Idole sind weiblich. Christine Dobretsberger
und wurde 1995 Mitglied des Vorstands der Vereinigung österreichischer Staatsanwälte, von 2001 bis 2003 war sie deren Präsidentin. Von 2001 bis 2003 war sie zudem Vorstandsmitglied der International Association of Prosecutors (IAP). Im Jahr 2002 wurde Brigitte Bierlein von der österreichischen Bundesregierung als erste Frau für die Funktion der Vizepräsidentin des Verfassungsgerichtshofes vorgeschlagen, am 28. November 2002 erfolgte mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2003 die Ernennung in diese Funktion durch Bundespräsident Thomas Klestil. 2005 erhielt sie das Große Silberne Ehrenzeichen am Bande für Verdienste um die Republik Österreich. Am 23. Februar 2018 wurde sie von Bundespräsident Alexander Van der Bellen über Vorschlag der Bundesregierung als erste Frau zur Präsidentin des Verfassungsgerichtshofes ernannt.
Am 30. Mai 2019 wurde Brigitte Bierlein als erste Frau in der Geschichte der Republik Österreich für das Amt der Bundeskanzlerin designiert und von Bundespräsident Van der Bellen mit der Bildung einer Übergangsregierung beauftragt. Im Vorfeld der Angelobung als Bundeskanzlerin legte Brigitte Bierlein das Amt als Präsidentin des Verfassungsgerichtshofes zurück. Bierleins Übergangsregierung endete nach 218 Tagen am 7. Jänner 2020.
Brigitte Bierlein lebt in Wien.
Emmy Werner
»Ich bin meine eigene Droge«
Sie war die erste Frau, die im deutschsprachigen Raum ein großes Theater leitete, und es sollte durchaus Signalwirkung haben, dass jede neue Spielzeit mit einer großen Heldin der Literatur eröffnet wurde. Emmy Werner setzte jahrzehntelang wesentliche Impulse für das kulturelle Leben und den gesellschaftspolitischen Fortschritt in Österreich. Mut zu Entscheidungen ist ebenso bezeichnend für sie wie ihre Gestaltungskraft, denn »Es muss gewagt werden!«, lautet einer ihrer Leitsätze. Demzufolge gelten ihr Respekt und ihre Bewunderung nicht zuletzt jenen ersten wagemutigen Frauenrechtlerinnen und kühnen Vordenkerinnen, die im Kampf für die Gleichberechtigung auch das Risiko in Kauf nahmen, »verhöhnt und verspottet« zu werden. Über ihre eigene Pionierrolle als Volkstheaterdirektorin machte sie sich keine Gedanken, zumal sie »vom ersten Tag an gezwungen war, zu handeln«. Erste Schritte zu setzen, Ziele unerschrocken in Angriff zu nehmen, lebt Emmy Werner zeit ihres Lebens vor. Kein Wunder also, dass jene drei Buchstaben das wichtigste Verb in ihrem Leben sind: TUN.
Ich kann beim besten Willen niemanden nennen, den ich im klassischen Sinne als Vorbild bezeichnen würde. Aber es gibt eine ganze Liste an Menschen, die ich toll finde, die mich inspiriert haben, wo ich mir denke: Hier kann ich mir ein Stück abschauen. Vor allem aber war bei mir immer der Wunsch da, selber etwas zu machen und zu initiieren. So sehr ich gewisse Menschen bewundert habe, war gleichzeitig oft auch klar: So wie sie will ich es nicht machen. Ich will es anders machen, auf meine Art.
Natürlich wollte ich auch selber gerne ein Vorbild werden. Es war ein großer Anspruch an mich selbst, alles richtig zu machen, was man aber letztlich ja nie kann. Ein Vorbild muss auch nicht alles richtig machen, muss nicht nur positiv sein. Deshalb heißt es ja VOR-Bild – ein Bild stellt sich mir vor, und an diesem Bild kann ich herumbasteln und mir mein eigenes vorstellen, das ich dann irgendwann vielleicht mit Leben füllen kann. Nicht umsonst bin ich so oft nur eingesprungen bei der Regie – es war schon etwas da, das uns aber nicht gefallen hat, und jetzt konnte man am Vorhandenen wie an einem Puzzle weiterarbeiten. Und so war es auch mit meinen VOR-Bildern: Du siehst jemanden, an dem du dich zunächst einmal orientieren kannst.
PRÄGENDER SCHLÜSSEL FÜRS LEBENDer prägende Schlüssel für mein gesamtes Leben war mein künstlerisch sehr aufgeschlossenes Elternhaus und die Tatsache, dass ich – 13 Jahre nach der Geburt meines Bruders – ein sehr geliebtes und erwünschtes Mädchen war. »Versuche einmal, das so zu machen, wie du es empfindest«, war ein Satz meines Vaters, den ich als Kind oft gehört habe. Obwohl er selbst aufgrund seiner Biografie und Kindheit gar nicht so mutig war, wollte er mir immer vermitteln, dass es gut ist, auf die innere Stimme zu hören.
