Idole sind weiblich. Christine Dobretsberger
für diese, um ein spezielles Sortiment führen zu können, verschiedene Handelsvertretungen von internationalen Firmen, unter anderem Campbell oder Lindt & Sprüngli. Er hatte auch den richtigen Geschäftspartner – mein Vater entwickelte mit seinen innovativen Ideen die Geschäfte, und mein Onkel sorgte für die innerbetriebliche Abwicklung. Eine hervorragende Arbeitsteilung. Für mich war es sehr beeindruckend, dass er in der Lage war, so viele unterschiedliche Dinge zu realisieren.
LEBENSTHEMA DISZIPLINMein Vater war überaus diszipliniert, und genau diese Disziplin erwartete er auch von meiner Schwester und mir. Er sagte immer, die einzige Aufgabe, die wir Kinder haben, ist in der Schule gut zu sein. Diese Haltung war sicher auch für mein späteres Arbeiten sehr prägend.
INBEGRIFF VON »SCHÖNER ZEIT«Im Alter von fünf Jahren saß ich zum ersten Mal auf einem Pony. Als Kind wäre es mein Traumberuf gewesen, Pferde zu züchten. Zu reiten, ja, sich mit Pferden zu beschäftigen, war für mich der Inbegriff von »schöner Zeit«. Das wusste mein Vater und stellte mir deshalb in Aussicht, dass ich ein Pferd bekäme, wenn ich bis zur vierten Klasse Mittelschule immer ein Vorzugszeugnis vorweisen könne. So ist es auch geschehen, wobei ich es nur unter der Bedingung behalten durfte, dass ich auch weiterhin in der Schule gute Noten erziele. Das spornte mich natürlich sehr an, zu lernen, denn mein Pferd wollte ich um keinen Preis verlieren.
ZWEITE HEIMAT TIROLObwohl mein Vater kein Hotelier war, hatte er in Seefeld in Tirol ein Hotel. Das war das erste Hotel in Österreich mit einem Hallenbad. Alles, was er gemacht hat, war immer etwas Besonderes und daher erfolgreich. Als Kind verbrachte ich viel Zeit in Tirol, mit drei Jahren lernte ich dort schwimmen, mit fünf Jahren Ski fahren. Ich bin geritten und habe Tennis gespielt. Ich war immer schon sehr sportlich. Das wurde im Elternhaus zwar nicht vorgelebt, aber gefördert.
VIZESTAATSMEISTERIN IM DRESSURREITEN 1979Springreiten kam für mich nie infrage, weil mir dafür der Mut fehlte. Mit einem Pferd dressurmäßig zu arbeiten, war für mich auch deshalb wesentlich reizvoller, weil man dabei viel differenzierter auf das Pferd eingehen muss. Dressurreiten ist ein technischer Sport. Es geht um Genauigkeit, man benötigt viel Konzentration und Konsequenz, aber ebenso großes Einfühlungsvermögen. Dazu kommt, dass ein Pferd ein Partner ist, der nur mit einem ausgeglichenen Partner arbeiten kann. Wenn etwas nicht klappt, darf man nicht emotional reagieren, sondern muss es in aller Ruhe noch einmal probieren. Dressurreiten ist ein erzieherischer Sport und hat mir sicherlich für meinen späteren beruflichen Weg geholfen.
Als ich das Hotel Sacher übernahm, hörte ich mit dem Reiten auf. Hochleistungssport geht nicht mit einem intensiven Beruf zusammen. Als ich 2007 zur Generaldirektorin der Spanischen Hofreitschule bestellt wurde, war das ein bisschen ein Gefühl wie »back to the roots«.
EINSTIEG INS BERUFSLEBENDa ich schon als Schülerin im Seefelder Hotel Inventuren gemacht hatte, wählte ich als spezielle Betriebswirtschaftslehre das Fach Tourismus. Nach meinem Studienabschluss stieg ich in das väterliche Unternehmen ein und betreute unsere verschiedenen Handelsvertretungen wie zum Beispiel Lindt & Sprüngli, Campbell und Green Giant. Während meiner Ehe mit Peter Gürtler war ich dann zusätzlich im Sacher tätig, nach der Scheidung im Jahr 1983 wieder ausschließlich im elterlichen Betrieb. Als 1988 mein Vater starb, führte ich die Handelsvertretungen der Mauthner-Gruppe weiter.
MANAGEMENT DER SACHERBETRIEBE1990 starb mein geschiedener Mann, und als das Testament eröffnet wurde, erfuhr ich, dass ich die Geschäftsführung vom Sacher übernehmen sollte, da meine beiden Kinder, denen das Hotel vererbt wurde, zum damaligen Zeitpunkt noch minderjährig waren. Zunächst versuchte ich, beide Tätigkeiten zu verbinden. Der Plan war, in der Früh in mein Büro am Parkring zu fahren und am Nachmittag einige Stunden im Sacher zu sein und mir berichten zu lassen, zumal es im Hotel ja ein Management gab. Ich musste allerdings bald feststellen, dass mir alle wichtigen Informationen vorenthalten wurden. Es gab auch kein ausgefeiltes Rechnungswesen, sodass ich eigentlich nicht wusste, wo ich ansetzen sollte. Nach eineinhalb Jahren wechselte ich das gesamte Management aus, und ab diesem Moment widmete ich mich zur Gänze dieser Tätigkeit.
