrifft, so hab’ ich Ihnen ja schon gesagt, Herr Themal: der wird nicht gefragt. Der muss, und wenn ihm das nicht passt, muss er müssen.“

      Detlev Themal quietscht vor Vergnügen. So also sieht der Geheimrat in Filzpantoffeln aus: der Gefürchtete der chirurgischen Klinik, der an schlechten Tagen die ganze Welt wie ein ungnädiger Gott behandelt – den die Patienten fürchten, den die Schwestern und Assistenten hassen! Detlev hasst ihn nicht – Doktor Themal ist nicht der Mann, der sich Schikanen gefallen lässt. Und dies süsse Püppchen führt den Bären am Nasenring ... Sie lacht hell auf: „Und der Klub? Könnte der mir die Teilnahme verbieten?“

      „Das nicht. Soviel ich weiss, wird die Deutschlandfahrt für alle Fahrer freigegeben, die dem uns übergeordneten Verband oder dem Automobilklub angehören. Ich werde mich beim Major erkundigen. Aber das ist ja barer Unfug, dass Sie dabei mitmachen wollen. Es würde mir allerdings höchst imponieren.“

      Die Musik schweigt. Sacht, fast liebkosend gleitet Ilses Arm von Detlevs Schulter. „Ich weiss! Mein Vater sagt, Sie betrachten ein im Jugendübermut gebrochenes Genick als wertvoll für die Menschheit. So schlimm wollen wir’s aber nicht treiben! In den Universitätsferien muss Ihr Brüderchen eifrig mit mir trainieren –“

      Detlev flüstert: „Das wird ihm ein Vergnügen sein –“

      Die Majorin von Gulbrow – kurz und bündig genannt: die Klubmutter – kommt ins Tanzzimmer und bittet um Schweigen. Wer Lust hat, soll in einen anderen Gesellschaftsraum kommen, wo ein grosser Flügel steht – dort werden Frau Moebius und der junge Themal musizieren.

      Puh – Musik – ruhestörender Lärm ... Der Klubmeister Kossack und ein paar andere Böotier nehmen die Billardstöcke und die Schachfiguren in die Hand.

      Doch ins Musikzimmer strömt der Kreis der Erlauchten. Thora Moebius und Thomas Themal setzen sich vor den Flügel – auswendig spielt Thora eine Einleitung. Sie beide sind in der Musik so aufeinander abgestimmt, dass der Student ohne ein Zeichen die Tasten übernimmt. Mit seiner tiefen, angenehmen Stimme beginnt er zu singen:

      „Pa – Pa – Pa – Papagena – ?“

      Dann spielt wieder Thora; sie singt sehr hell:

      „Pa – Pa – Pa – Papageno – ?“

      Und abermals greift Thomas kräftig in die Tasten. Zu Ilse Jakoby, die, ein Bild der Anmut, dicht neben dem Flügel steht, schwärmt sein huldigender Blick. Seine Stimme jubelt auf:

      „Bist du mir nun ganz gegeben – ? –“

      „Bitte, sagen Sie Ihrem jungen Bruder –“ flüstert Ilse Jakoby nach der Musik dem Dozenten zu, „dass er mich nicht so anschmachten soll. Mir ist das unangenehm – meinem Vater ist es auch aufgefallen.“

      Pärchen schlendern unten durch den dunklen Garten. Nur die Lampions geben Licht. „So allein, Thora? Äh – wollen Sie nicht mit einem schlichten Hutfabrikanten vorlieb nehmen? Der Held des Tages ist anderweitig vergeben ...“

      Stumm geht Thora mit dem Klubmeister um das Rondell des erleuchteten Rasens. Oh – Kossack weiss, was sich in diesem verschwiegenen Herzen abspielt. Er ehrt solch tiefes Gefühl – besonders da er selbst keine Macht über dies begehrte, einzig rein geliebte Herz gewinnt.

      Jemand geht hastig an ihnen beiden vorbei; in der Dunkelheit erkennt Thora Moebius ungewiss den weissen Flauschmantel. „Fräulein Hillesen? – Wollen Sie denn jetzt schon fort?“

      Die Studentin vergräbt ihre bebenden Fäuste in die Taschen: „Ich bin hier nicht gern gesehen. Kein Blick – nicht ein einziges Wort –“

      Sie sind ein Stück zur Seite gegangen, damit der Klubmeister nichts verstehen kann. „Liebe Helga – wir mögen Sie doch alle so gern – –“

      „Alle, gnädige Frau – ausser dem Einen ... Aber so ist das Herz, dass es alles vergisst, wenn es das Eine verlieren soll.“

      Eine Hand streicht leicht über Helgas Wange. „Sie irren sich gewiss, Kindchen. Was sich da oben vollzieht, ist eine unbedeutende Huldigung, die Ihr Freund der Tochter seines Chefs erweist –“

      Eine wildwehe Geste. „Unmöglich. Detlev huldigt keinem Menschen, von dem er nichts will. Aber ich mag nicht Zeuge sein, wenn die Freundschaft zwischen zwei Brüdern sich in Hass umkehrt. Und Detlev ist der Mächtige. Der zieht seine Gräben immer enger, immer sicherer – und Fräulein Jakoby wird alles tun müssen, wie er es verlangt. Nun lernt sie das Fahren auf dem Motorrade, obwohl sie viel zu fein und zu zimperlich für diesen kraftvollen Sport ist – und Thomas wird in die Ecke gestellt, wenn er nicht mehr nützlich sein kann. – Auf jeden Fall, Frau Moebius: Ihnen wie mir sind diese Herzen verloren ...“

      „Mir – ?“ flüstert die Frau.

      Zwei Schwestern küssen sich.

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