Krisenkommando. Will Berthold

Krisenkommando - Will Berthold


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brauchen hier nicht zu agitieren.«

      »100000 Mark sofort«, kam er zur Sache. »Und 100000 Mark nach Erledigung der Geschichte.«

      »Welcher Geschichte?« fragte ich.

      »Ich liefere Ihnen die Möglichkeit, eine Gruppe meiner arabischen Freunde zu zerschlagen, die dabei ist, ein riesiges Ding zu drehen.«

      »Und das kennen Sie?«

      »Nicht genau«, schränkte er ein, »aber so ungefähr.«

      »Schöne Freunde haben Sie«, erwiderte ich. »Wer garantiert mir, daß Sie sich nicht die 100 000 Mark in die Tasche stecken, verduften und sich ins Fäustchen lachen?«

      »Sie lassen mich hier laufen, und beschatten mich dabei. Ich nähere mich auf Umwegen den Unterkünften der Attentäter.«

      »Und wenn die merken, daß wir Ihnen gefolgt sind?«

      »Dann sind Ihre Leute Pfuscher«, stellte er nicht unlogisch fest.

      »Und Sie ein toter Mann«, entgegnete ich beiläufig. »Warum verpfeifen Sie eigentlich Ihre Gesinnungsgenossen?« fragte ich ohne Betonung.

      »Erstens einmal habe ich sie noch nicht verpfiffen«, erwiderte Grenzlein, »und zweitens haben Sie mich geschnappt, und da sieht die Welt ja nun etwas anders aus als draußen. Sie dürften schon gemerkt haben, daß ich weiß; wo Gott wohnt.«

      Ich nickte.

      »Wenn wir schon dabei sind, so gemütlich miteinander zu plauschen«, fuhr er fort, »dann schenke ich Ihnen eine Information. Vorleistung«, spottete er: »Das sind nicht meine Gesinnungsgenossen. Gewiß, sie verstehen zu töten und zu sterben, aber für meinen Geschmack ist da viel zu viel Orient dabei. Verstehen Sie?«

      »Nicht ganz.«

      »Zu viel Kismet und zu viel Koran«, erklärte er. »Wenn Sie mich fragen: Bei denen fehlt es am gesellschaftlichen Bewußtsein noch ganz gewaltig.«

      »Und wird es vermutlich auch immer fehlen«, ging ich auf seinen Ton ein, »denn Allah il Allah ist ja nicht ihr Parteigenosse.« Ich betrachtete Grenzlein, als überlegte ich mir meinen Trick. »Ich nehme Ihnen jetzt einmal ab, daß Sie ein Polittäter sind«, sagte ich, »dann verstehe ich nur nicht, warum verlangen Sie Geld?«

      »Weil wir in keiner klassenlosen Gesellschaft leben«, höhnte er. »Man muß den Kapitalismus, beziehungsweise den Liebediener eines solchen da schlagen, wo es ihn am härtesten trifft. An der Kasse.«

      »200000 oder 400000 Piepen werden das System nicht ärmer machen –«

      «– aber mich reicher«, entgegnete er verächtlich.

      »Ich bin nicht uninteressiert an Ihnen«, startete ich meinen Nervenkrieg. »Aber ich muß natürlich mit meinen Vorgesetzten sprechen. Überlegen Sie sich inzwischen, wie Sie unser Risiko verkleinern können.«

      »Vorleistung kommt nicht in Frage«, erwiderte er schnell.

      »Dann sehe ich schwarz für unseren Deal«, konterte ich. »Melden Sie sich, wenn Sie sich anders besonnen haben.« Ich griff nach meiner Aktentasche, sah, wie sich seine Augen an ihr festsaugten, und war in diesem Moment ziemlich sicher, daß ihm seine Geldgier ein Bein stellen würde.

      Er schien anders zu sein wie seine Gesinnungsgenossen, die sich in ihren Stammheimer Zellen erschossen oder erhängt hatten. Trotzdem ließ ich, um jedes Risiko auszuschalten, seine Zelle von Spezialisten noch einmal gründlich durchsuchen. Bei Tätern wie Grenzlein stand die Intelligenz dem Haß Schmiere, und so mußte man bei ihm mit allem rechnen, denn mit dem gleichen Zynismus, mit dem sie mordeten, töteten sie sich gegebenenfalls auch selbst.

      6

      Eigentlich brachte mich die mir amtlich befohlene zweisame Häuslichkeit in eine recht eigenwillige Situation: Agent in Filzpantoffeln. Scheinbar uns selbst überlassen, Wand an Wand mit Diana, die frei, frisch, klug und kühl blieb. Wir lebten in einer seltenen Intimität ohne Hautnähe. Auch wenn ich mich beim Sprachunterricht besonders anstrengte, würde sie es mir nicht leicht machen, ihr Primus zu werden.

