ZOMBIE INC.. Chris Dougherty

ZOMBIE INC. - Chris Dougherty


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die Größe eines früheren Zimmermädchenwagens besaß. Dieser Cleaner trug den weißen Schutzanzug, der ihn von Kopf bis Fuß bedeckte und seine Züge und Identität komplett verschleierte, aber nicht den schwarzen Anzug oder den Hut, sondern stattdessen den gräulichen Overall der Hausmeister. Die meisten Straßencleaner kamen aus der Wartung. Der Cleaner oder die Cleanerin nickte stumm, als Aaron auf die metallene Prothese am Arm des Zombies deutete und ihm oder ihr Anweisungen gab, die Carl nicht hören konnte.

       «Lass uns von hier verschwinden», sagte Aaron. «Ich will das jetzt nicht sehen. Ich mache Pause.»

       Carl nickte und folgte Aaron durch den Ausgang, blickte aber zurück, ehe die Tür sich schließen konnte. Er blockierte sie mit seinem Fuß.

       Der Cleaner legte einen Schalter an der großen Maschine um, wodurch sie brummend zum Leben erwachte. Er holte eine Stichsäge hervor und drehte sich zum Zombie um.

       Der Zombie war Carl zugewandt, seine Augen mit weißer Linsentrübung überzogen. Aus den noch immer fest an seinem rasierten Kopf sitzenden Elektroden ragten farbenfrohe Drähte – ein gruseliger Häuptlingskopfschmuck. Als der Cleaner sich an die Aufgabe machte, den Arm des Zombies von seiner Schulter zu sägen, ruckte und zuckte der Kopf des Zombies und die Kabel wogten fröhlich hin und her. Eine der Augenklammern rutschte heraus und das Auge schloss sich zu einem unzüchtigen Zwinkern.

       Carl ließ die Tür zufallen.

      ***

      Dill stand direkt vor der Kantine. Ihre Armbrust hing vergessen in ihrer Hand. Ihr Gesicht war vor Sorge angespannt. Als Carl vom Treppenhausflur her in Sicht kam, machte sie ein paar stolpernde Schritte auf ihn zu. Sie stieß den Atem aus und zeigte ein Lächeln.

       «Was ist passiert?», rief sie gerade in dem Moment, als Carl sagte: «Wann hast du deine Armbrust geholt? Ich hab dir gesagt, du sollst hinten in der Kantine bleiben.»

       Dills Lächeln verblasste. Sie warf einen Blick auf ihre Waffe, als sei sie überrascht, sie zu sehen. «Nach … nachdem der Alarm aufgehört hat», sagte sie mit einem Achselzucken. «Es war Entwarnung – oder?»

       Carl schüttelte den Kopf und lief an ihr vorbei. Der Mann, der ihm folgte, schenkte ihr einen mitfühlenden Blick und bedeutete ihr, mitzukommen. Sie schloss sich ihm an, während Carl resolut vorwärts stapfte.

       «Sie sind Dillalia, richtig? Carls neue Praktikantin? Ich bin Aaron. Wir haben miteinander gesprochen, kurz bevor der Alarm losging. Als ihr beide bei F&E wart.» Er zog einen Stuhl an dem runden Tisch, an den Carl sich gesetzt hatte, für sie vor. Verärgerung ob dieser Geste huschte über Carls Gesicht.

       «Oh, ja, ich erinnere mich», sagte Dill. «Sie haben Matilda verflucht.»

       Obwohl Aaron und Carl wahrscheinlich ungefähr im selben Alter waren, bildete Carls raues, verwittertes Äußeres einen starken Kontrast zu Aarons sanftem, blassem, beinahe kantenlosem Gesicht. Er erinnerte eher an Dills und nachfolgende Generationen. Die meisten von denen sahen die Sonne nie für längere Zeit. Abgesehen davon, dass es gefährlich war, gab es draußen einfach nichts zu tun.

       «Stimmt, das hab ich. Diese Stimme ist …» Aaron schüttelte den Kopf und schauderte. Sein kleines Lächeln zerbröckelte. Einen abgelenkten Moment lang starrte er die Tischplatte an. Dann schüttelte er seinen Gedanken ab und lächelte Dill wieder an. «Tja, also, wie gefällt es Ihnen bisher? Kommen Sie gut zurecht? Aus welcher Abteilung kommen Sie?»

       Dill beantwortete die Frage, während ihr Blick zu Carl schoss, der sie von gegenüber finster ansah. «Ich war in der Wartung. Nachtschicht.»

       «Ah. Dann kennen Sie dieses Gebäude gut, nicht wahr?»

       «Was meinen Sie?»

       «Ach, nur dass Sie beinahe jede Abteilung zu sehen bekommen; die meisten Menschen sehen nur ihre eigenen Schreibtische! Die Wartung erfüllt die Aufgaben, die jedem anderen erlauben, seinen kleinen, speziellen Job zu erledigen. Sie sind das Rückgrat der Firma. Ihre Lebensader.» Aarons Tonfall war bewundernd.

