The way to find me: Sophie & Marc. Carolin Emrich

The way to find me: Sophie & Marc - Carolin Emrich


Скачать книгу
sagte Marc, während er die Autotür öffnete.

      »Ja, mega«, stimmte ich ihm zu und folgte ihm.

      Die Mühle sah von außen recht gepflegt aus, obwohl das Wasserrad nicht mehr in Betrieb war. Efeu rankte über die Fachwerkmauern und es wirkte alles sehr idyllisch und friedlich. Marc schulterte seinen Rucksack und war schon ein paar Schritte gelaufen, bis ich den Wagen abgeschlossen hatte.

      Um diese Uhrzeit war mein Auto das einzige auf dem Parkplatz.

      »Ich finde es jetzt schon total schön hier«, sagte Marc und drehte sich beim Laufen zu mir um.

      »Ich habe bis jetzt nur Fotos gesehen, aber mir war sofort klar gewesen, dass ich sie mir angucken muss.«

      »Danke, dass du gefragt hast, ob ich mitkomme.«

      »Kein Problem. Es ist doch cool, jemanden zu haben, den man kennt.« Ich sah ihn vor mir nur mit dem Kopf nicken.

      Wir drehten erst eine Runde über das relativ verwilderte Grundstück, ehe wir uns ins Innere wagten. Kaum hatten wir die Mühle betreten, umfing uns eine angenehme Kühle. Wie außen lag auch innen der Backstein frei und ließ alles noch älter wirken. Hier und da war etwas rausgebrochen oder verwittert.

      Marc kramte seine Kamera aus dem Rucksack und schoss ein paar Fotos. Nach jedem verstellte er etwas an dem Gerät.

      Eigentlich wollte ich nachhaken, was er da machte, aber ich ahnte, dass ich es eh nicht verstehen würde, deswegen beschloss ich, die Frage zu verschieben. Wir würden sicher noch einmal gemeinsam unterwegs sein, dann konnte er mir das in Ruhe erklären. Oder später.

      Der untere Teil der Mühle bestand aus einer großen Kammer, in der das Mehl letzten Endes verarbeitet wurde. Öfen waren an einer der Wände eingelassen und es gab große metallene Siebe, vor denen Marc in die Hocke ging, um sie im richtigen Winkel zu fotografieren. Die Sonne schien durch eines der Fenster herein und irgendwie gab es dem Ganzen einen noch altertümlicheren Touch. In seiner Nähe lagen alte zerschlissene Jutesäcke, von denen er sich einen nahm und ihn sanft ausschüttete. Ich hätte nicht gedacht, dass da noch Mehl enthalten war, aber das weiße Zeug rieselte in einer kleinen Wolke auf den Boden.

      »Schau.« Marc ging auf die Knie und hielt seinen Arm daneben. »Ich bin sogar heller als das Mehl.«

      »Wirklich?«, wollte ich mit einem amüsierten Augenrollen wissen, ehe er lachend wieder aufstand und sich den Dreck von den Beinen wischte.

      »Wie viele Brote sie hier wohl früher gebacken haben?«, fragte mich Marc, als er zu einem der Fenster ging und aus ebendiesem sah.

      »Ich vermute mal, dass es entweder eine offene Backstube war, wo jeder kommen konnte, dem es zu Hause nicht möglich war, zu backen, oder sie haben hier verkauft. Wahrscheinlich beides. Wusstest du, dass die ältesten Brotfunde fast 40.000 Jahre alt sind?«

      Er sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Das ist alt.«

      »Ja. Zuerst war es nur zu Fladen gebackener Getreidebrei, der so haltbar und transportfähig gemacht wurde. Erst mit der Entdeckung der Hefegärung vor rund 5.000 Jahren und der Erfindung von richtigen Öfen wurden dann auch klassische Brote gebacken.«

      Er kam auf mich zu. »Danke, Frau Schubeck, haben Sie gerade Wikipedia zitiert?« Im Laufen schoss er blind mit der Kamera vor seiner Brust ein paar Fotos von mir, wie ich ihn musterte.

      »Wir waren in der achten Klasse in einem Freilichtmuseum. Da durften wir mit dem Mörser selber mahlen und so. War ganz nett, daher weiß ich so einen Kram noch.«

      »Das ist spannend, gewöhn dir nie ab, so was zu erzählen, wenn du es weißt. Das ist nicht klugscheißen, das ist cool.«

      Für einen kurzen Moment betrachtete ich seine grünen Augen und ließ meinen Blick über sein Gesicht wandern. »Hat denn schon mal jemand versucht, dir eine positive Eigenschaft auszureden? Hör nicht drauf. Wer dich nicht so mag, wie du bist, der hat dich gar nicht verdient.«

      Ein feines Grinsen erschien auf seinen Lippen. »Haben wir jetzt einmal unsere Lebensweisheiten ausgetauscht?«

      Mit einem leichten Schlag gegen seine Brust drehte ich mich weg und lief ein paar Schritte durch den Raum, um mir den Rest anzusehen. Auf einem der Tische lagen alte zerfledderte Bücher. Vorsichtig hob ich den Deckel des ersten an. »Guck dir das an«, rief ich.

