Idole sind weiblich. Christine Dobretsberger

Idole sind weiblich - Christine Dobretsberger


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lernte ich das Wechselspiel der Kräfte kennen, die Verbindungen zwischen Handel, Industrie, Politik und Sozialpartnerschaft. Ich gewann Einblicke in unterschiedliche Sparten der Wirtschaft und begleitete in diesen fünf Jahren auch Wirtschaftsdelegationen, war unter anderem mit Bundeskanzler Vranitzky in China oder mit Bundespräsident Klestil in Japan. Das waren große Erfahrungen für mich.

      VORBILDER IM INTERNATIONALEN HOTELGEWERBEEs gibt viele Hotels, die ich toll finde, wobei jedes andere Konstellationen und Grundvoraussetzungen hat. Das Baur au Lac in Zürich ist ein perfektes Hotel, bei dem alles stimmt. Mir imponiert auch Innegrit Volkhardt in München. Sie ist eine der größten Hotelierinnen und der Bayerische Hof mit 300 Zimmern das erfolgreichste Privathotel in Deutschland. Die Ketten bewundere ich wiederum aufgrund ihrer hervorragenden Rechnungs- und Controllingsysteme und der perfekten Standards, die sie etabliert haben. Allerdings sind es im Hotelgewerbe immer nur maßgeschneiderte Erfolgsrezepte, über die gesprochen wird.

      GENERATIONSWECHSEL 2015Ich leitete die Sacherbetriebe 25 Jahre im Namen meiner Kinder, und es war mir von Beginn an klar, dass man den Kindern ihr Eigentum zur Verwaltung überlässt, sobald sie im richtigen Alter und bereit für diese Aufgabe sind. Meine Tochter war bei der Übergabe 40, mein Sohn 36. Im Jahr der Übergabe fragte mich meine Tochter mitunter noch ab und zu um Rat, danach war das kein Thema mehr. 2015 zog ich mich ganz zurück vom Sacher. Alles hat einen Beginn, und alles hat ein Ende. Das Ende muss auch ein Ende sein.

      In dieser Zeit kam sehr vieles zusammen. Im Jahr zuvor war meine Mutter gestorben. Ich hatte die Verlassenschaft mit meiner Schwester abzuwickeln und war sehr mit der Abspaltung meines eigenen Unternehmens und der damit verbundenen Unternehmensgründung beschäftigt. 2015 starb mein Mann Helmuth Lohner! Das war alles sehr viel … So war ich eigentlich froh, dass ich die Sacher-Gruppe an die nächste Generation weitergeben konnte.

      ASTORIA RESORT SEEFELDDie Hotellerie ist eine Branche, in der man vielseitig gefordert ist. Es ist auch ein wesentlicher Unterschied, ob man ein Stadthotel oder ein Ferienhotel führt. Die Rolle der Gastgeberin ist beispielsweise in einem Ferienhotel viel stärker gefragt als in einem Stadthotel. Ich erlebe das jetzt in meinem Hotel in Seefeld. Ich bin gerne Gastgeberin und versuche tagtäglich, im Astoria Resort eine Atmosphäre zu schaffen, in der die Gäste das Gefühl haben, in eine völlig andere Welt einzutauchen und Abstand vom Alltag zu gewinnen. Noch bevor der Gast das Hotel betritt, hört er im Freien instrumentale Bauernmusik, vor der Hoteltür grasen Hirsche aus Schwemmholz, beim Eintreten erwartet ihn eine Schafherde. Wir haben zudem einen Astoria-Duft, um dem Gast auch unbewusst das angenehme Gefühl von Entspannung zu vermitteln. Sehr wichtig ist natürlich die Kulinarik. Wir legen bei der Wahl der Zutaten großen Wert auf regionale Produkte, beziehen beispielsweise Bergzucchini von Tobias Moretti, der diese auf 1000 Meter Seehöhe in einer Nachbargemeinde anbaut. Als Gastgeberin versuche ich, die Gäste zusammenzubringen, denn dann ergibt sich daraus ein soziales Erlebnis, das ihnen ihren Aufenthalt unvergesslich macht.

      POSITIVES KÖRPERGEFÜHLIch versuche zu vermitteln, wie wichtig es ist, ein gutes Körpergefühl zu haben. Unser Wellnessbereich bietet eine Vielzahl an Angeboten, um auf passive Weise Wohlbefinden zu erreichen. Aus eigener Erfahrung weiß ich allerdings, wie gut es ist, auch auf aktive Weise etwas für den Körper zu tun. Ich bin jeden Tag in der Früh am Laufband und gehe schwimmen. Wir haben ein umfangreiches Aktivprogramm, bieten unter anderem geführte Wanderungen an, Nordic Walking oder E-Bike-Radausflüge in die Berge. Wenn man sich körperlich ausarbeitet, spürt man anschließend eine angenehme körperliche Erschöpfung, was sehr zur Entspannung beiträgt.