SACHER: VOM TRADITIONSHOTEL ZUM KLEINEN IMPERIUMDas Sacher hatte damals 109 Zimmer und war wesentlich kleiner, als es heute ist. Damit wir vergrößern konnten, musste zunächst das angrenzende Haus zur Kärntner Straße erworben werden, wo wir bisher mit unserer Confiserie nur eingemietet waren. Dort, wo jetzt das Sacher-Eck ist, waren früher ein Reisebüro und ein Modegeschäft. Es mussten Mietverträge abgelöst und unzählige andere Schritte gesetzt werden, damit die baulichen Veränderungen in Angriff genommen werden konnten. Als ersten Schritt brachte ich den Österreichischen Hof in Salzburg, der bisher nur ein privates Investment war, in die Sacher Gesellschaft ein. In weiterer Folge gründeten wir die Kaffeehausgesellschaft und eröffneten in Innsbruck und Graz die Sacher-Cafés.
In Wien standen wir vor der Herausforderung, die Tortenproduktion auszulagern, die damals im Keller des Hotels angesiedelt war. Zu diesem Zwecke erwarben wir in Simmering in der Dreherstraße einen Grund und errichteten dort eine Produktionsstätte. Da das Unternehmen immer größer wurde, benötigten wir Mitarbeiterwohnungen. Ich ließ im 6. Bezirk in der Sandwirtgasse ein Personalhaus bauen. In dieses Gebäude wurde die Buchhaltung ausgelagert, um im Sacher Platz zu gewinnen.
2004 erfolgte der große Umbau, das Dachgeschoss wurde ausgebaut und drei Stockwerke aufgesetzt.
GRÖSSTES RISIKO AUS UNTERNEHMERISCHER SICHTOft entsteht der Eindruck, ich hätte das alles strategisch geplant, doch so war es nicht. Ich habe einen Schritt nach dem anderen geplant, weil er mir einfach als notwendig erschienen ist. Wenn ich auf meine Karriere angesprochen werde, sage ich immer, ich habe nicht Karriere gemacht, sondern das, was auf mich zugekommen ist. Ich war nie in der Situation, dass ich mich auf einer Karriereleiter nach oben arbeiten musste. Die Aufgaben kamen auf mich zu, und ich versuchte, sie bestmöglich zu meistern.
Von unternehmerischer Seite das größte Risiko war sicherlich, das Sacher für den Umbau zu schließen und das damit verbundene hohe finanzielle Investment einzugehen. Damals prophezeite einer der Aufsichtsräte, dass wir mit dieser größeren Kapazität preisliche Einbußen hinnehmen würden müssen und die gewünschte Auslastung nicht erzielen würden. Nichts von dem ist eingetroffen.
Die Rechnung ging auch deshalb auf, weil in den darauffolgenden Jahren in Wien ein Hotelboom entstand. Mit dem Fall des Eisernen Vorhangs kamen die Ostländer zu Geld, der Tourismus florierte, Wien wurde wohlhabender, und Jahr für Jahr eröffneten neue Fünf-Sterne-Hotels. Das sind Geschehnisse, die man nicht beeinflussen kann. Die Zeit war einfach reif dafür. Hätten wir damals nicht generalsaniert und aufgestockt, wären wir weit weg vom Fenster gewesen. Wir hätten es nie geschafft, in der internationalen Liga der weltweit besten Hotels mitzuspielen.
LEADING LEGENDS AWARD 2010Natürlich freute mich diese Auszeichnung, aber das Wesentliche ist eigentlich der Aufbau eines Unternehmens, der nur mit einem guten Team möglich ist. Ich hatte zwei sehr loyale Direktoren – in Wien Reiner Heilmann und in Salzburg Elfi Kammerhofer. Herrn Heilmann ernannte ich damals zum Hoteldirektor, als ich das alte Management ausgetauscht hatte. Er war erst 27 Jahre alt und ein Deutscher, was für ein Wiener Traditionshaus besonders ungewöhnlich war, aber ich habe einfach gewusst, er ist ein durch und durch guter Charakter, unheimlich fleißig und total loyal. Er ist übrigens bis heute Hoteldirektor im Sacher. Großes Glück hatte ich auch mit Herrn Mag. Bartsch, der mittlerweile leider verstorben ist. Er war ein ganz ausgezeichneter kaufmännischer Leiter, wir kannten uns seit dem Welthandel-Studium. Man muss sich auf seine Mitarbeiter verlassen können, das ist das Um und Auf in einem Unternehmen.
KINDER & KARRIEREMeine Kinder waren 15 und elf Jahre alt, als ich das Sacher übernahm. Ich war damals 40. Man hat gute Nerven in diesem Alter, arbeitet rund um die Uhr und versucht eben, alles möglichst gut zu organisieren. Ich habe auch das Glück, dass ich seit 41 Jahren dieselbe Haushälterin habe, die mir in diesem Bereich den Rücken freihält.
VIZEPRÄSIDENTIN DER WIRTSCHAFTSKAMMER ÖSTERREICHEine wichtige