Krisenkommando. Will Berthold

Krisenkommando - Will Berthold


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versuchte, ihr zuzuhören. Ich sah ihr in die Augen wie auf die Beine. Ohne Absicht, oder zumindest mit unbewußter.

      Eine Zeitlang überging sie es, aber sie war eine Frau, und eine Frau ist eine Antenne.

      »Rugba«, unterbrach sie ihren Ausflug an den Persischen Golf.

      »Und das heißt?« fragte ich.

      »Begehren«, erwiderte sie.

      »Und was heißt: Liebe?«

      »Mahabba«, antwortete Diana. »Aber das Wort wirst du da unten nicht brauchen.«

      »Wir können ja deutsch oder englisch miteinander sprechen«, schlug ich vor.

      »Übernimm dich nicht«, versetzte sie. »Du bist doch ein Junge für eine Nacht.«

      »Nicht mehr«, erwiderte ich. »Das war einmal.«

      »Wann?«

      »Bis vor zwei Tagen«, entgegnete ich lachend. »Da haben wir uns zum erstenmal gesehen – Schnellbesserung, anhaltend.«

      »Alle Achtung«, versetzte Diana. »Ein perfekter Agent ist ein pfeilschneller Anpasser, was?«

      »Ich spreche privat«, erwiderte ich.

      »Und ich bin im Dienst«, konterte sie.

      Jetzt schlug ich zu, mit einem Wort aus dem Lexikon, das Diana mir unterschlagen hatte.

      »Bûsa«, rief ich: »Kuß.«

      Ich nutzte ihre Überraschung und zog sie an mich. Zuerst leistete sie ein wenig Widerstand, dann gab sie leicht nach. Von beiden ein wenig zu wenig. Dann saß ich neben ihr, streichelte ihre Haare, spürte die Hitze an meiner Handfläche und so ein seltsames Gefühl in der Wirbelsäule.

      Ich legte meine Hand um ihre Schultern, zog sie an mich. So saßen wir beide, Wange an Wange. Meine Hände sehnten sich nach ihrer Haut und rührten sich doch nicht von der Stelle, als trügen sie bereits Grenzleins stählernen Achter bei einer Flucht, die niemals stattfinden sollte.

      Auf meinen Streifzügen hatte ich gelernt, wie man ein Mädchen nimmt und eine Frau hält. Aber bei Diana verzichtete ich freiwillig auf mein Repertoire, wenn ich in ihre Augen sah, die eine Mitte zwischen blau und grün hielten, spürte ich, daß es honoriert werden würde, und zwar sehr bald schon, und das war auch wichtig, sonst wäre es zu spät.

      Die Höllenmaschine tickte. Die Zündschnur war jetzt nur noch 37 Stunden lang, und ich stand unter dem Diktat der Zeit. Ich zog Diana noch einmal stürmisch an mich und stellte gleich hinterher fest, daß es 8.44 Uhr war und der General auf mich wartete.

      8

      Der Fall wurde immer heißer. Auf einem Flugplatz waren zwei mit libanesischen Pässen reisende Männer aufgefallen: einer am Rhein-Main-Flughafen in Frankfurt, der zweite in Hamburg-Fuhlsbüttel. Beide Studenten, und keiner in Eile, in den Hörsaal zu gelangen.

      Sie wurden beschattet, reisten auf Umwegen nach München. Es gab keinen Zweifel, daß sie zu Grenzleins Terroristentruppe gehörten.

      Das war aber auch alles, was wir wußten, denn plötzlich waren sie spurlos von der Bildfläche verschwunden. Entweder hatten ihre Verfolger einen bösen Schnitzer gemacht, oder es handelte sich bei den Verdächtigen um erstklassige, brandgefährliche Fachleute.

      Wem gilt ihr Anschlag? fragten wir uns. Dem Bundeskanzler? Den Abgeordneten, die für Israel eintreten? Dem diplomatischen Corps, soweit es westliche Länder vertrat? Oder sollte die größte Gemeinheit, scheußlicher als ein Atomkrieg, gestartet werden: die Verpestung mit biologischen Waffen?

      Der Vize blieb im Hintergrund. Ich stellte mich – wieder mit der entsprechenden Aufmachung – dem Rechtsanwalt Dr. Fingers vor. Ganz Typ des vielbeschäftigten Strafverteidigers, der keine Fragen stellt, weil er nicht das Niemandsland der Legalität verlassen möchte.

      Es ging rasch und formlos. Ich legte 200 000 Mark auf den Tisch. Anwalt und Mandant machten zwei Häufchen aus dem banderolierten Stapel und begannen zu zählen. Der bedürfnislose Revoluzzer war etwas schneller, er kam auf 120000 Mark, als der Anwalt noch bei 80000 war.

      Er packte das Geld ein, warf einen fragenden Blick auf mich. Ich war großzügig. Schon bevor mir der Mann mit meinem Gesicht die Gegenleistung erbrachte, ließ ich seinen Buchhalter ziehen. Das barg keinerlei Risiko. Wir hatten ihn unter Kontrolle, und zwar mit unseren eigenen Leuten.

      »Hier haben Sie die Telefonnummer«, sagte Grenzlein, zum erstenmal nervös. »Wenn Sie sie verwenden, haben Sie mit Zitronen gehandelt.«

      »Wir sind doch keine Anfänger«, erwiderte ich.

      Ich war im Gehen; der U-Häftling hielt mich auf. »Und meine Flucht?« fragte er.

      »Klappt«, erwiderte ich. »Halten Sie sich bereit. Morgen abend gegen 22 Uhr.«

      Ich versprach ihm, zwecks Hauptprobe, eine Stunde früher da zu sein, und ich würde die Verabredung halten, auch wenn es mich 60 Minuten Diana kosten sollte.

      Grenzlein wurde abgeführt.

      Ich übergab dem General, der seine Heinzelmännchen unverzüglich in Marsch setzen würde, die hochbezahlte Telefonnummer: eine siebenstellige Zahl. Nach den Anfangsziffern zu urteilen war der Teilnehmer im Norden der Stadt angesiedelt.

      Ich hätte gerne erste Resultate abgewartet.

      »Das können wir auch ohne Sie erledigen, Ferry«, sagte der Vize. »Für Sie habe ich einen Spezialauftrag, Casanova.«

      »Wenn Sie meinen, Sir«, antwortete ich ergeben.

      »Diesmal komme ich Ihnen entgegen«, er lächelte zweifelhaft. »Machen Sie sieh auf die Sokken.«

      »Zu Sibylle Franzen?« fragte ich.

      »Erraten, Sie Ladykiller.«

      Es war lästig und unerläßlich, bei Grenzleins Sechs-Monate-Freundin die Unterschiede zwischen ihm und mir auszuloten, um dann die Hauptprüfung bei seiner Mutter abzulegen.

      »Und wie weit soll ich dieses Spiel treiben, Sir?« fragte ich.

      »Bis zum Äußersten, Sie Zimperling«, versetzte er mit sattem Ingrimm, weil er meinen Minuspunkt einmal positiv aktivieren konnte.

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