      »Sprache und Religion geben den arabischen Ländern eine recht problematische Einheit«, sagte Diana. »Arabisch ist die Muttersprache, aber die Dialekte weichen extrem voneinander ab. Mit einiger Mühe können sich ein Libyer und ein Jemenit unterhalten. Es ist dann so, als würde ein Niederbayer mit einem Ostfriesen sprechen.«

      »Welches Arabisch lerne ich?« fragte ich.

      »Mittelhoch-Ägyptisch«, antwortete sie mit ihrer hellen Stimme.

      Dianas Eröffnungen waren so interessant, daß ich ihr mit der Zeit öfter zuhörte, als ich sie anstarrte. Sie hatte den orientalischen Bazillus in sich, eine Haßliebe zum Land ihrer Jugend, und was sie verspottete, bewunderte sie zugleich. Märchen aus Tausend-und-einer-Nacht wurden zu einer durchglühten Wirklichkeit, doch sowie es um das flüssige Gold, das Erdöl, ging, mündete die Romantik in eine Räuberballade.

      »Viele Europäer und fast alle Amerikaner neigen dazu, die Orientalen nach westlichen Maßstäben zu beurteilen«, fuhr Diana fort. »Das ist ganz falsch. Araber denken nicht mit dem Kopf, sondern mit dem Gefühl und kommen dabei oft zu ganz anderen Resultaten wie wir.«

      »Gut«, erwiderte ich. »Ich werde ab sofort versuchen, mit dem Gefühl zu denken.« Sie überhörte die Anzüglichkeit, und ich setzte hinzu: »Was aber das Ölgeschäft betrifft, habe ich den Eindruck, daß Ihre Freunde zur Zeit mehr amerikanisch denken als arabisch.«

      »Das haben sie uns abgeguckt«, sagte meine Mentorin. »Sie haben das Monopol. Und im Nahost gibt es leider keine Kartellbehörde, die es kontrolliert.«

      »Vielleicht verlangen sie morgen auch noch, daß sich der Staatspräsident mit dem nackten Hintern auf den Kirchturm setzt und sich fünfmal in Richtung Mekka verbeugt«, versetzte ich. »Aber für den Rest des Abends wollen wir das Erdöl Petroleum sein lassen.«

      Mochte die Krise die Welt beuteln, wir hatten im Fuchsbau ein warmes Plätzchen. Die Küche schickte uns ein superbes Menü. Ich entkorkte eine Flasche Burgunder, schön chambriert.

      »Ist es Ihnen recht, Diana?«

      »Beim Barte des Propheten«, antwortete sie. »Trinken Sie auf Vorrat. In Libyen bekommen Sie keinen Tropfen Alkohol. In Beirut Soviel Sie wollen. Im Iran werden sie öffentlich ausgepeitscht, wenn Sie sich mit einer Alkoholfahne erwischen lassen.«

      »Ich bin für Beirut«, erwiderte ich. Für was ich sonst noch war, wagte ich Diana nicht zu sagen. Nicht an diesem Abend.

      Auch der zweite kam, nach anstrengendem Sprachunterricht, nur sehr langsam in Fahrt. Vielleicht fand ich deswegen so schwer Zugang zu meinem Repertoire, weil im Fuchsbau gewissermaßen unsere Türen offenstanden.

      Die Intimität wurde zum Bumerang. In freier Wildbahn wäre alles seinen Lauf gegangen: Zuerst ein Cocktail, dann ein pikantes, französisches Restaurant, oder ein kleines italienisches. Ein feuriger Wein. Das restliche Feuer würde ich dann schon selbst beisteuern.

      »Sie sehen recht unzufrieden aus«, sagte Diana.

      »Bin ich auch«, erwiderte ich. »Ich stagniere.«

      »Mehr Arabisch kann man für zwei Tage nicht verlangen«, tröstete sie.

      »Pfeif’ auf die Sprache«, entgegnete ich. »Sie sind eine Frau – ich bin ein Mann –«

      »– und damit wären die Weichen gestellt?« unterbrach sie mich.

      »Sind sie es denn nicht?« fragte ich gereizt.

      »Verraten Sie mir etwas, Ferry«, versetzte sie mit milder Bosheit. »Wie haben eigentlich die Damen Ihres bisherigen Umgangs ausgesehen?«

      »Nicht so hübsch wie Sie«, erwiderte ich. »Aber sie waren anschmiegsam, feminin. Verstehen Sie, wild und sanft zugleich.«

      Ich setzte mich neben sie. Diana hatte offensichtlich nichts dagegen, daß wir


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