      ERHOLUNG IST KOPFSACHEAls Gastgeberin ist es meine Aufgabe, dass alles perfekt ist: Stimmt die Lautstärke der Musik, passt das Freizeitprogramm, sind die Gäste gut betreut? Es gibt so viele Dinge, an die man denken muss. Aber wenn alles perfekt ist, freut man sich so darüber, dass man eine große Befriedigung dabei empfindet.

      Erholung ist meiner Meinung nach keine körperliche Angelegenheit, sondern eine geistige. Bei mir stellt sich im Kopf Erholung durch Erfolg ein. Denn was heißt Erholung? Körperlich benötigen die meisten Menschen keine Erholung, im Gegenteil, wir sollten körperlich viel mehr tun. Ich denke, es geht in erster Linie darum, vom dauernden Stress wegzukommen, der sich schon allein durch die ständige Erreichbarkeit ergibt. Der Tag beginnt, wie er endet: Man checkt seine Nachrichten und E-Mails, man bekommt den Kopf nicht frei. Einfach einmal eine Zeit lang nicht erreichbar zu sein, was früher doch ab und zu der Fall war, das gibt es heute nicht mehr, und das spiegelt sich in den Wünschen der Urlauber wider. Die Gäste möchten im Gegensatz zu früher keine Events, sondern wollen vom Stress herunterkommen und loslassen können. Das kann ich hundertprozentig nachempfinden, daher versuche ich alles, um den Gästen dieses Loslassen zu erleichtern, sie bewusst oder auch unbewusst dazu zu verführen.

      24 JAHRE GLÜCKLICHE PARTNERSCHAFT MIT HELMUTH LOHNERIch lernte Helmuth Anfang der 1990er-Jahre im Rahmen der Salzburger Festspiele kennen. Er spielte damals den Jedermann. Er war beruflich immer sehr engagiert. Als er Direktor am Theater in der Josefstadt war, stand er zusätzlich fast jeden Abend auf der Bühne, um dieses Theater zu retten, das damals in der Krise war. Daher war er sehr froh, eine Frau zu haben, die ebenfalls berufstätig und sehr eingesetzt war. Helmuth war ein toleranter Mensch, und keiner von uns hat versucht, den anderen zu ändern. Er war einfach der richtige Partner und Mensch für mich.

      »ALLES IM LEBEN HAT SEINE ZEIT«Wenn man selbstkritisch ist, und das bin ich eigentlich, dann gibt es einen Satz, den man irgendwann einmal sagt. Er lautet: Meine Zeit ist vorbei. Dieser Satz rückt näher, weil mir der Zugang zur Digitalisierung, die heute notwendig ist, um ein Unternehmen marketingmäßig attraktiv darzustellen, schwerfällt.

      Auf der anderen Seite gibt es noch sehr viel zu tun. Im Mai 2019 konnten wir die Renovierungs- und Umbauarbeiten abschließen, und letztlich blieb kein Stein auf dem anderen. Optisch und von der Atmosphäre her entspricht das Hotel nun genau meinen Vorstellungen. Aber aus meiner Erfahrung mit dem Sacher weiß ich, dass es circa drei Jahre dauert, bis sich diese Investitionen am Markt durchgesetzt haben. Das heißt, an diesem Ziel wird weiter gearbeitet. Und das Aufhören ist noch in weiter Ferne!

      Spontan gefragt

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      Ich werde schwach bei … Schokolade.

      Ich tanke Kraft beim … Laufen und Schwimmen.

      Ich habe Angst vor … Krankheit und Abhängigkeit.

      Ich werde ärgerlich bei … Unverständnis.

      Ich glaube fest daran, dass … alles im Leben seine Zeit hat.

      Ich würde mir wünschen, dass … die Welt sich nicht so schnell verändert.

      Lebensmotto

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      »Alles im Leben hat seine Zeit, und man muss loslassen können.«

      Lebensstationen

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      Elisabeth Gürtler-Mauthner wurde am 7. Mai 1950 in Wien geboren und studierte Handelswissenschaften an der Hochschule für Welthandel in Wien. Nach ihrem Studienabschluss 1972 stieg sie in das Unternehmen ihres Vaters, Fritz Mauthner, ein, der unter anderem im Getreidehandel tätig war und verschiedene Handelsvertretungen innehatte. 1973 heiratete sie Peter Gürtler, mit dem sie zwei Kinder hat. Die Ehe wurde 1983 geschieden. Nach dem Tod ihres Vaters 1988 wurde sie, gemeinsam mit ihrer Schwester und ihrer Mutter, Gesellschafterin im väterlichen Unternehmen. Nach dem Tod ihres Ex-Ehemannes Peter Gürtler 1990 übernahm sie im Namen ihrer damals minderjährigen Kinder das Management des Hotels Sacher. Unter ihrer Leitung expandierte das Unternehmen zu einem kleinen Imperium mit circa 800 Mitarbeitern. 2015 übergab sie die Verantwortung für die Sacherbetriebe an ihre


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