Meine Eltern ermutigten mich auch durchaus zu Widerspruch, dass ich mir nichts gefallen lassen, mich wehren sollte, wo es notwendig und gerechtfertigt war. Später konnte ich dann beurteilen, wie großartig sie in moralischer Hinsicht waren. Da hat man dann auch die ganz großen Vorbilder, die Widerstandskämpfer, ein bisschen näher kennengelernt, aber die will ich in diesem Zusammenhang nicht als Vorbilder benützen. Ich hätte mich sicher nicht zur Heldin geeignet. Die Helden und Heldinnen adoriere ich und sinke vor ihnen auf die Knie, aber sie als Vorbilder ins Spiel zu bringen, das erscheint mir zu anmaßend. An den Heldinnen möchte ich nicht rühren, aber man kann sie bewundern im Herzen.
NEUGIER, LEIDENSCHAFT UND RISIKOBEREITSCHAFTOb ich früher unter den Schauspielerinnen und Schauspielern Idole hatte? Viele! Zum Beispiel Romy Schneider oder Oskar Werner und all jene, die neben ihrem Talent auch Originalität, Wagemut, Risikobereitschaft und vor allem Leidenschaft aufwiesen! Die Neugier und die Leidenschaft halte ich für die Triebfeder schlechthin. Ich bin heute noch entzückt von einem Schuhmacher, der mit Leidenschaft Schuhe repariert, wo man sieht, er liebt sein Gewerbe und macht das richtig gerne und gut. Menschen, die ihrer Hände Werk gut und mit Leidenschaft ausüben, sollten immer auch ein Vorbild sein.
Dasselbe gilt für Künstler wie beispielsweise Federico Fellini. Er ist durch sein Werk ein großes Vorbild. Jedes kleinste Detail musste ganz genau so sein, wie er sich das vorstellte. Da kann man sich etwas abschauen, selbst wenn man vielleicht nur ganz wenig davon umsetzen kann. Und es gilt auch für Vordenkerinnen wie Simone de Beauvoir. Ihre Bücher haben mich angeregt, verhalfen mir zu neuen Einsichten. Streitbare Frauen, die ihre Meinung in einer Zeit gesagt haben, als das noch risikoreich war, habe ich immer bewundert. Das sind Vorbilder, da kann ich aber keine Namen nennen, das sind Hunderte. »Es muss gewagt werden!« – diesen Satz hatte der großartige Theaterdirektor Leon Epp eingerahmt auf seinem Schreibtisch stehen.
THEATERLEITERIN MIT COURAGE: STELLA KADMONWas Theaterleiten betrifft, war Stella Kadmon prägend. Allerdings, und das wird sie mir verzeihen, wollte ich immer alles anders machen als sie. Mitte der 1960er-Jahre war ich bei ihr am Theater der Courage als Schauspielerin engagiert. Relativ bald begann ich mich aber mehr und mehr dafür zu interessieren, was sich hinter den Kulissen abspielte. Mein Wunsch nach Eigenständigkeit, nach eigenem Gestalten wurde in dieser Zeit geweckt. Gleichzeitig fungierte Stella Kadmon als Herausforderin meines Widerspruchsgeistes. Sie bot mir eine Reibefläche, die ich zuvor nicht hatte, ich musste als Kind ja nie wirklich aufbegehren. Es gab zu Hause zwar manchmal Streitereien über alltägliche Dinge, aber es mussten keine großen Konflikte ausgefochten werden. Diesen Widerspruchsgeist hat Stella Kadmon in beruflicher Hinsicht in mir geweckt. Und das ist ja wunderbar, wenn man sich an jemandem reibt, wenn man sagt, es ist toll, was du machst, aber ich werde es, wenn ich einmal in die Situation komme, anders machen. In dieser Zeit kaufte ich mir ein rotes Ringbüchlein und schrieb vorn drauf: »Mein Theater«. Und auf die erste Seite: »So will ich mein Theater einmal führen.« Auf die zweite Seite schrieb ich: »Was ich einmal alles anders machen werde als die Stella.« Ich bin jetzt noch gerührt, wenn ich denke, dass damals das eigene Theater ja so weit weg war wie der Nordpol …
Natürlich bewunderte ich Stella Kadmons Biografie, aber manches eben nicht, zum Beispiel, dass sie gar so versöhnungsbereit war. Sie hatte vor den Nazis nach Palästina flüchten müssen. Nach dem Krieg kehrte sie nach Wien zurück und vermochte es, mit jenen feigen, niederträchtigen Leuten, die sie zuvor nicht einmal mehr gegrüßt hatten und jetzt wieder so stinkfreundlich taten, versöhnlich umzugehen. Als junger Mensch gefällt einem das nicht, da will man auch ein bisschen Kampf und Rache. Im Nachhinein weiß ich, wie großartig das von ihr war, aber was die berufliche Ebene betrifft, die sie ja fabelhaft bewältigt hat, wollte ich es trotzdem nicht so machen wie sie und habe ihr nachher oft in Gedanken Abbitte geleistet für ihre Kompromissbereitschaft. Man wird als Theaterleiterin mit so vielen Unwegsamkeiten konfrontiert, dass man oft einfach gezwungen ist, den Kompromiss einzugehen, sonst überlebt man nicht am Theater.
PRAXISTAUGLICHES AUS DEM RINGBÜCHLEINDurchsetzungskraft war etwas, das ich mir damals, als