The way to find me: Sophie & Marc. Carolin Emrich

The way to find me: Sophie & Marc - Carolin Emrich


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Beileid.«

      »Danke.«

      Eine Weile arbeiteten wir schweigend, lediglich von Sprüchen zwischen meinen Eltern unterbrochen, weil meine Mutter eine Runde nach der anderen gewann.

      Riekes Handy lag auf dem Tisch und ich bemerkte immer wieder, wie sie zwischen Lesen und Notieren aufs Display sah. Als sie schließlich unzufrieden seufzte, blickte ich auf.

      »Was ist los?«

      »Es ist albern«, winkte sie ab und griff wieder nach ihrem Stift.

      »Für dich ist es das anscheinend nicht. Also?« Wir waren seit Jahren befreundet, da bemerkte ich einfach, wenn bei ihr etwas nicht stimmte.

      Sie rang mit sich, dann ließ sie heftiger als nötig den Stift auf die abwaschbare Tischdecke knallen. »Dennis und ich haben da doch diese Party-Regel.«

      »Der Dennis? Versteht ihr euch endlich?«, warf meine Mutter ein. »Das ist schön.«

      Meine beste Freundin sah zu meinen Eltern rüber. Die hatten nämlich auch das ein oder andere Mal mitbekommen, wie sich Rieke über ihn beschwerte. »Ja, schon. Eigentlich … Also, wir sind seit April zusammen. Komische Wendung, ich weiß. Und er hat ne ähnlich komplizierte Vergangenheit wie ich, was Beziehungen angeht.« Das war doch sehr vereinfacht dargestellt, aber das reichte für meine Eltern. »Wir wollten es unbedingt miteinander versuchen.« Sie lächelte kurz, als wäre ihr eine schöne Erinnerung gekommen. »Damit das klappen kann, haben wir ein paar Regeln aufgestellt. Unter anderem gehen wir nur zusammen auf Partys. Das mag sich jetzt bescheuert und kontrollierend anhören, aber wir wollen das beide so. Auf jeden Fall ist er heute eingeladen. Da ich mehr lernen muss als Mr Superbrain und ich ihm nicht den Spaß nehmen wollte, sollte er mit einem Kumpel gehen. Der kennt uns, der passt auf ihn auf.«

      »Das klingt nicht so, als würdest du deinem Freund vertrauen.« Auch mein Vater hatte seine Spielkarten mittlerweile abgelegt.

      »Das ist wirklich schwierig zwischen uns und das wird ein Thema sein, an dem wir noch lange arbeiten müssen.« Sie griff nach ihrem Glas. »Jedenfalls ist er heute ohne mich unterwegs und meldet sich nicht. Ich will dem Kumpel nur nicht schreiben und nachfragen. Ja, ich mache mir Gedanken, doch das muss ich nicht so raushängen lassen. Es stört mich einfach, obwohl ich weiß, dass ich es morgen immer noch in Ruhe ansprechen kann.«

      »Kommunikation ist das A und O«, warf meine Mutter ein.

      »Auf jeden Fall«, pflichtete ihr Rieke bei. »Ich werde nicht so tun, als wäre das für mich kein Ding heute, aber ich muss es nicht übertreiben. Denn ich will ihm ja auch vertrauen können und da gehört es dazu, dass wir lockerlassen.«

      Das hatte sie richtig schön erklärt. Mein Ding wäre diese Party-Regel nicht, doch ich hatte meinen Partner nicht jahrelang dabei beobachtet, wie er in jeder seiner Beziehungen betrog. Und da redete ich nicht nur von Dennis, auch Rieke hatte es in ihren vorherigen Partnerschaften mit der Treue nie so genau genommen. Das war ein Punkt gewesen, den ich ihr mehr als einmal vorgeworfen hatte, denn den ein oder anderen Ex-Freund fand ich echt klasse. Leider hatte sich jede Freundschaft aufgelöst, wenngleich ich keine Partei bezog. Es reichte wohl aus, dass ich niemals meine beste Freundin fallen ließ.

      »Ist es für euch eigentlich noch genauso merkwürdig manchmal, wenn ihr zusammen seid? Es irritiert mich ab und zu, wenn ich sehe, wie ihr euch küsst. Ich vergesse gerne mal, dass ihr euch jetzt mögt.«

      Sie trat mir unter dem Tisch gegen das Schienbein. »Gelegentlich bist du ein bisschen dumm, oder?«, fragte sie und Mama lachte schon wieder.

      Na vielen Dank auch.