       Dill lächelte unsicher. «Wahrscheinlich, ja.»

       «Ja», schnaubte Carl. «Die Müllleute sind eine seltene und edle Rasse. Wie wär's, wenn du uns Kaffee holst, da du ja unsere oh-so-wichtige Lebensaderbist?»

       Ein tiefes, beschämtes Rot überzog Dills Gesicht. Sie schob ihren Stuhl zurück, ohne die Männer anzusehen, und legte ihre Armbrust auf den Tisch.

       «Nimm sie mit», sagte Carl und schlug zum Nachdruck auf den Tisch. «Lerne, Dill. Versuch wenigstens, nebenbei auch mal was zu lernen.»

       Sobald sie sicher entfernt in der Schlange stand, wandte sich Aaron Carl zu. «Warum warst du so gemein zu ihr? Was ist in dich gefahren?»

       «In mich gefahren? Nichts! Sie muss eben etwas lernen, das ist alles», sagte Carl. Er verschränkte die Arme über der Brust und stieß genervt die Luft aus. «Ach, Scheiße.»

       «Was?»

       Carl warf einen Blick zurück, um zu sehen, wo in der Schlange Dill stand. Sie hatte ihre Armbrust über die Schulter gehängt und sprach mit dem jungen Mann hinter sich. Anscheinend hatte sie sich gefasst. Carl drehte sich wieder um und schüttelte den Kopf.

       «Was, Carl?», fragte Aaron. «Machst du dir Sorgen um deine Ausbilderquote?»

       «Nein, Grundgütiger. Sie werden mich nicht abservieren, weil ich die letzten beiden verloren habe.»

       «Allerdings zwei hintereinander.»

       «Na und? Dann waren es eben zwei hintereinander. Und weiter?», fragte Carl. «Es kommt nur auf die Zahlen an, nicht die Reihenfolge. Ich hab keinen hohen Verlust, wenn du alles zusammenrechnest. Besonders nicht fürs Assessment!»

       «Assessment ist hart. Sehr gefährlich», stimmte Aaron zu. «Also, warum dann? Warum reagierst du so heftig auf sie?» Ein Gedanke zeichnete sich hinter seinen Zügen ab und er beugte sich näher zu Carl und senkte die Stimme. «Glaubst du, sie ist vom Mitarbeiterassessment? Man hört so viele Gerüchte.»

       Carl zuckte mit den Schultern. «Eine Weile dachte ich das. Sie wirkte ziemlich eigenständig da draußen im Einsatz. Für ein kleines Weilchen jedenfalls, aber dann ist sie zusammengebrochen. Bekam es mit der Angst zu tun.» Er verstummte für einen Moment, dann sah er Aaron an. «Sie hat einen Zombie getötet, mit dem die Wrangler Probleme hatten.»

       «Was?», fragte Aaron. «Machst du Witze?»

       Carl schüttelte den Kopf und lachte. «Ich verarsch dich nicht, Mann. Das Ding stolperte rum und warf sich hin und her, und es hat einen von ihnen zu fassen bekommen – keine große Sache, die Wrangler hatten die Situation ganz klar im Griff –, aber dann tauchte sie auf und machte den Penner mit einem Bolzen platt!»

       «Mit einem Bolzen?» Aarons Erstaunen hatte sich zu unverblümter Ungläubigkeit gesteigert.

       «Ja, Kumpel, das sag ich doch.» Carl lachte wieder. «Beinahe hätte sie auch die Wrangler erledigt.»

       Aaron lachte mit einer Hand über dem Mund und bebenden Schultern. «Oh, Gott … Wie haben sie darauf reagiert? Haben sie versucht, sie umzubringen?»

       «Nein. Das war das Beste», sagte Carl. «Sie haben das arme Mädchen hochgehievt, haben sie mit Zuwendung überhäuft und ihr unverbrüchliche Treue geschworen. Sie sind eben einfach wie verdammt große Hunde, wenn du verstehst?» Er wischte sich über die Augen. «Das war vielleicht ein Anblick.»

       «Ich kann mir das nicht mal ansatzweise vorstellen», sagte Aaron, während er sich wieder beruhigte. «Aber dann … Warum?»

       «Warum was?», fragte Carl und schaute dorthin, wo Dill gerade ihren Arm unter das Lesegerät hielt, um die Kaffees abrechnen zu lassen. Ein Stich von Schuld überkam ihn – er wusste, dass sie wahrscheinlich nicht genug Geld hatte, um das zu bezahlen. Er würde morgen ihr Mittagessen übernehmen.

       «Warum gehst du so hart mit ihr um?», fragte Aaron. Er hatte sich komplett beruhigt und in seinem Tonfall lag echte Neugier.

       Carl zuckte mit den Schultern. «Ich denke, ich will einfach nicht, dass ihr was passiert, und als ich hörte, dass sie ganz alleine in die Garage gegangen war …


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