      Marc war schon bei der Treppe und drehte sich noch einmal um.

      »Das hier sind alte Auftragsbücher.«

      Er hatte seine Kamera bereits gezückt, bevor er bei mir ankam. Mit einem nachdenklichen Blick lief er um den Tisch herum. Ich kam nicht umhin, ihn zu beobachten. Es war echt spannend zu sehen, wie es in seinem Kopf arbeitete und sich das auf seinem Gesicht widerspiegelte.

      »Mich irritiert, dass die immer noch hier liegen und sie keiner mitgenommen oder zerrissen hat.«

      »Na ja, sieh dich um. Das hier scheint kein Jugendtreff zu sein, sonst wäre hier Graffiti. Oder es lägen irgendwo gebrauchte Kondome und zerdeppertes Glas herum. Und beim Urban Exploring ist eine wichtige Regel, dass nichts entwendet oder zerstört wird.«

      »Ja, schon, aber dadurch, dass es hier nicht mal mehr eine Tür gibt, ist es umso verwunderlicher.«

      Da stimmte ich ihm zu. Mich irritierte es ebenfalls, dennoch gefiel es mir. Ich war schon zu oft über Scherben, Spritzen und altes Zeug gestolpert.

      »Gehen wir hoch?« Marc wartete gar nicht, ob ich ihm folgte, sondern lief einfach los.

      Die Treppe nach oben war wackelig und das Geländer nicht mehr vollständig. Ich hielt mich mit einer Hand an der Wand fest, weil es mir sicherer erschien.

      Im ersten Stock befand sich der Steinboden. So wurde die Ebene genannt, auf der das Korn gemahlen wurde. Von oben führten breite, gewundene Rutschen herunter, über die das gelagerte Korn damals heruntertransportiert worden war.

      Die Dielen knarzten unter unseren Schritten und es war deutlich zu spüren, wohin wir traten. Erwischte ich einen Balken, wippte der Boden vergleichsweise wenig mit.

      Ich blieb an der Treppe stehen, während Marc in den Raum hineintrat und sich alles in Ruhe ansah. Am ersten Pfosten prangte ein Metallschild.

      Langsam ging ich darauf zu, während ich mein Handy zückte, damit ich auch ein paar Fotos hatte, die ich posten konnte. Obwohl sie sicher nicht so gut waren wie seine.

      »Kommst du später noch vorbei, dann können wir uns in Ruhe die Bilder angucken?«, fragte Marc, der sich mit der Kamera im Anschlag zu mir umdrehte.

      »Eigentlich gar keine schlechte Idee. Aber bitte erst, wenn es nicht mehr so warm ist.«

      »Das ist okay. Ich muss ja eh noch lernen.« Er drückte ab und hatte mich wieder festgehalten. Die Bilder würden doch nachher nach nichts aussehen, wenn ich nur in die Gegend starrte.

      »Ganz ehrlich, wenn du ein Foto von mir willst, nimm mein Profilbild bei Facebook. Das sieht wenigstens gescheit aus.«

      Marc warf mir ein Grinsen über die Schulter zu. »Ich schreibe dir später, wenn ich Zeit habe.«

      Wir erkundeten noch das Dachgeschoss, aber hier gab es nicht wirklich etwas zu sehen. Außer einem Blick über die Landschaft. Der gefiel mir wirklich gut und ich hielt ihn selbst noch einmal fest, auch wenn Marc wieder drölfzig Fotos schoss.

      Der Weg nach unten war ebenfalls wackelig und mit Blick dorthin, wo meine Reise enden würde, falls ich fiel, musste ich ein paar Mal schlucken.

      Mir war gar nicht klar gewesen, dass mir Höhe zu schaffen machte. Marc hingegen lief locker vor mir her, was die alten Stufen umso mehr zum Wackeln brachte.

      Ich atmete einmal heimlich tief durch, als ich unten ankam.

      Obwohl ich nicht gerne ins Freibad ging, da ich die Blicke der Menschen um mich herum nicht mochte, war die Idee heute gar nicht so schlecht. Sophie


Скачать книгу