      »Ja, keine Ahnung. Deswegen frag ich doch.«

      Zuerst griff sie nach ihrem Glas und trank einen Schluck, ehe sie ernsthaft über meine Frage nachzudenken schien. »Ich hab tatsächlich oft das Gefühl, dass alles, was die letzten Jahre passiert ist, genau darauf abgezielt hat, dass wir endlich den Mund aufmachen und reden.« Sie sah zwischen uns hin und her. »Eigentlich glaube ich nicht an Schicksal oder so, aber erst haben wir uns so gehasst und plötzlich müssen wir uns arrangieren, da du ständig mit Dennis’ Mitbewohner rumhängst. Das ist ein bisschen viel Zufall, oder nicht? Wie groß ist die Uni? Aarons Mitbewohner hätte jeder sein können, doch es ist ausgerechnet Dennis.«

      Mit diesem Gedanken ließ sie mich erst mal allein und ging kurz rein zur Toilette. Meine Eltern hatten ihre Partie Karten wieder aufgenommen und nach wie vor war es meine Mutter, die gewann.

      »Du hast doch heimlich geübt«, witzelte Papa zwischendurch, als Rieke wieder auf die Terrasse kam.

      »Gib’s zu, Stefan, du wirst einfach alt. Da lassen Reaktion und Konzentration nach.«

      »Fräulein Friederike«, mahnte Papa und tat so, als würde er sie über den Rand seiner Brille streng ansehen. Das Grinsen auf seinen Lippen zeigte allerdings, dass er sich keineswegs beleidigt fühlte.

      Meine Freundin lachte und wandte sich an mich, nachdem sie sich wieder auf den gepolsterten Gartenstuhl hatte fallen lassen. »Weißt du, was mir gerade eingefallen ist?«

      »Hm?«, machte ich, da ich gedanklich schon wieder bei meiner Zahlentheorie war.

      »Ist dir eigentlich klar, wie viele Menschen indirekt miteinander Sex hatten, nur weil Dennis und ich welchen haben?« Mit der Rückseite ihres Kugelschreibers klopfte sie sich an die Wange.

      »Über so Zeug hab ich mit fünfzehn nachgedacht, aber nicht mit zweiundzwanzig. Außerdem finde ich, dich stört das sicher nicht so sehr, dass Sex jetzt nicht unbedingt ein Gesprächsthema in der Gegenwart meiner Eltern ist.«

      Rieke schmunzelte. »Warum? Du bist zweiundzwanzig, nicht fünfzehn.«

      »Außerdem habe ich auch nicht im Zölibat gelebt, immerhin habe ich zwei Kinder«, murmelte Papa, während er dabei seine Karten studierte.

      Da schossen mir Bilder in den Kopf, die ich so schnell nicht mehr rausbekam. »Ihr seid meine Eltern, da ist das … Das macht man einfach nicht. Eltern haben keinen Sex«, sagte ich und klang bei dem letzten Satz trotzig wie ein kleines Kind. Ich wollte nicht an so was denken.

      »Red dir das ruhig ein«, sagte Papa, immer noch von seinem Spiel abgelenkt, das er aber wohl erneut verlieren würde.

      »Oh Gott, oh mein Gott, Rieke, erzähl etwas, ich will darüber nicht nachdenken.«

      Die war allerdings erst mal mit Lachen beschäftigt und hielt meinem Papa die Faust hin, damit er abschlug, als wäre er cool.

      »Wusstest du, dass Dennis und ich tatsächlich drei Wochen gebraucht haben, bis wir das erste Mal miteinander geschlafen haben?«

      Sie sollte das Thema wechseln und nicht noch eins anfangen. Dann fiel mir etwas daran auf. »Und warum habe ich die Wette doch noch verloren? Ich dachte, ihr hättet. Darum hatten Aaron und ich doch gewettet.«

      »Nein.« Rieke schüttelte den Kopf. »Versuch gar nicht, da rauszukommen. Eure Wette ging darum, ob überhaupt etwas läuft. Aaron hat gesagt, es läuft was zwischen uns, und du hast dagegengehalten. Fakt war, in der Nacht haben wir sehr viel geredet und beschlossen, es miteinander zu versuchen. Von Sex war nie die Rede.«

      Ja, eigentlich hatte sie recht. Wir hatten sehr allgemein gewettet. Es wäre mir aber auch nicht in den Sinn gekommen, dass meine beste Freundin heimlich auf ihren absoluten Hass-Kandidaten stand und es mir nie anvertraut hatte.

      »Manno«, beschwerte ich mich halbherzig. »Wollten wir nicht das Thema wechseln?«

      Rieke machte eine wegwerfende Handbewegung. »Wollen wir noch lernen oder was?«

      »Ja, wir sollten.«

      Sie schlug ihre Zeitung wieder auf. »Und du hast mich erfolgreich davon abgelenkt, ständig auf mein Handy zu sehen.«

      »Dann fang auch jetzt nicht wieder damit an«, brummte Papa. »Hab diesen Hype um die Dinger eh noch nie verstanden. Es stirbt doch keiner, weil ich da ein paar Stunden nicht reagiere.«

      Der Seitenhieb musste


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